Rot wie Schnee
gemacht«, sagte er nur und drehte sich zu Dogan um. »Wenn ich auch nur ein Wort höre, dass ihr mies zu Zero seid, du und deine Brüder, dann bekommt ihr ein Problem. Verstanden?«
Dogan wandte den Blick von seinem Bruder, sah dann Sammy Nilsson an und nickte.
»Hast du Slobodan Andersson persönlich getroffen?«, fragte er Zero.
Den schien jetzt alle Kraft verlassen zu haben, er saß nur da und ließ den Kopf hängen.
Sammy Nilsson wandte sich an Barbro Liljendahl.
»Kannst du uns eine Limo besorgen?«
Sie nickte und verließ den Raum.
»Okay, Zero, wir interessieren uns für Slobodan Andersson.«
»Ich weiß nicht«, sagte Zero leise. »Ich hab ihn nie getroffen. Aber trotzdem ist das alles sein Ding.«
»Wer hat von Slobodan Andersson gesprochen?«
|340| Zero schüttelte den Kopf.
»Aber woher kennst du seinen Namen?«
»Hab ich gehört.«
»Was hast du gehört?«
»Typ … Gerede.«
»Verdammt, Zero!«, rief sein Bruder.
»Ich weiß es nicht«, wiederholte Zero, »aber dieser Typ …«
Barbro Liljendahl kam zurück und brachte ein paar Dosen Fanta mit. Sammy Nilsson öffnete zwei und gab Zero und Dogan je eine.
»Wer hat geredet?«, griff Sammy Nilsson die Befragung wieder auf. »War das der, den du bei der Schule mit dem Messer verletzt hast?«
Zero schüttelte den Kopf.
»Wenn wir dir glauben sollen, musst du uns sagen, wer es war.«
Zero nickte.
»Hast du Schiss?«
»Ich will nicht in den Knast!«
»Wir können das wohl so hinbekommen, dass niemand erfährt, von wem wir den Tipp haben«, sagte Sammy Nilsson und warf Barbro Liljendahl einen Blick zu. »Aber um die Messergeschichte kommst du nicht herum. Du bist minderjährig, du bist nicht alt genug«, erklärte er, »und kommst nicht ins Gefängnis. Das verspreche ich.«
»Das war Konrad«, sagte Zero plötzlich.
»Konrad Rosenberg?«
»Ja«, murmelte Zero.
»Wo hast du ihn getroffen?«
»In der Stadt.«
»Warum hat Konrad mit dir über Slobodan Andersson geredet?«
Zero sah Sammy Nilsson verständnislos an.
|341| »Dass Andersson der Boss ist«, verdeutlichte der Polizist.
»Der wollte bestimmt angeben«, sagte Zero. »Dass er Leute mit Geld kennt.«
Trotz aller Versuche Sammy Nilssons, mehr Informationen aus Zero herauszubekommen, konnte oder wollte der Junge nicht konkreter werden. Nach einer Weile wechselte Barbro Liljendahl die Taktik.
»Ich möchte dich was fragen«, sagte sie. »Warum hast du angefangen, Kokain zu verkaufen?«
»Ich will meinen Vater befreien.«
»Idiot«, fuhr Dogan wütend dazwischen, aber Sammy Nilsson konnte in seinen Augen noch etwas anderes als Wut entdecken: Trauer und Verzweiflung.
»Er ist im Gefängnis?«
Zero nickte.
»Dogan, was machst du? Hast du einen Job?«
»Ich mach eine Ausbildung, ich will Busfahrer werden«, sagte er.
»Wie gut«, sagte Sammy Nilsson.
»Unser Vater ist Busfahrer«, sagte Zero.
Kurz nach zweiundzwanzig Uhr beendeten sie das Verhör. Ehe die Brüder das Präsidium verlassen durften, nahm Sammy Nilsson den älteren Bruder beiseite.
»Dogan, denk dran, was ich gesagt habe. Zero ist ein empfindsamer Junge, der seinen Vater liebt und dich bestimmt auch. Sei jetzt für ihn ein Bruder. Hilf ihm! Euer Vater ist weg. Du musst jetzt die Verantwortung übernehmen. Sag heute Abend nichts zu ihm. Schimpf nicht, koch euch einen Tee oder was ihr immer so trinkt, aber mach nichts weiter. Trinkt zusammen Tee, wenn ihr nach Hause kommt. Nur du und er.«
Dogan sagte nichts, nickte aber. Die dunklen Augen glühten.
|342| »Meine Mutter kocht den Tee«, sagte er nach einer Weile tiefen Schweigens.
Sammy Nilsson lachte.
»Du kriegst das schon hin«, sagte er und reichte ihm die Hand.
»Danke für die Fanta«, sagte Dogan, ergriff aber nicht die ausgestreckte Hand des Polizisten.
»Du«, sagte Sammy Nilsson, »noch eins. Was bedeutet ›kar‹? Was du zu deinem Bruder gesagt hast.«
»Esel«, antwortete der Kurde, und zum ersten Mal lächelte er.
54
E s war früh am Abend, es hatte zu dämmern begonnen. Tausende schwarzer Vögel kreisten um die Dächer von Uppsala. Die Straßen leerten sich.
Vor dem »Dakar« herrschte immer noch buntes Treiben. Seit mehreren Stunden stand Patricio Alavez hinter einem Baum. Als er tagsüber das Restaurant beobachtete, hatte er keinen einzigen Menschen kommen oder gehen sehen. Da hatte er sich ein Herz gefasst und war zur Eingangstür geschlendert. Das Lokal öffnete erst um fünf Uhr, las er. Ihm wurde klar, dass ein
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