Rote Gruetze mit Schuss
Kittelschürze wie verkleidet aussieht. Nicole hat sich zu dem Trio gesellt. Sie scheint es heute Abenddarauf angelegt zu haben, der Stammbesetzung aus »De Hidde Kist« ihre Trinkfestigkeit zu beweisen. Einzelne neugierige Fredenbüller schleichen immer wieder um den Tisch herum, um einen scheuen Blick auf die Kieler Kommissarin zu werfen. Ein schwer angetüdelter Jungfeuerwehrmann fragt sie sogar übermütig nach ihrer Telefonnummer. »Kannst dir ganz einfach merken: eins, eins, null!«, ruft Nicole. Die anderen lachen, und Nicole prostet ihnen zu. Thies steigt bei der Köm-Runde mit ein, während Gemahlin Heike jetzt mit dem Spusi-Mann über die Tanzfläche schaukelt. Ziemlich engumschlungen, registriert Thies und kippt schnell einen roten Korn.
Im Saal kommt jetzt Stimmung auf. Bei ›Polonaise Blankenese‹ trottet halb Fredenbüll in einer langen Schlange zwischen den Biertischen hindurch. Im Anschluss kommt auch das Tanzgeschehen richtig in Schwung. Die Fredenbüller akzeptieren jetzt sogar die Stones-Klassiker von »Stormy Weather«, die nach einem Joint in der Tanzpause richtig aufdrehen. Bei ›Jumping Jack Flash‹ tobt die neue Sängerin über die kleine Bühne, dass ihr der Glitter aus den Haaren fliegt und Piet Paulsen beim Schunkeln die Gleitsichtbrille von der Nase rutscht.
Mike Börnsen läuft als Eintänzer zur Hochform auf und flüstert den Damen beim Klammerblues die tollsten Geschichten über aufgequollene Wasserleichen oder die neusten Methoden bei der elektrostatischen Oberflächenprüfung ins Ohr. Die Mädels sind hin und weg. Die Fredenbüller Männer sind abgemeldet. Jetzthält er die rassige Friseurin Alexandra in seinen geschickten Kriminaltechnikerhänden.
Die Stimmung steigt. Nur Leif Ketels wird immer kleinlauter, als etliche Fredenbüller ihn mit Fragen nach ihren Versicherungen bedrängen. Dass es mit den bei ihm abgeschlossenen Policen nicht zum Besten steht, hat sich schnell herumgesprochen. Als sich auch noch Piet Paulsen nach dem Stand seiner Zahnzusatzversicherung erkundigt, verdrückt sich Ketels heimlich.
»Mensch, Thies, wir sind doch ’n richtig gutes Team.« Nicole hat bereits leichte Artikulationsprobleme. Sie legt ihren Kopf vertraulich auf Thies’ Schulter, dass ihn ihre neue Föhnfrisur im Gesicht kitzelt.
»Ehrlich gesagt, den vollen Durchblick ham wir ja noch nich. Aber ich hab ’n gutes Gefühl, dass wir den Fall gelöst kriegen.« Thies blickt prüfend zu Heike, die sich mit geschlossenen Augen in Börnsens Armen wiegt.
»Thies, prost.« Nicole blinzelt ihm zu. »Wir kriegen das hin.« Nicole hebt wieder ihr Glas.
Durch die Tanzenden hindurch steuert Susi auf die Runde zu und präsentiert stolz ihren erbeuteten roten Damenschuh. Der Hund legt den Kopf schief und guckt erwartungsfroh.
»Susi! Aus! Was hast du da überhaupt? Was sie immer alles so anschleppt. Jaa! Susi, fein! Komm!« Antje will nach dem Schuh greifen. Doch in dem Moment nimmt die Hündin den Pumps wieder ins Maul und trottet Richtung Bühne.
Inzwischen hat sich auch eine Abordnung der Jungschnöselvom Händelkonzert auf dem Gut unters Volk gemischt und die Sektbar geentert. Doch die jungen Männer trinken Bier und Köm statt Sekt und kommen sich dabei unheimlich zünftig vor.
»Ist ja echt kultig«, quiekt ein junges Mädchen in Lodenjäckchen und nippt an einem roten Korn.
Der Schimmelreiter steht mit seiner Bierflasche daneben und staunt. »Sacht mal, warum fahrt ihr eigentlich alle diese alten englischen Kisten? Hast doch nur Ärger mit.«
»Weil es schöne Autos sind«, sagt einer der Jungen mit dem Halstuch und wirft sich die Stirntolle aus dem Gesicht.
»Schön?« Der Schimmelreiter hat Zweifel. »Willst mal ’n geiles Auto sehen?« Das Halstuch überhört die Frage.
Zwei der Schnösel reißen sich ihr Tweedjackett vom Leib, stürmen die Tanzdiele und spielen den Disco-King, was gründlich danebengeht. Huberta von Rissen tanzt mit dem Edeka-Bürgermeister zu ›Sympathy for the Devil‹. Dabei ist ihr deutlich anzumerken, dass sie das lieber mit Brodersen gemacht hätte. Die Flensburger Rockröhre stampft den Bühnenrand auf und ab. Auch HNO-Professor Müller-Siemsen versucht ein paar Mike-Jagger-Schritte in Erinnerung an die Hamburger Uni-Partys der Siebziger. Seine junge Assistentin verzieht sich maulend an den Sekttresen, während Apachensquaw Sandra hottend die Stellung übernimmt.
Auch Nicole zieht Thies gleich auf die Tanzfläche. Thies merkt, dass die anderen gucken,
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