Rot
schaltete das Radio ein. Sie wartete auf Jonny Karlsson, um sich mit ihm zu versöhnen, aber der hatte, verdammt noch mal, nicht die Absicht, es ihr leicht zu machen. Jonny hatte sich geweigert, zu ihr nach Hause zu kommen oder sich mit ihr in einem Restaurant zu treffen und nur geknurrt, über Dienstliches rede man am besten in der Kanzlei. Der Junge tat ihr leid, sie hatte nicht geahnt, dass er ihre Beziehung so ernst nahm. Bislang hatte sie sich immer eingebildet, er sehe in ihr nur ein exotisches Experiment, eine hemmungslose und erfahrene ältere Frau.
Die Klingel unterbrach ihre Gedankengänge, sie hastete zur Tür.
Jonny »Paranoid« Karlsson trat ein, ohne zu grüßen, öffnete den Kleiderschrank und packte seine Sachen in einen Rucksack.
Kati Soisalo legte ihre Hand auf seinen Unterarm. »Verzeih mir. Ich habe nicht geahnt, dass du so … wütend sein würdest.«
Jonny hielt inne, aber sein Blick war auf die Wand gerichtet. Sie betraten die Kanzlei, in deren Mitte sich wie eine Insel eine Sitzgruppe befand.
»Wir müssen Ukkola wieder in den Griff bekommen. Uns droht beiden ein Strafprozess, den er eingefädelt hat, und er weiß möglicherweise, was mit Vilma geschehen ist«, sagte Kati Soisalo, und Jonny schaute sie endlich an. Er sah aus wie ein Spaniel, der seinen Kauknochen verloren hatte.
»Ich berechne für meine Arbeit in der Regel einen vierstelligen Stundenlohn«, erwiderte Paranoid in aggressivem Tonfall.
»Wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig helfen? Du übernimmst die Kunststücke am Computer und ich die Rechtsfragen. Und ich berechne für die Betreuung deines Falles keinen Pfennig. Vilmas Schicksal wird dich doch trotz alledem wenigstens ein bisschen interessieren? Wir sind schon so weit gekommen.«
Jonny verzog den Mund und nickte.
Vor Erleichterung hätte Kati Soisalo am liebsten laut geseufzt, kam aber sofort zur Sache. »Die einzige Chance besteht darin, dass wir Ukkola irgendwie in eine Falle locken. Er hat den Beutel mit dem Speed in das Toilettenbecken deiner Bude gehängt und in meinem Fall die Zeugen bestochen.«
»Ukkola weiß, dass ich seinen Computer und sein Telefon ausspioniert habe, es lohnt sich nicht, noch mal dieselben Tricks zu versuchen. Man müsste sich was überlegen, vielleicht fällt mir etwas ein …« Jonny kratzte sich am Kinn.
»Gut. Wir haben zwei neue, wichtige Informationen zu Vilmas Verschwinden. Sie wurde am 16. September 2007 nach Finnland gebracht, das heißt drei Tage nach der Entführung.«
»Nach Finnland?«, fragte Jonny erstaunt.
»Und Jukka Ukkola ist nicht Vilmas Vater«, fügte Kati Soisalo leise hinzu und senkte den Kopf vor Scham.
Jonny sprang auf. »Verdammt, hast du die ganze Zeit gelogen …«
»Ich habe das selbst erst gestern erfahren«, entgegnete Kati Soisalo mit betretener Miene. »Es war ein Seitensprung, nur eine Nacht nach einem schlimmen Streit. Ein feuchter Abend in einem Lokal und danach noch eine wilde Party. Reden wir lieber nicht davon …«
»Reden wir lieber nicht davon!«, tobte Jonny. »Verflucht noch mal, das ändert doch alles! Wer ist dann Vilmas Vater?«
Kati Soisalo schaute auf das Parkett und rieb sich die Stirn. »Ich weiß es nicht. Ich erinnere mich nicht.«
Jonny wusste nicht, was er sagen sollte.
»Aber dieser Mann könnte irgendwie mit all dem in Verbindung stehen«, fuhr Kati Soisalo fort. »Ukkola war wütend, als er mir das gesagt hat, und es kam mir so vor, als wäre es ihm versehentlich herausgerutscht. Noch vor zwei Monaten hat dieses Schwein behauptet, dass Vilma im Anschluss an die Entführung nach Italien geschafft worden ist. Ich habe ganz stark den Verdacht, dass Ukkola weiß, was wirklich mit Vilma passiert ist.«
Jonny sah nachdenklich aus. »Ich könnte wetten, dass Vilma nicht per Flugzeug nach Finnland gebracht wurde. Zudem werden die Aufzeichnungen der Überwachungskameras bei der Einreise auf dem Flughafen nur einige Wochen oder höchstens Monate gespeichert. Doch die Passagierlisten der Reedereien könnte ich vielleicht aufstöbern, und die Visa für Finnland, die in Russland erteilt wurden.« Jonny trat an Katis Computer und schaltete ihn ein.
Kati Soisalo fühlte sich sofort besser, als Jonny die Zügel in die Hand nahm. Der Mann war an Computern zu Dingen imstande, die sich ein gewöhnlicher Sterblicher nicht einmal vorstellen konnte.
»Doch zuallererst graben wir den Namen von Vilmas Vater aus. Du brauchst nur zu erzählen, in welchen Restaurants du warst, wodie Party
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