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Rot

Rot

Titel: Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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erwischt, dass sie ihm Informationen vorenthielt. Er fühlte sich so stark wie seit Tagen nicht und versuchte Ketonens neue Informationen für sich zusammenzufassen.
    »Was ist an Finnland so besonders? So wichtig, dass man das Kabinett gerade hier gebildet hat?«
    »Das frage ich mich auch«, antwortete Ketonen und schnaufte. »Zwar hatten die Sowjets die finnische Staatsführung während des Kalten Krieges so fest in der Hand wie in keinem anderen demokratischen Land. Aber es muss noch einen weiteren Grund gegeben haben, ich weiß nur nicht, welchen.«
    Kara verabschiedete sich von Ketonen, holte seinen Mantel an der Garderobe, nahm sein Telefon heraus und versuchte vergeblich, sich zu beruhigen, während er mit eiligen Schritten in den Park an der Vuorimiehentie ging. Er wählte Betha Gilmartins Nummer und hatte nicht die Nerven, sich auf eine Parkbank zu setzen.
    »Du hast die ganzen Jahre gewusst, dass man meine Mutter wegen irgendetwas verdächtigte … überwachte«, wetterte Kara los, als sich Betha meldete.
    Man hörte in der Leitung einen schweren Seufzer. »Nun bleib mal ganz ruhig, mein Junge. Weißt du, wie viele tausende Menschen jährlich auf die eine oder andere Weise in das Räderwerk des SIS geraten? Wir haben während der ganzen Zeit des Kalten Krieges alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Großbritanniens überprüft.«
    Kara war so perplex, dass er nicht gleich verstand. »War Mutter Kommunistin? Und das ist alles?«
    »Das ist keine Krankheit. Die Partei hatte auch noch Zehntausende andere Mitglieder.« Betha wechselte das Gesprächsthema. »Bist du in Finnland? Hast du etwas über deinen Vater erfahren?«
    »Nur ein paar Hinweise ohne Zusammenhang, vor allem zu seinen Bekannten. Zwei Namen wurden genannt – Lilith Bellamy und Arkadi Timtschenko.«
    Betha lachte freudlos. »Du solltest es den Profis überlassen, sich mit Timtschenko herumzuärgern. Selbst unsere Maschinerie hat Probleme, die Herkunft der Milliarden zu klären, mit denen der Mann bei seinen Geschäften hantiert.«
    Kara hatte sich schon etwas beruhigt, er setzte sich auf eine niedrige Mauer und betrachtete ein paar Knirpse, die auf dem Spielplatz herumtobten. »Hast du etwas Neues über Mundus Novus erfahren?«
    »Nichts, was ich dir erzählen könnte. Aber die Ermittlungen gehen voran.«

18
    Freitag, 7. Oktober
    Auf den glänzenden Ringen der Handschellen aus Carbonfaserstahl war zu lesen: PEERLESS HANDCUFF CO. SPRINGFIELD MA . Model 710 . Die Fesseln hatte man für gefährliche Häftlinge entwickelt, ihr patentiertes Doppelsicherheitsschloss war in ein orangefarbenes unzerstörbares Polycarbonatgehäuse versenkt.
    Eeva Vanhala weinte, während sie die Handschellen anschaute. Der eine Ring umschloss straff ihr linkes Handgelenk. Den anderen hatte der Kirgise an einer Metallstange des Herdes befestigt. Sie weinte nicht, weil sie wusste, was der Kirgise tun würde, wenn er in die Hütte zurückkehrte. Und auch nicht, weil ihr Handgelenk nach all den Versuchen, die Handschellen von der Stange loszureißen, furchtbar wehtat. Sie weinte, weil sie ganz genau wusste, was sie tun musste. Eeva Vanhala kam sich vor wie Schlachtvieh – sie lag da, an einen Eisenpfahl gefesselt, und wartete darauf, abgestochen zu werden.
    Ihre Schmerzschwelle war schon immer niedrig gewesen: Als Kind hatte sie so große Angst vor Impfungen und vor dem Zahnarzt gehabt, dass sie nächtelang wach lag und ihre Eltern und jeden anderen, der Gebete erhörte, anflehte, nicht dahin gehen zu müssen. Als Erwachsene hatte sie schließlich einen Ausweg aus dieser Kalamität gefunden und Unsummen für Zahnbehandlungen mit Betäubung bezahlt. Auch während des korrigierenden Eingriffs an den Augenlidern hatte sie in tiefem Schlaf gelegen. Und jetzt war sie gezwungen, sich selbst Schmerzen zuzufügen.
    Sie hatte schon zu lange herumgegrübelt. Es ließ sich schwer einschätzen, wie viel Zeit verging, wenn man vor Angst zitterte,aber es musste schon mehrere Stunden her sein, dass der Kirgise die Hütte verlassen hatte. Er konnte jeden Augenblick zurückkommen, und wenn er das Smirnow-Material an sich gebracht hatte, wäre sie für ihn nicht mehr von Nutzen, sondern nur noch eine Zeugin, die zu viel wusste.
    Bei ihrem Urlaub letzten Winter in Saariselkä in der Blockhausvilla der Metso AG hatte sie gesehen, was passiert, wenn man sich den Daumen auskugelt. Der Chefanalytiker eines Bankhauses wollte bei einer Abfahrt mit seinen Telemark-Künsten protzen und war

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