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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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konnte, hatte ihm Måns schon den Rücken zugekehrt.
     
    |348| In der Küche räumten Donald und Johnny auf, wischten den Fußboden und machten die Herde sauber. Im Restaurant deckten Tessie und Eva die Tische ab. Sie achteten zugleich darauf, ob die verbliebenen Gäste noch etwas bestellen wollten. Eine Runde von sechs Personen, die ein komplettes Menü mit Vorspeise, Hauptgericht und Dessert gegessen hatten, waren bei Kaffee und Cognac angelangt, und Eva ahnte schon, dass sie noch eine Weile sitzen bleiben würden. Ein jüngeres Paar, das sie bedient hatte, bezahlte und ging. Sie ließen hundert Kronen Trinkgeld da. Hundert Kronen, so schlecht kann ich nicht sein, dachte sie. Mit einem gewissen Stolz stellte sie das kleine Tablett mit dem Geld auf den Tresen. Måns bediente die Kasse und steckte den Schein in das große Glas, in dem die Trinkgelder landeten, drehte sich zu ihr um und lächelte.
    »Hast du gesehen? Die waren frisch verliebt.«
    Eva nickte. Sie hatte sich alt gefühlt, als sie die beiden beobachtete, obwohl sie von dem Paar kaum mehr als zehn Jahre trennten. Sie war ein bisschen eifersüchtig gewesen, als sie sah, wie er seine Hand auf ihre gelegt hatte, wie sie miteinander gescherzt und geschäkert hatten. Manchmal hatten sie leiser gesprochen und sich verliebt etwas zugeflüstert.
    Tessie riss Eva aus ihren Gedanken. Gemeinsam verschoben sie ein paar Tische und legten neue Tischtücher auf.
    Der Abend war gut gewesen. Ihre schlimmste Nervosität hatte sich gelegt, und wenn sie Tessie um Rat fragte, empfand sie sich nicht mehr als so lästig.
    Eva wischte Gläser ab. Sie merkte, dass Slobodan Andersson sie beobachtete. Er saß an der Bar, hatte ein Glas vor sich. Von Tessie hatte sie vom gestrigen Abend gehört, dass der Wirt betrunken gewesen war und sich in der Küche übergeben hatte und dass ihn Feo und Manuel nach Hause bringen mussten.
    In einer Hinsicht fand Eva das gut. Er hatte eine Schwäche |349| gezeigt. Vielleicht drückte sich ja in dem heftigen Besäufnis Trauer über den Tod von Armas aus? Eva schielte vorsichtig zu ihm hinüber. Er sah wirklich betrübt aus, und sie hoffte, dass er heute vernünftig genug war, rechtzeitig mit dem Trinken aufzuhören.
    Auf einem Tisch waren Zeitungen liegen geblieben. Sie faltete sie zusammen, dabei fiel ihr Blick auf eine Rubrik: »Extra« stand da als Überschrift mit Großbuchstaben. »Neuerlicher Ausbruch – mit Geiselnahme«, und darunter waren die Fotos von vier Männern abgedruckt. Bestürzt las sie den kurzen Artikel, blätterte weiter zu Seite fünf mit dem ausführlicheren Bericht. Viel war es trotzdem nicht.
    Sie blätterte zurück zu den Fotos. Die Ähnlichkeit war auffallend. Und der Nachname war derselbe. Das konnte kein Zufall sein. Sie faltete die Seiten sorgfältig zusammen, nahm sie mit, ging in die Küche, nickte Johnny zu und versenkte die Zeitung im Mülleimer. Sie zögerte, überlegte kurz, ob sie Angst hatte, dann ging sie in die Spülküche.
    Manuel schloss in dem Augenblick die Spülmaschine. Er drehte sich um, und Eva betrachtete sein Gesicht mit anderen Augen. Sie konnte in seinen Zügen weder Angst noch Zweifel ausmachen.
    »Eva«, sagte er und lachte, als hätte sie eine witzige und unerwartete Grimasse gezogen.
    »Manuel«, sagte sie und suchte nach den richtigen englischen Vokabeln, ehe sie fortfuhr. Sie wollte sich genau ausdrücken.
    »Hast du mich angelogen, warum du hier bist? Du sagtest, du wolltest arbeiten und Geld verdienen.«
    Er blieb stehen, und der Blick, mit dem er sie ansah, verstärkte ihr Misstrauen.
    »Hast du einen Verwandten, der im Gefängnis sitzt?«
    Manuels Hand suchte nach Halt, er stützte sich auf der Spüle ab, warf einen beunruhigten Blick auf die Tür zum |350| Restaurant. Dann ging er vorsichtig einige Schritte zurück und ließ sich auf einem Schemel nieder.
    »Hast du mit Slobodan Andersson geredet?«
    Eva schüttelte den Kopf.
    »Nein. Aber es stimmt also?«
    Manuel nickte.
    »Mein Bruder Patricio sitzt im Gefängnis«, flüsterte er. »Woher weißt du das?«
    Das beruhigte Eva etwas. Ganz offenkundig wusste er nichts von dem Ausbruch.
    »Warum sitzt er im Gefängnis?«
    Manuel schwieg lange, als überlegte er genau. Dann erzählte er ihr die Geschichte, wie seine Brüder verlockt worden waren, als Drogenkuriere nach Europa zu fahren, wie der eine in Deutschland starb und der andere dem schwedischen Zoll in die Falle ging.
    Evas erste Reaktion war, dass sie nichts damit zu tun haben

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