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Rot

Rot

Titel: Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Frau an, der er nie zuvor begegnet war, stemmte sich mit den Ellenbogen hoch und richtete den Oberkörper auf. Er lag im Krankenhaus. Immerhin erkannte er Klasu Nyman. »Was ist passiert, verdammt noch mal?«
    »Erklär du es uns. Ihr beide, Dekanin Saurivaara und du, wurdet im Tieftemperaturlabor gefunden«, antwortete Nyman.
    »Ist Saurivaara in Ordnung?«, fragte Kara und las die Antwort auf dem ernsten Gesicht der Ärztin ab.
    »Du befindest dich in Otaniemi in der vom Unternehmen Terveystalo Healthcare geführten Betriebspoliklinik, wir sind für die medizinische Betreuung des Personals der Technischen Hochschule zuständig. Ich bin Oberärztin Eeva Virkki-Haataja. Willst du ein Glas Wasser oder …«
    »Ich will wissen, was passiert ist.«
    Kriminaloberinspektor Nyman berührte die Ärztin am Ärmel, bedeutete ihr damit, dass er es übernahm, zu antworten, und setzte sich auf Karas Bettkante. »Du bist mit Saurivaara in einen der Lagerräume des Tieftemperaturlabors gegangen, die Tür fiel ins Schloss und ließ sich von innen nicht mehr öffnen, und dann ist ein 25-Liter-Behälter mit flüssigem Stickstoff umgekippt. In dem Raum gab es keine Belüftung, der flüssige Stickstoff wurde zu Gas und Saurivaara … verlor das Bewusstsein.«
    »So schnell?«, fragte Kara.
    »Mein Name ist Javier Chavarria. Ich arbeite im Tieftemperaturlabor«, erklärte der Mann mit dem Walrossbart in Englisch, er sprach mit deutlichem Akzent. »Flüssiger Stickstoff verwandelt sich blitzschnell in Gas, deshalb verringert sich in einem geschlossenen Raum die Sauerstoffmenge sofort und genügt für den Menschen nicht mehr. Atmet man Stickstoff ein, führt das innerhalb von etwa fünfzehn Sekunden zur Bewusstlosigkeit, ungefähr nach dem dritten Atemzug fällt der Sauerstoffgehalt des Blutes stark ab. Der Tod tritt nach knapp einer Minute ein. Stickstoffgas ist geruchlos, geschmacklos, unsichtbar und verursacht kein Erstickungsgefühl, es ist ein Teufelszeug. Auch in Schlachthäusern wird es eingesetzt.«
    »Du hast verdammt großes Glück gehabt«, fuhr Nyman in Englisch fort. »Denn du lagst mit dem Oberkörper in der Fensteröffnunghalb im Flur, dein Kopf hing draußen ein paar Zentimeter über dem Fußboden. Dadurch hast du den Stickstoff nicht mehr eingeatmet.«
    Kara rieb sich die Schläfen. »Warum ist die Tür ins Schloss gefallen? Und wer hat den Behälter umgeworfen? Ich jedenfalls nicht, und Saurivaara ist auch nicht dagegen gestoßen, das hätte ich gesehen.«
    »Gute Frage«, sagte Nyman. »Der Sicherheitsstandard im Tieftemperaturlabor ist vorsichtig ausgedrückt be…, na ich sag es lieber nicht. Ein Kompetenzzentrum der Finnischen Akademie mit Geräten, die Millionen kosten, und keine einzige Überwachungskamera. Der Chavarria hat mir die Räume gezeigt, du brauchst nur eine Klinke zu drücken, und schon kriegst du fast überall in dem Gebäude flüssigen Stickstoff.«
    »Das stimmt«, erwiderte Chavarria mit betretener Miene. »Aber ich verstehe nicht, was der Dewar-Behälter in dem Lagerraum sollte. Und warum sein Deckel so leicht abging.«
    »Wo ist Saurivaara«, erkundigte sich Kara.
    Oberärztin Virkki-Haataja schaute ihn mitfühlend an: »Sie ist an Asphyxie gestorben, an Sauerstoffmangel. Und auf dem Boden im flüssigen Stickstoff zu … Eis erstarrt. Der hat eine Temperatur von etwa minus zweihundert Grad Celsius.«
    * * *
    Betha Gilmartin schloss die Tür ihres Büros in Legoland. Knisternd öffneten sich die Klettverschlüsse des Stützkorsetts, das die Rettungsringe um ihren Bauch einschnürte. Die Ruhe und die Bewegung in den letzten Wochen hatten zwar ihre Kondition verbessert, aber die überflüssigen Pfunde war sie, dank Alberts Kochkünsten, nicht losgeworden.
    Die Mappe mit dem Material über Clive Grover wartete auf dem Schreibtisch, aber Betha hatte keine Lust, sie zu öffnen. Esfiel ihr sehr schwer, sich einzugestehen, dass ihr engster Kollege, ihr Vertrauter, für eine fremde Macht gearbeitet hatte, ohne dass sie es wusste. Nichts verdeutlichte mehr als die Enttarnung eines Maulwurfs, wie armselig die Geheimdienstarbeit war. Man konnte sich auf nichts und niemanden verlassen, irgendeiner schnippte mit den Fingern und auf einen Schlag wurde schwarz, was eben noch weiß gewesen war. Dabei hatte sie sich in all den Jahren eingebildet, dass es zwischen ihnen keine Geheimnisse gab.
    Es klopfte, Betha Gilmartin ging zur Tür und öffnete sie.
    »Sie hatten gebeten, sofort Bescheid zu sagen, wenn wir mehr

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