Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
augenblicklichen Zeitpunkt noch nicht nutzen.«
Clovis fuhr sich mit dem Daumen über die Unterlippe, als müsse er nachdenken. »Und woher soll ich wissen, dass ich Ihnen vertrauen kann?«
»Ein einfacher Anruf beim Rat der Hekate wird Ihnen bestätigen, dass ich Sie nicht angelogen habe.«
»Genau das ist das Problem«, meinte Clovis. »Leider muss ich den Rat über diese heikle Situation im Dunkeln lassen.«
Adams Kiefermuskeln zuckten. »Wenn Sie mir nicht erlauben, mich zu beteiligen, werde ich dem Rat mitteilen, dass Sie wichtige Informationen zurückhalten und damit unsere Leute in große Gefahr bringen.«
»Und wie wollen Sie das anstellen? Schließlich hält
mich nichts davon ab, Sie auf der Stelle töten zu lassen«, erwiderte Clovis kühl.
»Ich habe meine Kontaktpersonen im Rat angerufen, ehe ich hierhergekommen bin. Sie befinden sich gerade in der Zentrale der Hekate in New York. Wenn man innerhalb der nächsten halben Stunde nichts von mir hört, werden sie einen Trupp hierherschicken, um den Mord an mir zu rächen.«
»Das ist doch nur ein Trick«, meinte Frank.
Clovis gab seinem Assistenten ein Zeichen, den Mund zu halten. »Verstehe«, sagte er. »Ich muss zugeben, dass mir Ihre Kühnheit imponiert. Trotzdem kann ich Sie nicht ins Vertrauen ziehen, ehe ich nicht hundertprozentig weiß, dass nichts von dem, was hier geschieht, an den Rat weitergegeben wird.«
»Wenn es der Rettung meiner Leute dient, verspreche ich Ihnen, dass ich dem Rat nichts von dem verraten werde, was Sie mir sagen und zwar bis die Situation bereinigt ist«, erklärte Adam.
Clovis sah mich an. »Was meinst du dazu, Sabina? Soll ich ihm sein Leben schenken und ihm vertrauen? Oder soll ich Frank bitten, ihn wieder abzuführen?«
Adams Augen richteten sich auf mich. Er blickte herausfordernd, als wolle er mir zu verstehen geben, dass ich es bloß nicht wagen sollte, ihn zum Tode zu verurteilen. Ich war noch immer verärgert, da sein Auftauchen schließlich meinen Plan fürs Erste zunichtegemacht hatte. Doch auch wenn ich nicht mit seiner Vorgehensweise einverstanden war, so fand ich seinen Wunsch, anderen zu helfen, doch auch sehr rührend. Mir persönlich fiel niemand ein, für den ich mein Leben aufs Spiel gesetzt hätte.
Vielleicht wollte ich einfach nur begreifen, wieso er im Gegensatz zu mir zu einer solchen Loyalität fähig war. Vielleicht tat er mir auch leid. Oder vielleicht wusste ich auch seit jenem Augenblick im Hotel, dass er die Wahrheit über sich und seine Mission sagte.
Ganz gleich, was es war – nachdem ich Adam einen Moment lang zittern und um sein Leben bangen gelassen hatte, fasste ich einen Entschluss. Ich drehte mich zu Clovis und sagte: »Ich vertraue ihm.«
21
Vinca riss die Augen auf, als sie Adam sah, der hinter mir die Wohnung betrat. »Oh. Hallo.« Sie kam mit einem leichten Hüftschwung auf ihn zu. »Ich bin Vinca.«
Adam schien ihr offenkundiges Interesse zu belustigen. »Adam. Freut mich.«
»Dann bist du also der sexy Hexer, von dem ich schon so viel gehört habe«, sagte sie. Adam sah mich fragend an. Ich hasste sie dafür, dass sie es so klingen ließ, als hätte ich ihr auf einer Pyjama-Party kichernd von Adam, dem sexy Magier vorgeschwärmt. Also warf ich den beiden einen finsteren Blick zu und marschierte in mein Zimmer.
Vincas zwitschernde Stimme folgte mir den Flur entlang. Ich entdeckte Giguhl, der auf meinem Bett ein Nickerchen hielt.
»Wach auf«, sagte ich. »Wir müssen reden.«
Der Kater öffnete langsam ein Auge und bedachte mich mit einem Blick, den man nur als verächtlich bezeichnen konnte. »Du störst mich bei meinem Schönheitsschlaf«, erwiderte er und gähnte ausführlich.
»Damit das funktioniert, müsstest du ungefähr so lange schlafen wie Dornröschen, mein Guter.«
Er ignorierte meine Bemerkung und ließ sich betont
viel Zeit, um alle Glieder zu strecken. »Ist Clovis tot?«, wollte er wissen.
»Es hat eine Planänderung gegeben.« Ich erzählte ihm rasch, was vorgefallen war.
»Und woher wissen wir, dass er nicht trotzdem den Rat der Hekate informiert?« Giguhl war jetzt hellwach. In Dämonengestalt hätte er sich wahrscheinlich nachdenklich über das Kinn gestrichen. Als Kater ließ er seinen kahlen Schwanz rhythmisch wie ein Metronom durch die Luft sausen.
»Das wissen wir nicht.«
Er spitzte die Ohren, als draußen im Flur Schritte zu hören waren. Ich drehte mich um, als Adam gerade an meinen Türrahmen klopfen wollte.
»Hast du mit deinem
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