Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
kopfüber vor mir stehen sah.
»Das ist nicht lustig«, protestierte ich.
»Ganz im Gegenteil. Ich finde es ausgesprochen witzig. Wusstest du eigentlich, dass dein Gesicht eine hübsche rosa Farbe annimmt, wenn du wütend bist?«
»Ich bin schon lange nicht mehr nur wütend, sondern geradezu apokalyptisch!« Mir schoss das Blut in den Kopf, und alles begann sich zu drehen. »Lass mich sofort runter, du Arsch!«
»Nicht so schnell. Nachdem du mir jetzt ausgeliefert bist, ist es an der Zeit, mal ein paar Dinge zu klären. Findest du nicht?«
»Leck mich!«
»Könnte in dieser Position nicht uninteressant sein. Aber nein danke«, erwiderte er. »Also, ich habe nachgedacht, und ich denke, dass du endlich mit deiner Ausbildung zur Magierin anfangen solltest.«
»Glaubst du etwa, ich habe Lust, noch mehr Zeit mit dir zu verbringen? Mir reicht es schon jetzt.«
»Ehrlich, Sabina. Du hättest schon viel früher damit anfangen sollen«, sagte er. Als ich trotzig schwieg, seufzte
er. »Ich werde dich so lange nicht herunterlassen, bis du zugestimmt hast.«
Ich schüttelte den Kopf, da ich nicht vorhatte, seiner Drohung Folge zu leisten.
»Du wirst allmählich dunkelrot.«
In meinen Schläfen begann das Blut zu pulsieren. Ich biss die Zähne zusammen, als mich auf einmal eine Welle der Übelkeit überrollte. Innerlich verfluchte ich mich dafür, so stur zu sein. Wenn ich dem Training zustimmte, dann half er mir vielleicht, Giguhl wieder nach Hause zu schicken und vergaß die ganze Geschichte mit meiner Magier-Familie. Warum benahm ich mich also so dickköpfig?
Natürlich kannte ich die Antwort. Aber es fiel mir schwer, sie vor mir selbst zuzugeben. Ich schämte mich. Es war schon schlimm genug, dass Adam mich geschlagen hatte. Aber noch schlimmer war die Tatsache, dass ich seine Hilfe brauchte. Das zuzugeben, brachte mich wirklich fast um den Verstand.
»Sabina?«
Ich rollte die Augen nach oben, um ihn anschauen zu können. »Also gut. Einmal.«
»Fünfmal.«
»Eine Stunde und du hilfst mir, Giguhl wieder nach Hause zu schicken.«
»Du verhandelst wohl nicht oft, was?«
Mein Kopf schmerzte, und ich fing an, kleine Sternchen zu sehen. »Das ist mein letztes Angebot«, erklärte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
»Mit dir macht das echt keinen Spaß«, erwiderte Adam. »Aber einverstanden. Wir fangen mit einer Stunde an. Und dann sehen wir weiter.«
Genauso schnell wie ich in die Luft geflogen war, stand ich auch wieder mit beiden Füßen auf dem Boden. Alles drehte sich, und ich schwankte auf Adam zu. Er streckte die Arme aus, um mich festzuhalten, doch ich stieß ihn beiseite und setzte mich dann auf die Bettkante. Einen Moment lang wirbelte das Zimmer noch vor meinen Augen, bis ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Rasch verschwand das Gefühl des Schwindels. Jetzt schämte ich mich für meine Schwäche. Doch statt Scham zeigte ich wie immer meinen Zorn, der mir als Emotion so viel vertrauter war.
»Arschloch!«, zischte ich und stand auf.
Adams zufriedenes Grinsen half nicht gerade, die Wut in meinem Inneren zu lindern. »Nach diesem billigen Angriff hast du nichts anderes verdient. Mein Hintern tut immer noch weh.«
»Gut!«
»Jetzt mal ehrlich, Sabina. Du solltest dich mal mit deiner Wut auseinandersetzen. Du hast da echt ein Problem. Immer bist du so empfindlich.«
»Empfindlich!« Ich machte einen Schritt auf ihn zu, um ihn einzuschüchtern. Adam rührte sich jedoch nicht von der Stelle, sondern blickte mich nur herausfordernd an. Ich hielt inne, als mir klarwurde, dass er meine Reaktion mit seinem Kommentar bewusst hervorgerufen hatte. Da ich ihm nicht auch noch den Gefallen tun wollte, mich so zu verhalten, wie er das wollte, ballte ich nur die Fäuste und zwang mich, tief durchzuatmen, während ich stumm bis zehn zählte. Er grinste noch immer. Ich holte erneut tief Luft. Er zog eine Augenbraue hoch.
»Gut! Du hast gewonnen. Zufrieden?«
»Ja.«
Ich stürmte aus dem Zimmer. Meine fehlende Selbstbeherrschung war mir peinlich. Ich hatte meinem Gegner in der Minute, in der ich die Nerven verloren hatte, die Oberhand gewinnen lassen – ein typischer Anfängerfehler, den ich eigentlich hätte vermeiden müssen.
Vinca und Giguhl hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht und schauten sich Oprah Winfrey im Fernsehen an, als ich mit entblößten Eckzähnen ins Wohnzimmer gestürmt kam. Beide blickten mich überrascht an. »Hast du ihn umgebracht?«, fragte Giguhl.
Vinca stupste den
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