Rote Lilien
versuchen, ihr zu helfen und sie auf andere Gedanken zu bringen.
Hayley Phillips würde sich eher auf die Zunge beißen als zuzugeben, dass es ihr nicht gut ging. Und daran gab es auch nichts auszusetzen, dachte Harper.
Viele Frauen in ihrer Lage hätten die Großzügigkeit seiner Mutter hemmungslos ausgenutzt - oder sie zumindest für selbstverständlich gehalten. Hayley tat weder das eine noch das andere, und das rechnete er ihr hoch an. Er konnte ihren Standpunkt verstehen - bis zu einem gewissen Grad. Aber sehr oft war sie einfach störrisch wie ein Maulesel. Daher wollte er es wie Zufall aussehen lassen, selbst dann noch, als er in zwei Gewächshäusern nach ihr gesucht hatte und zum Hauptgebäude gelaufen war, wo er Hayley endlich fand. Sie stellte gerade einen Verkaufstisch mit Zimmerpflanzen zusammen.
Sie trug eine der Latzschürzen der Gärtnerei über schwarzen Shorts und einem knappen Trägerhemdchen mit V-Ausschnitt. Auf der Schürze und ihrem Unterarm war feuchte Erde. Er schrieb es seiner unterdrückten Begierde zu, dass er das ungeheuer sexy fand. »Hallo! Wie läuft's?«
»Gar nicht mal schlecht. Es hat einen kleinen Ansturm auf die Tischgärten gegeben. Eine Kundin hat gleich fünf davon als Tischdekoration für ein Treffen ihrer Studentenverbindung gekauft. Und dann habe ich sie überredet, noch eine Sagopalme für ihren Wintergarten zu nehmen.«
»Dann hast du jetzt sicher fürchterlich viel zu tun.« Sie warf einen Blick über die Schulter. »Eigentlich nicht. Stella will noch ein paar Tischgärten machen, aber sie ist mit Logan zugange - was nicht so sexy ist, wie es sich anhört. Gerade ist ein großer Auftrag reingekommen, und sie hat ihn ins Büro gesperrt und lässt ihn erst wieder raus, wenn sie alle Angaben für den Vertrag hat. Als ich ihn vorhin gesehen habe, sah er nicht sehr glücklich aus ...«
»Das dürfte noch eine ganze Weile dauern. Ich wollte mit dem Okulieren weitermachen und könnte Hilfe gebrauchen, aber wenn du ...«
»Oh, kann ich das machen? Ich nehme eines von den Funkgeräten mit, falls Ruby oder Stella mich brauchen.«
»Ich könnte schon noch ein Paar Hände gebrauchen.«
»Bin gleich wieder da. Warte hier.« Sie rannte durch die Doppeltür aus Glas und war in dreißig Sekunden wieder da, ohne Schürze und mit dem Funkgerät in der Hand. Als sie es an ihren Hosenbund klemmte, hatte er für einen Moment freie Sicht auf die glatte Haut ihres Bauchs. »Ich hab mich schon ein bisschen eingelesen, aber jetzt fällt mir nicht mehr ein, was Okulieren ist.«
»Die Methode ist schon sehr alt«, sagte er, während sie nach draußen gingen. »Aber heute wird sie häufiger eingesetzt als früher. Wir nehmen uns einige Ziersträucher vom Freigelände vor. Der Hochsommer ist die beste Zeit dafür.« Die Hitze traf sie wie eine nasse Wand. »Dass wir Hochsommer haben, kann man nicht verleugnen.«
»Und mit den Magnolien fangen wir an.« Er nahm einen Eimer Wasser, den er vor der Tür hatte stehen lassen. »Sie kommen nie aus der Mode.«
Sie gingen über die Kiesfläche vor dem Verkaufsgebäude und zwischen den Gewächshäusern hindurch in Richtung der Anbauflächen. »Ist gestern Nacht alles ruhig geblieben?«
»Nach dem Zirkus, den sie gestern veranstaltet hat, hat sie keinen Mucks mehr von sich gegeben. Ich hoffe nur, sie plant keine Zugabe. Es war ziemlich übel.«
»Jedenfalls weiß sie ganz genau, wie sie deine Aufmerksamkeit bekommt. So, da wären wir.« Er blieb vor einer großen, belaubten Magnolie stehen. »Ich werde jetzt einige reife Triebe schneiden - vom diesjährigen Holz. Wir brauchen welche, die nicht viel dicker als ein Bleistift sind und gut entwickelte Knospen haben. Siehst du den hier?«
Er griff mit der bloßen Hand nach oben und zog behutsam einen Trieb zu sich herunter. »Okay. Und was jetzt?«
»Ich schneide ihn ab.« Er zog eine Baumschere aus seiner Werkzeugtasche. »An dieser Stelle hier fängt der untere Teil des Triebs zu verholzen an. Danach suchen wir: Grüne Triebe können wir nicht gebrauchen, sie sind noch zu schwach.« Nachdem Harper den Trieb abgeschnitten hatte, stellte er ihn in den Wassereimer. »Der Trieb muss feucht gehalten werden. Wenn er austrocknet, gibt es später Probleme beim Anwachsen. Und jetzt suchst du dir einen aus.« Hayley wollte um die Magnolie herumgehen, doch er nahm ihre Hand. »Nein, es ist besser, auf der sonnigen Seite zu arbeiten.«
»Okay.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, während sie
Weitere Kostenlose Bücher