Rote Gruetze mit Schuss

hier so was, Thies?« Sie sieht ihn auffordernd an.
    »Ja ... das is nu blöd, die Maschine hat letzte Woche ihren Geist aufgegeben. Hat nur einmal puff gemacht, und das war’s dann.«
    »Kein Kaffee?« Nicole spielt die Enttäuschte. »Oh, schade!«
    Thies zeigt Ansätze seines Kuhblicks.
    »He, das war ’n Witz«, lacht Nicole.
    »Is schon klar.« Trotzdem fragt er hastig: »Soll ich uns ’n Kaffee aus ›De Hidde Kist‹ holen.«
    »Wär nich schlecht, würdst das machen?« Nicole setzt ihren Unschuldsblick auf. »Ich hatte heute Morgen noch gar kein Frühstück.«
    »Was soll ich mitbringen? Schaschlik, Pommes und hinterher Rote Grütze.«
    »Da gibt es doch auch Croque?«
    »Hat Antje jetzt ganz neu«, bestätigt Thies voller Stolz.
    »Einfach einen Croque und ’n Coffee to go.«
    »Coffee ...«
    »... to go.« Die Kommissarin bleibt todernst.
    »Is schon klar«, sagt Thies schnell und ist bereits fast aus der Tür.
    »Wart doch erst mal den Regen ab. Hört doch vielleicht gleich auf.«
    Aber Thies Detlefsen ist schon draußen und läuft mit leicht eingezogenem Kopf die paar Meter zu seinem Auto.
    »Na, Thies, alle wieder weg?«, fragt Klaas, als der Fredenbüller Polizist durch den Regen in den Imbiss gestürmt kommt.
    »Täter schon gefasst?«, höhnt Paulsen und lässt den Drehverschluss eines Jägermeisterfläschchens knacken.
    In der Imbissbude steht der Fritteusenqualm. Die neuen Energiesparröhren werfen ihr kaltes Licht durch die Rauchschwaden. Dieses neue Licht ist tatsächlich ungemütlich, denkt Thies. Klaas und Piet Paulsen haben an Stehtisch zwei ein Sonntagnachmittagsbierchen in Arbeit. Nur Bounty fehlt heute. Schäfermischling Susi döst gelangweilt unter Stehtisch eins, während Frauchen schwer in Aktion ist. Wirtin Antje räumt mit hochrotem Kopf schmutziges Geschirr zusammen, entsorgt Essensreste und spült Gläser.
    »Thies, so was hab ich hier noch nich erlebt. Als das mit dem Gewitter losging, sind die hier auf einmal alle reingestürmt, die meisten noch in ihre weißen Anzüge.«
    »Wir ham hier mit acht Leuten am Tisch gestanden«, sagt Klaas.
    »Wollten alle gleichzeitig was zu essen. Pommes, Schaschlik, Rote Grütze, alles weg. Nachdem der Professor ’ne Schale Rote Grütze hatte, wollten die Kieler auch alle.« Vorwurfsvoll stellt Antje einen Schwung Teller in die Spülmaschine.
    »Und dann waren auch noch die ganzen Damen da«, brummt Piet Paulsen dazwischen.
    »Aber die wollten bloß die Kieler Polizisten begucken.«
    »Deine Heike war auch dabei«, petzt Antje.
    »Heike?« Thies wundert sich.
    »Ja, Alexandra, Marret, Sandra, der ganze Verein. Die wollten nichts essen, sondern Prosecco trinken.«
    »Sonntagmittag?« Thies kommt aus dem Staunen nicht raus.
    »Ich kann in dem kleinen Lokal nicht alles vorrätig halten. Zwei Piccolo hatte ich noch da. Sekt geht bei mir normal gar nicht. Wir sind hier nicht auf Sylt ... Na ja, der alte Dossmann holt immer mal ’ne Flasche, grad vorgestern wieder.«
    »Ich brauch auch was zum Mitnehmen.« Thies ist es fast unangenehm.
    »Ich sach doch: Die ham mich hier komplett leergefuttert. Siehst ja selbst. Zwei Schaschlik hätte ich noch da, aber ohne Pommes.«
    Schäfermischling Susi sieht traurig zu Thies hoch.
    »Was ist mit Croque? Nicole wollte am liebsten Croque ...«
    »Ja, hab ich noch. Was möchte ...«, Antje macht einekurze Pause, um den Namen besonders zu betonen, »... N-i-c-o-l-e denn auf ihrem Croque draufhaben?«
    Klaas grinst breit.
    »Irgendwas, is egal, mach mir einfach zwei Croque und zwei Coffee ... ähh ... to go.«
    »Wat is dat denn?« Piet Paulsen rutscht die Gleitsichtbrille ein Stück von der Nase.
    »Haben sie jetzt sogar schon in Bredstedt«, trumpft Klaas auf. »Latte macchiato, Coffee to go und dieses ganze Zeugs.«
    »Ja, nee, da kann ich nich mit dienen.« Antje wird langsam etwas ungehalten. »Weißt was, Thies, ich geb dir einfach zwei Becher Kaffee mit und tu zwei Deckel drauf.«
    Als Thies mit den Broten und dem Kaffee in die Wache zurückkommt, hat Nicole zwischenzeitlich umdekoriert. Neben dem Fahndungsplakat hängt jetzt eine Landkarte von Fredenbüll und Umgebung. Die ersten Stecknadeln mit bunten Köpfen stecken schon: Auf der von-Rissen-Wiese, auf Dossmanns Geflügelhof und auf der Polizeistation. Die meisten Nadeln stecken noch etwas verloren in der Nordsee neben der Badestelle Neutönningersiel. Aber es sieht schon richtig nach Einsatzzentrale aus. Thies ist beeindruckt.
    Nicole macht sich gierig