Rot
und in Plastikbeutel steckte. Erleichtert atmete sie aus, als sie auf zwei von ihnen las: Hinweise, die erwiesenermaßen falsch sind .
»Zwanzig Ordner in fünf Plastiktüten«, sagte der Ermittler, als in dem Schrank schließlich gähnende Leere herrschte. Er schrieb etwas auf ein kariertes Blatt und reichte es Hakanen. »Setz deinen Friedrich Wilhelm darunter, dann wissen auch die anderen, wo sich die Unterlagen zu Profit Trading befinden.«
Laura Hakanen tat, worum er sie gebeten hatte, und glaubte schon, das rettende Ufer erreicht zu haben, da fragte Polizeirat Neulamaa: »Der Leiter der Abteilung Polizei im Ministerium weiß doch wohl Bescheid?«
»Meine Einheit ist ihm direkt unterstellt«, antwortete Hakanen.
»Du wirst dann sicher anrufen, wenn ihr etwas findet, was bei den Ermittlungen in Ukkolas Fall weiterhilft«, sagte der Ermittler der Abteilung für Wirtschaftskriminalität.
»Natürlich«, versicherte Laura Hakanen und griff hastig nach den Henkeln der Plastikbeutel. Der Ermittler bot sich an, ihr zu helfen. Die beiden zwängten sich in den Aufzug und erhielten noch Gesellschaft von einem klein gewachsenen Mann, der einen Pilotenkoffer trug und die Frau neugierig musterte.
Als Laura Hakanen auf der Tikkurilantie wieder in ihrem VW saß, schlug sie mit der Faust so heftig auf das Lenkrad, dass ihr die Hand wehtat. Sie hatte den Chef der KRP angelogen und auf eigene Faust Ermittlungsmaterial aus dem Hauptquartier der KRP geholt. Und nun müsste sie noch zwei der Ordner in der Raatimiehenkatu einem Asiaten übergeben. Sie bereute es, dass sie sich darauf eingelassen hatte, Eeva Vanhalas Bitte zu erfüllen. Aber die Kanzleichefin der Präsidentin verfügte über Beziehungen, die ihr mehr helfen könnten, in ihrer Karriere voranzukommen als zwanzig Jahre harte Arbeit bei der Polizei. Was zum Teufel sollte irgendein Asiat mit den Ordnern anstellen? Und wann würde er sie zurückgeben? Eeva Vanhala hatte am Telefon nicht viel gesagt. Die Kanzleichefin war sich vermutlich nicht einmal bewusst, welche Gefährdung ihrer Laufbahn sie in Kauf nahm, wenn sie ihr den Gefallen tat. Vanhala würde ihr Versprechen einlösen müssen und zwar mit Zinsen: Laura Hakanen beschloss, sich sofort zu bewerben, sobald eine Führungsposition im Innenministerium, bei der KRP, der SUPO oder in der Polizeiverwaltung frei wurde.
Eine Viertelstunde später parkte Laura Hakanen ihren Golf auf der Puistokatu und schob rasch ein Zeichen unter den Blendschutz, an dem die Politessen hoffentlich erkannten, dass der Wagen der Polizei gehörte. Dann holte sie aus dem Kofferraum einen Plastikbeutel des Supermarkts Prisma, vergewisserte sich, dass er die Ordner mit der Aufschrift Hinweise, die erwiesenermaßen falsch sind enthielt, und schaute auf die Uhr – es war genau um zehn. Jetzt musste sie rennen. Als das Telefon klingelte, verlangsamte sie ihr Tempo.
»Bist du am vereinbarten Ort?«, fragte eine Männerstimme in einem Englisch, dem der Akzent Gewalt antat.
»Etwa zweihundert Meter entfernt«, erwiderte Laura Hakanen und schnaufte.
»Stell die Ordner im Torweg neben Aufgang 2B ab und verlasse den Ort«, sagte der Mann und brach das Gespräch ab, bevor sie widersprechen konnte.
Adrenalin strömte in ihr Blut und ließ sie wütend werden. Sie würde Eeva Vanhalas Material garantiert nicht in irgendeinem Torweg herumliegen lassen, verdammt noch mal, das kam überhaupt nicht infrage. Und sie hatte auch keineswegs die Absicht, irgendetwas zu übergeben, wenn sie nicht sah, wer den Beutel mit den Ordnern an sich nahm.
Als sie die Raatimiehenkatu erreichte, ging sie in normalem Schritttempo weiter und betrachtete die Hauseingänge prüfend. Überwachungskameras waren nicht zu sehen, auch keine Fußgänger, nur am Straßenrand geparkte Autos, ein kleiner Park und ein Radfahrer mit Helm. Das rote Haus mit Eigentumswohnungen trug einen Namen, der übersetzt Raubufer bedeutete, was gut zur Situation passte. Die Flügel der grauen Stahltür des Torwegs standen offen. Laura Hakanen überprüfte den Innenhof, er war so lang wie der ganze Häuserblock, der Mann könnte also auf die Puistokatu oder die Pietarinkatu oder auch auf die Neitsytpolku verschwinden. Wenn sie dem Asiaten folgte, würde sie vielleichtsein Auto sehen und könnte sicherheitshalber seine Identität feststellen …
Laura Hakanen kehrte in den Torweg zurück und stellte die Plastiktüte nahe am Bürgersteig der Raatimiehenkatu ab. Urplötzlich bewegte sich hinter ihr
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