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Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)

Titel: Rot wie eine Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anilda Ibrahimi
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dann verliert er auch noch das Land, das seine Vorfahren ihm nach so vielen Opfern hinterlassen haben … Das erträgt keiner.
    Sein Tod kennzeichnet den beginnenden Niedergang der Familie. Aufteilung der Ländereien, schlechte Ernten, Kriege, Steuern, Ehen und die Mitgift der Töchter sind Dinge, die dir, sobald du dich auf dem Abstieg befindest, einen kräftigen Stoß versetzen, um dich schnell ganz unten ankommen zu lassen.

Vier
     
    Die Ehe zwischen Sultana und Omer wird ein Jahr nach dem Trauerfall geschlossen. Es ist eine Hochzeit ohne Trommelwirbel mit dem Beigeschmack einer Gedenkfeier. Sie reißt in beiden Familien die Wunden wieder auf, jene Wunden, die auch nach hundert Jahren nicht vernarben.
    Am Hochzeitsabend steht der Neumond am Himmel. Welch Glück, sagen einige, die Neuvermählten dürfen den neuen Mond um etwas bitten. Aber um was können zwei wie sie schon bitten? Sie können nur darauf warten, dass ein anderer Mond aufgeht, der alte ist nichts mehr wert. So wenig wert wie die langen Winternächte, die, wie sie glauben, ohne Liebe verstreichen werden. Aber sie irren sich. Ihr kurzes Eheleben erweist sich als alles andere als wertlos.
    Sie begegnen sich zufällig, bevor die Feierlichkeiten beginnen. Sie zieht sich in das eheliche Schlafzimmer zurück, um vor dem Abendessen ein paar Minuten auszuruhen: In dem Saal, den man für die Frauen hergerichtet hat, wird sie stundenlange Gespräche ertragen müssen. Sie lehnt sich an das sorgfältig gemachte Bett mit all den bestickten Kissen und umhäkelten Decken, und hebt den roten Schleier, der ihr am Kopf drückt.
    Aus demselben Grund flieht er aus dem Garten, wo unter der Weinlaube das Bankett für die Männer aufgebaut ist. Er weiß nicht, wo er hinsoll, alle Zimmer im Haus sind belegt. Gäste, die seit Tagen hier wohnen, Frauen aus dem Dorf, die seit Wochen die Speisen zubereiten. Ihm fällt das eheliche Schlafzimmer ein. Nur ein paar Minuten, dann wird er in die lange, traurige Nacht seiner Hochzeitsfeier zurückkehren. Eine Nacht, die sich endlos hinziehen wird, zwischen Männern, die nach ein paar Gläsern Raki ihre Witze über die Pflichten des Frischvermählten herunterleiern.
    Er öffnet leise die Tür. Sie rührt sich zunächst nicht, sie glaubt, dass irgendeine Frau aus der Verwandtschaft gekommen ist, um zu fragen, wie es ihr geht. Er sieht sie, zusammengekauert, die Arme verschränkt, die Knie vor der Brust. Er spürt eine unglaubliche Zärtlichkeit, er verspürt Liebe. Er spürt das Wasser des Flusses Kaltra, das sich mit dem einsetzenden Regen in das ausgetrocknete Flussbett ergießt. Manchmal erwacht die Liebe genau so: ein Bild, das dich anrührt. Omers Liebe erwacht am Ende eines Tages, an dem man traurig seine Hochzeit feiert.
    Am folgenden Morgen herrscht immer noch Gedränge im Haus. Die Hochzeit war anders als alle anderen, aber der Ablauf der Dinge ist derselbe. Das Einzige, was fehlt, ist die Freude.
    Sultana kommt zeitig am Morgen in die Küche hinunter, in einem grünen Kleid, das zu ihren Augen passt. Dazu ein Paar lange goldene Ohrringe mit roten Steinen. Der Schatten der Steine zieht sich auf ihrem Hals in die Länge und tanzt bei jeder ihrer Bewegungen. Nach ihrem Tod erinnert man sich an diesen Tag, alle sagen: »Wie schön sie war, es war der Nur des Todes, der sie so schön machte.«
    Sie bietet den Frauen Kaffee an und dazu ein Glas Rosensirup. Sie beginnt bei den Ältesten, sie verneigt sich zum Zeichen der Ehrerbietung, und die Frauen nehmen Tasse und Glas mit den üblichen Wünschen für die männlichen Nachkommen. Der Quilim, der den gesamten Boden des großen Saals bedeckt, erschwert ihr die Aufgabe. Hier und dort wirft er seltsame Falten. Nach all dem Durcheinander am Abend und dem Hin und Her am Morgen hatte niemand Zeit, ihn glatt zu ziehen. Sultana stolpert, sie fällt auf die Knie, und ein Glas zerspringt. Etwas, das bei keiner Hochzeit geschehen darf, ist nun geschehen. Der dicke Wollteppich hat das Glas und somit das Schicksal der Braut nicht retten können.
    Die Alten bedecken die Gesichter mit den Händen. Das Unglück dieser beiden Familien scheint nicht enden zu wollen. Zerbrochenes Glas bei einer Hochzeit: der Schrecken aller Bräute und aller heiratsfähigen Mädchen.
    »Diese Ehe wird nicht gut gehen«, wagt eine Alte mit einem einzigen Zahn, der ihr aus dem Oberkiefer ragt, zu sagen.
    »Das muss nicht sein«, erwidert eine etwas Jüngere. »Gegen jedes schlechte Omen gibt es ein Mittel.«
    Zwei Frauen

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