Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
Tischchen stand ein offener Pizzakarton, in der einige angefressene Ränder und ein einzelnes öliges Stück Pizza lagen. Offensichtlich hatte der Dämonenkater die Anchovi-Debatte gewonnen.
»Hi«, begrüßte ich die beiden. Ich sah mich unauffällig nach Adam um. Doch man konnte nur noch den schwachen Duft nach Sandelholz riechen. Ansonsten schien er sich aus dem Staub gemacht zu haben.
Giguhl, der auf dem Rücken lag und mir seinen aufgeblähten Bauch entgegenstreckte, hielt den Blick weiterhin auf den Fernseher gerichtet. Zumindest schaffte er es, zur Begrüßung eine schlappe Pfote zu heben.
Vinca hingegen zuckte zusammen, als sie meine Stimme vernahm. »Hallo, Sabina. Ich habe gar nicht gehört, dass du hereingekommen bist.«
»Was schaut ihr euch an?« Ich streckte den Hals vor, um den Bildschirm zu sehen, aber Vinca schaltete den Fernseher hastig aus. Giguhl protestierte zwar, aber sie achtete nicht auf ihn.
»Ach, nur irgendeinen lächerlichen Sterblichen-Film«, erwiderte sie. Ihre geröteten Wangen kamen mir etwas verdächtig vor.
»Welchen?«
»Kann mich nicht mehr an den Titel erinnern«, behauptete
sie, während sie sich auf einmal ganz und gar der Inspektion einer Fluse auf ihrer Hose widmete.
»Sei doch nicht albern«, meinte Giguhl. »Es war Herr der Ringe .« Er rollte sich auf den Bauch, stand auf und streckte sich ausgiebig.
Vinca warf mir einen hastigen Blick zu. Ich grinste sie an. »Das muss dir nicht peinlich sein. Dieser Elbentyp ist verdammt süß.«
Sie kicherte. »Kann man wohl sagen.«
»Mein Favorit ist Sauron«, erklärte Giguhl. »Der Kerl weiß wenigstens, was böse heißt.«
Vinca schüttelte den Kopf und grinste. »Also – wo hast du gesteckt, Sabina? Du hattest es ja ziemlich eilig, wegzukommen.«
»Ich habe nur etwas Blut gebraucht«, antwortete ich. »Und frische Luft.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Hm. Warum wohl? Das hat nicht zufällig etwas mit dem sexy Hexer zu tun, oder etwa doch?«
»Wenn du damit diesen totalen Idioten meinst, der hier war, dann ja. Es hatte etwas mit ihm zu tun.«
Vinca und Giguhl warfen sich gegenseitig einen vielsagenden Blick zu und sahen dann wieder mich an.
»Also bitte«, meinte der Dämonenkater. »Du bist doch so heiß auf diesen Magier, dass du Gefahr läufst, dich selbst zu entzünden.«
Ich würdigte ihn keiner Antwort, sondern ging in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Vinca kam mir nach. »Willst du darüber sprechen?«
Ich knallte eine Dose Cola auf den Küchentresen und schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Da gibt es nichts zu besprechen.«
»Dann bist du also nicht wütend auf mich, weil ich mit ihm geflirtet habe?«
Ich setzte mich auf den Tresen und nahm einen großen Schluck aus der Dose. Die Kohlensäure brannte angenehm in meinem Hals. »Du hast mit ihm geflirtet? Komisch, ist mir gar nicht aufgefallen.«
»Ehrlich nicht? Hm, dann muss ich wohl ziemlich aus der Übung sein. Nachdem du weg warst, habe ich wirklich mein Bestes gegeben, und auch wenn ich das jetzt selbst sage: Das ist verdammt gut. Aber es schien ihm nicht mal aufzufallen. Also habe ich aufgegeben.«
»Vielleicht ist er schwul«, meinte ich. Wem machte ich hier eigentlich etwas vor? Der Kerl roch förmlich nach einem Hetero – jenem Typ Hetero, der bei den meisten weiblichen Wesen ein ziemliches Kribbeln hervorruft.
Vinca schnaubte. »Klar. Deshalb hatte er auch einen Steifen, als ihr aus deinem Zimmer gekommen seid.«
Ich verschluckte mich beinahe an meiner Cola. »Wie bitte?«
»Ach, komm schon, Sabina. Als ihr beide aus deinem Zimmer kamt, warst du total schuldbewusst, und er wirkte so, als würde er jeden Moment explodieren. Es ist doch ganz offensichtlich, dass du auf ihn stehst.«
»Also bitte. Das stimmt doch gar nicht.« Ich meinte das ernst. Ich gehörte nicht zu der Art von Girlies, die um einen Kerl herumscharwenzelten und Kicheranfälle bekamen, nur weil er ein nettes Gesicht und einen knackigen Hintern hatte. Außerdem war Adam Magier. Ich wollte nicht einmal daran denken, was Freud zu meinem Interesse an einem solchen Magier sagen würde. Schließlich hatte meiner Mutter ihr Verhältnis mit meinem Vater kein Glück gebracht. Ganz zu schweigen von der Tatsache,
dass ich zusammen mit Adams gewaltigem Ego wohl kaum in einen Raum gepasst hätte.
Vinca lehnte sich an den Tresen und musterte mich. »Du kannst sagen, was du willst. Aber ich kann dir jetzt schon prophezeien, dass ihr beide die dunkle Tat begeht, ehe es
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