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Rote Lilien

Rote Lilien

Titel: Rote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte. In Harpers Nähe durfte es nicht kribbeln. Das musste aufhören. Warum konnte es nicht wieder so sein wie früher? Während ihrer Schwangerschaft hatte sie sich in seiner Gesellschaft sehr wohl gefühlt. Und selbst die ersten paar Monate nach Lilys Geburt hatte sie sich ihm gegenüber ganz unbefangen verhalten. Wann hatte sich das eigentlich geändert? Sie wusste es nicht. Es war einfach passiert. Aber es durfte nicht sein. Außer Lily gab es noch jemanden, der nicht alles bekam, was er wollte.

4. Kapitel
    Bei der Arbeit fühlte sie sich irgendwie komisch, als wäre sie nicht ganz auf dem Damm. Als wäre ihre Haut zu klein und ihr Kopf zu schwer. Zu viel Yoga fürs erste Mal, dachte sie. Zu viel Arbeit, nicht genug Schlaf. Vielleicht sollte sie Urlaub machen. Ein paar Tage würde sie schon freibekommen, und sie konnte es sich auch leisten. Sie könnte für ein paar Tage nach Little Rock fahren und alte Freunde und Kollegen besuchen.
    Lily herumzeigen. Doch dann würde sie Geld von dem Sparkonto abheben müssen, das sie angelegt hatte, um mit Lily an ihrem dritten Geburtstag eine Reise nach DisneyWorld zu machen. Aber schließlich würde es ja nicht allzu viel kosten.

    Nur ein paar hundert Dollar, und die Abwechslung würde ihr gut tun. Hayley wischte sich den Schweiߟ von der Stirn. Die Luft im Gewächshaus war schwül und drückend. Und ihre Finger fühlten sich zu dick und ungeschickt an,
    während sie versuchte, die Tischgärten zusammenzustellen. Sie sah nicht ein, warum ausgerechnet sie diese Arbeit machen musste. Stella oder Ruby hätten es genauso gut selbst machen können. Dann hätte sie an der Kasse sitzen können - um diese Zeit des Jahres schaffte das sogar ein Affe. Sie hätte sich freinehmen sollen. Man brauchte sie ja gar nicht. Sie hätte zu Hause bleiben können, im Kühlen, und endlich einmal Gelegenheit zum Ausspannen gehabt.
    Stattdessen stand sie hier rum, schwitzte wie ein Pferd und stopfte Pflanzen in Schalen, weil Stella ihr das aufgetragen hatte. Immer nur Befehle, Befehle, Befehle. Wann würde sie endlich tun können, was sie wollte - und wann sie es wollte?
    Die anderen rümpften die Nase über sie, weil sie nicht zur Familie gehörte, weil sie nicht so gebildet war, weil sie nicht die illustre Herkunft hatte, die sie alle so bedeutend machte. Aber sie war genauso viel wert wie sie. Mehr wert, weil sie es aus eigener Kraft geschafft hatte. Sie hatte sich von ganz unten nach oben gekämpft, weil ... »He, du brichst der Ludisia ja die Wurzeln ab.«
    »Was?« Hayley starrte die Pflanze in ihren Händen an. Ihre Finger erschlafften, als Stella ihr die Orchidee entriss. »Tut mir Leid. Hab ich sie kaputtgemacht? Ich weiߟ nicht, was ich mir dabei gedacht habe.«
    »Ist schon okay. Du hast so wütend ausgesehen. Stimmt was nicht?«
    »Alles in Ordnung. Ach, ich weiߟ nicht.« Sie schüttelte sich und wurde rot, als sie an ihre Hasstirade von eben dachte. »Die Hitze macht mich fertig. Ich hab Kopfschmerzen. Tut mir Leid, dass ich die Tischgärten noch nicht fertig habe. Ich glaube, ich kann mich nicht richtig konzentrieren.«
    »Schon in Ordnung. Ich wollte dir sowieso helfen.«
    »Ich schaff das schon alleine. Du hast doch bestimmt noch was anderes zu tun.«
    »Hayley, du weiߟt doch, dass ich jede Gelegenheit ergreife, um meine Finger in Erde zu stecken. Hier.« Stella griff in die Kühltasche unter dem Arbeitstisch und holte zwei Flaschen Wasser heraus.
    »Nimm dir eine.« Was hatte sie da eben nur gedacht?, wunderte sich Hayley, als sie einen langen Zug aus der Flasche nahm. Es waren hässliche, kleinliche Gedanken gewesen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie auf solche Gedanken gekommen war - sie War doch sonst nicht so gehässig. Aber ein oder zwei Minuten lang war sie es gewesen, und jetzt kam sie sich so gemein vor. »Ach, Stella, ich weiߟ nicht, was mit mir los ist.« Stella runzelte die Stirn und legte Hayley mit der klassischen mütterlichen Geste die Hand auf die Stirn.
    »Vielleicht bekommst du eine Sommergrippe.«
    »Nein, ich glaube eher, dass es ein Frustanfall ist. Nicht mal eine ordentliche Depression, nur ein Frustanfall. Das geht jetzt schon eine Weile so, und ich weiߟ nicht, warum. Ich habe das hübscheste Baby der Welt. Ich liebe meine Arbeit. Ich habe groߟartige Freunde.«
    »Du kannst das alles haben und trotzdem einen Frustanfall bekommen.« Stella nahm eine Schürze vom Haken und band sie um. Dabei musterte sie Hayley aufmerksam. »Du

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