Rot wie Schnee
aufgenommen? Ich bin diese aufgeblasenen Barhocker leid, die sich viel zu wichtig nehmen und denken, Wunder wie bedeutend sie sind. Ich brauche hier eine erfahrene Kontaktperson. Jemand, der mich in der Stadt einführen kann.«
Lorenzo Wader hatte mit keinem Wort sein eigentliches Ziel berührt, warum er sich in Uppsala etablieren wollte. Einer seiner Laufburschen hatte González vor einigen Wochen kontaktiert. Der hatte den Kellner gebeten, Armas ein Päckchen zu überbringen. Der »Unkostenbeitrag« für die Mühe betrug zweitausend Kronen, genug, um klar zu signalisieren, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Sendung handelte.
Als er akzeptiert hatte, nahm Lorenzo persönlich Kontakt zu dem Kellner auf. Die Transaktion wurde durchgeführt und das Geld übergeben.
Der nächste Schritt war schon geplant, und dabei hatte González keinen Auftrag zu erfüllen. Lorenzo beschloss trotzdem, |87| ihn bei guter Laune zu halten. Er konnte in der Zukunft nützlich sein.
»Olaf«, sagte Lorenzo. »Zum Teil ist es meine Schuld, dass du arbeitslos bist. Das tut mir leid, und natürlich werde ich dich schadlos halten. Es wird sich ein Job finden.«
Olaf González konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken.
»Du kannst mich Gonzo nennen«, sagte er.
13
Z wei Tage im »Dakar«, und Eva war fix und fertig. Arme und Beine schmerzten. Aber vor allem war sie von dieser enormen Anspannung, ja alles richtig zu machen, total erschöpft. Sie musste die Wünsche der Gäste und Tessies Befehle erfassen, denn das war es, was Tessie tat. Befehlen. Ohne Pardon, ohne ein freundliches Wort, nur dann und wann ein schiefes Lächeln, das Eva als kritisch-nachsichtig empfand. Außerdem fiel es Eva in dem Dauerstress schwer, Tessies schnelle Kommandos in ihrem gebrochenen Schwedisch zu verstehen.
Aber Eva fand, dass sie leidlich gut mit allem fertig wurde. Feo ermunterte sie die ganze Zeit. Sein mageres Gesicht strahlte freundlich über der Spüle, wohin die Köche die Teller weiterreichten.
»Ganz ruhig«, ermahnte er sie, »bleib ganz ruhig. Das klappt prima.«
Eva lächelte ihm zu, und wenn er hinter Tessies Rücken Grimassen schnitt, musste sie lachen.
»Amerika ist groß, aber die Liebe ist größer«, flüsterte er.
Gleich am ersten Tag kommentierte er ihre Haare.
»Dein Haar ist wie Seide, wunderschön.«
|88| Sogar Donald musste lachen. Hinter Feos Rücken warf er Eva einen Blick zu und schüttelte den Kopf.
Aber es stimmte, Slobodans Friseur hatte ein Wunder vollbracht. Als sie danach zu Hause ankam, starrten Patrik und Hugo sie verblüfft an.
»Was hast du gemacht?«, fragte Patrik.
»Das ist aber schön!«, rief Hugo. »Du siehst aus wie eine aus dem Fernsehen!«
Als Helen vorbeischaute, blieb sie in der Tür stehen.
»Ich muss schon sagen. So elegant und vornehm, hat man da noch Töne. Jetzt fehlen nur noch die Kaninchenohren.«
Kein Wort davon, dass sie die Frisur schön fand. Nur Grimassen und Kopfschütteln.
Eva stand an diesem Abend lange vorm Spiegel und versuchte sich an ihr verändertes Aussehen zu gewöhnen. Helens Haltung hatte sie verunsichert. Aber dann beschloss Eva, ihre neue Optik zu mögen und ihren Kontakt mit Helen in Zukunft zu rationieren. »Kaninchenohren!«
Eva hatte schon um halb neun, als der schlimmste Andrang vorüber war, nach Hause gehen dürfen. Hugo saß vor dem Fernseher. Sie setzte sich einen Moment, streckte die Beine aus, strich dem Sohn über den Kopf und erzählte, was sie den Tag über gemacht hatte. Aber der Gedanke an die Wäsche, um die sie sich eigentlich kümmern müsste, ließ sie nicht zur Ruhe kommen.
»Wo ist Patrik?«, fragte sie und stand auf.
»Er wollte zu Zero und dann in die alte Post.«
»Die alte Post« war ein ehemaliges Postamt, das die Kirchengemeinde in ein Jugendlokal umgewandelt hatte. Dort gab es Kaffeespezialitäten und Billard, dann und wann Vorträge. Nach einer zähen Anfangsphase hatte es sich zu einem beliebten Treffpunkt für die Jugendlichen aus Bergsbrunna und Sävja entwickelt.
|89| Eva fand es gut, dass etwas für die Teenager in der Gegend gemacht wurde. Aber dass Patrik mit Zero abhing, gefiel ihr überhaupt nicht. Zeros Familie kam aus dem kurdischen Teil der Türkei. Er selbst war für sein ungezügeltes Temperament berüchtigt. Er geriet oft in Auseinandersetzungen, die in Schlägereien ausarten konnten. Ein paar Mal hatte ihn die Polizei aufgegriffen, aber mehr war nie passiert.
Zeros Vater war verschwunden. Er war
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