Rot
Straftaten der Vermittlungsfirma gewusst hat. Das dürfte allerdings nicht schwierig sein, wenn Nadine für die Arbeit von elf Menschen pro Monat nur ein paar Tausender zahlt. Ich würde nicht empfehlen …«
Das Telefonklingeln unterbrach sie, der Anrufer war Paranoid. Sie meldete sich und schaltete den Lautsprecher ein.
»Bist du zu Hause?«, fragte Paranoid.
»Ich sitze auf dem Sofa und esse.«
»Mit wem?«
»Hast du etwas herausgefunden?«
»Warum hast du den Lautsprecher an?«
Kati Soisalo antwortete nicht, nur mit Mühe konnte sie sich eine giftige Bemerkung verkneifen.
»Ich habe vergessen zu erzählen, dass Ukkola am Abend in seinem Audi ein interessantes Telefonat geführt hat. Irgendeine Frau hat ihn aus dem Golfklub Ruukkigolf in Raasepori angerufen …« In der Leitung herrschte für einen Augenblick Stille, als Paranoid den Zettel auf seinem Schreibtisch suchte. »Die Frau sagte: Ich rufe wegen des Materials an, das ich in der KRP versteckt hatte.Hast du in diesem Zusammenhang etwas gehört? Weißt du, wer es jetzt hat? Und dann fügte sie noch hinzu: Wir stehen auf derselben Seite, man will uns beide loswerden. Oder hast du dir etwa keine Gedanken gemacht, warum du jetzt das einzige Verbindungsglied zwischen dem Kabinett und der Beschaffung von Finanzmitteln bist? Du, ein Mann, dessen Prozess bevorsteht? Ukkola antwortete nur: Da hast du den Falschen angerufen. Dann brach er das Gespräch ab.«
Kati Soisalo und Kara schauten sich verblüfft an.
»Was soll ich daraus schlussfolgern?«, fragte Kati Soisalo.
»Ich dachte nur, du willst es wissen. Und vielleicht interessiert dich auch, dass Ukkola mehrmals von zwei Firmen gesprochen hat – Workhelp und Suomen Kivijaloste. Was die Namen angeht, die Kara genannt hat: Arkadi Timtschenko ist auf die eine oder andere Weise an so vielen mit Finnland verknüpften Firmen beteiligt, dass dieses Netz nicht so schnell zu durchschauen ist. Zu Lilith Bellamy habe ich nur einige Hinweise gefunden, in denen sie erwähnt wird, und auch das liegt Jahre zurück und betrifft ihre Arbeit, es sind ganz normale wissenschaftliche Artikel und Ähnliches.«
»Danke Jonny. Versuch auch du heute Nacht etwas zu schlafen«, sagte Kati Soisalo und beendete das Gespräch.
»Ich bemühe mich morgen bei der Generalstaatsanwaltschaft zu klären, was der Anruf bei Ukkola bedeuten soll«, erklärte Kara.
Kati Soisalo rieb sich die Schläfen. »Ich habe mir nach den Ereignissen im August geschworen, mich nie mehr der Hoffnung hinzugeben, Vilma könnte gefunden werden. Jedenfalls nicht, bevor ich sie im Arm halte. Aber jetzt sind wir tatsächlich nahe an der Wahrheit dran. Jose Sinko hat Vilma aus Slowenien geholt. Und seine Lebensgefährtin weiß es.«
Kara rieb sein Kinn. »Vielleicht ist Virpi Vasama dabei gewesen. Du hast doch gesagt, dass es zwei Personen waren.«
»Mensch, das hast du genial erkannt!«, rief Kati Soisalo begeistert.»Na klar war die zweite Person eine Frau. Welcher Mann will sich schon tagelang um ein dreijähriges und außerdem noch zu Tode erschrockenes Kind kümmern.«
»Auch das dürfte wieder eine schlaflose Nacht werden«, sagte Kara.
* * *
Manas stieg einen Kilometer von Eeva Vanhalas Hütte entfernt aus seinem Mietwagen. Wieder hatte er eine gute Gelegenheit verpasst, die Gefühle eines sterbenden Menschen zu studieren. Er war gezwungen gewesen, auch Vanhala rasch zu erledigen. Ein guter Pathologe könnte natürlich feststellen, dass es nicht der Sturz auf der Treppe gewesen war, der zum Tod der Frau geführt hatte, aber bis dahin wäre er schon weit weg aus diesem kalten und dunklen Land. Gott sei Dank. Dann hätte er endlich ein wenig Zeit für sich und die Möglichkeit, sich selbst zu erforschen.
Manas, der einen Schutzanzug trug, vergewisserte sich, dass nichts im Wagen geblieben war, nahm seine Fahrerhandschuhe vom Vordersitz und ging den stockdunklen Kiesweg entlang. Jetzt hätte er vor Erleichterung geseufzt, wenn er fähig wäre, Erleichterung zu empfinden. Endlich war sein Auftrag in Helsinki fast unter Dach und Fach: Das Smirnow-Material befand sich beim Vorsitzenden des Kabinetts und alle Gefahren waren eliminiert. Allerdings blieb Leo Karas Schicksal noch offen. Den Mann würde er nur zu gern umbringen.
In seinem zügigen Marschtempo erreichte Manas schnell den Schuppen der Hütte und warf seine Handschuhe neben die Tür. Es roch stark nach Kumys , das Gemisch aus Kefir und Wodka stand schon über einen Tag in dem Blechbehälter.
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