Rot
ein Land Rover, der für einen Moment abbremste und dann wieder stark beschleunigte, und das im selben Augenblick, als der Sattelzug anfing, verrückt zu spielen. Der BMW von Laamanen und Kankare befand sich in dem Moment neben dem Lastzug. Sintonen von der Aufklärung hat sich das Kennzeichen des Land Rover gemerkt, den Wagen hat gestern bei Vehon Avis in Olari ein Timur …«, die Hauptwachtmeisterin suchte den Familiennamen in ihren Unterlagen, »Schalmagambetow ausgeliehen. Russischer Staatsbürger ist dieser Timur, obwohl der Name eher an die Steppen Mittelasiens denken lässt. Wir haben ihn trotz aller Bemühungen nicht erwischt, einem Mann mit diesem Namen wurde auch kein Visum für Finnland erteilt.«
»Hat man sich die Aufzeichnungen der Überwachungskameras angesehen?«, fragte Nyman beharrlich weiter.
»Der Landrover ist zwar auf den Filmen zu sehen, aber den Fahrer kann man auf den Bildern nicht erkennen. Und im Bereich der zerstörten Brücke befand sich keine Kamera.«
»Und der Fall Kirsti Saurivaara?«, erkundigte sich Nyman angespannt.
Jetzt war ein langhaariger Kriminaltechniker an der Reihe: »Die Türen der Räume im Tieftemperaturlabor haben AbloySchlösser, die jeder einfach mit einem Knopfdruck so einstellen kann, dass sie sich verschließen. An dem umgekippten Behälter mit flüssigem Stickstoff wurden keine Fingerabdrücke gefunden, und keiner der Mitarbeiter gibt zu, dass er den Behälter gefüllt oder an den Unglücksort gebracht hat. Überwachungskameras gibt es im Tieftemperaturlabor aus irgendeinem merkwürdigen Grunde nicht.«
Nyman schüttelte den Kopf. »Mann, wir suchen ja auch kaum irgendeinen Amateur. Verdammter Mist, drei tote Kabinettsmitglieder an einem Tag …«
Ein lautes Klopfen unterbrach den aufgebrachten Inspektor in seinem Redeschwall. Die Tür ging auf und die Sekretärin steckte den Kopf herein. »Im Videoraum ist alles vorbereitet.«
Nyman verließ den Raum »Niete«, gefolgt von Saara Lukkari. Keiner von beiden sprach ein Wort, als sie die Flure entlang marschierten.
»Bei der SUPO gibt es übrigens eine Akte über Kärävä«, erklärte Saara Lukkari, als sie vor der Tür des Verhörraums stehen blieben.
Nyman zog die Brauen nach unten. »Was? Verdammich, warum sagst du das jetzt erst. Was enthält die Mappe?«
Saara Lukkari versuchte ihn mit ein paar Gesten zu besänftigen. »Nichts Wichtiges. Der Mann war in den siebziger und achtziger Jahren Mitglied von zwei rechten, antikommunistischen Organisationen, der Stiftung Suomalaisen Yhteiskunnan Tuki und der Stiftung zur Unterstützung einer freien Bildung.«
»Ville Kärävä ist drin und Anni Alanko sitzt hinter dem Spiegel«, verkündete die Sekretärin und öffnete die Tür.
Der Raum war karg eingerichtet, auf dem Fußboden lag ein dunkelgrauer Kunstfaserteppich, Jalousien verdeckten die Fenster, und an der Wand gegenüber hing ein großer Spiegel. In einer Eckestand ein verschließbarer Stahlschrank, der Tisch mit weißer Platte war den Beamten vorbehalten, die das Verhör führten. Der nach Pfeifentabak riechende Anwalt Ville Kärävä hockte auf einem blauen Stuhl aus Plastik und Metall und hatte ein Besucherschild am Kragen seines verschlissenen Sakkos und im Gesicht einen Ausdruck, als wolle er um Verzeihung bitten.
Nyman murmelte eine Art Begrüßung, warf einen Blick auf den Spiegel, hinter dem die stellvertretende Generalstaatsanwältin Alanko das Verhör verfolgte, und prüfte, ob die Videokamera eingeschaltet war. Er stellte sich und Lukkari vor, nannte Datum und Uhrzeit, sagte, Kärävä werde unter dem Verdacht des Verrats von Staatsgeheimnissen befragt und leierte die Rechte und Pflichten Käräväs herunter. »Willigen Sie in das Verhör ein, obwohl es schon spät ist, und wollen Sie beim Verhör einen Zeugen dabei haben?«, fragte Nyman schließlich, setzte sich neben Lukkari und faltete die Hände auf dem Tisch.
Kärävä saß krumm und mit eingefallenen Wangen da, eine glänzende Haarsträhne war vom Scheitel auf die Stirn gerutscht. »Ich willige in das Verhör ein und will keinen Zeugen, aber ich bestreite gleich zu Anfang ganz entschieden, jemandem irgendwelche Staatsgeheimnisse verraten zu haben.« Ville Kärävä merkte, wie seine Stimme ins Falsett umschlug, und wusste sofort, dass er nicht mal sich selbst überzeugen konnte.
»Haben Sie einen Mann namens Leo Kara am vergangenen Mittwoch, dem 5. Oktober, in ihrer Kanzlei in Sörnäinen getroffen?«, fragte Nyman.
»Ja, aber
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