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Rote Lilien

Rote Lilien

Titel: Rote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihrer Arbeit. Sie lernte gern dazu und genoss es, den Kunden Bücher zu verkaufen, an denen sie viel Freude hatten. Wenn sie in Little Rock geblieben wäre und weiter in der Buchhandlung gearbeitet hätte, wäre sie irgendwann Geschäftsführerin geworden. Und sie hätte es auch verdient. Dann war ihr Vater gestorben. Sein Tod hatte ihr Leben in den Grundfesten erschüttert.
    Er war ihr Fels gewesen und sie der seine. Als er gestorben war, war auf einen Schlag jegliche Sicherheit verschwunden. Ihre Trauer war wie eine offene Wunde gewesen, die einfach nicht hatte heilen wollen. Und daher hatte sie sich von einem guten Freund trösten lassen - mehr war er wirklich nicht gewesen, gestand sie sich ein, als sie in die Auffahrt von Harper House bog. Ein netter Junge, jemand, der ihr in einer schweren Zeit geholfen hatte. Aus dieser Beziehung war Lily entstanden und Hayley schämte sich nicht im Geringsten dafür. Trost war nicht mit Liebe gleichzusetzen, aber es war ein positiver Akt, ein Akt des Gebens. Hätte sie diese Güte etwa dadurch zurückgeben sollen, dass sie den Jungen zu einer Heirat drängte, oder dazu, Verantwortung für das Kind zu übernehmen, obwohl zwischen ihnen schon alles aus gewesen war, als sie die Schwangerschaft festgestellt hatte? Sie war nicht in Selbstmitleid zerflossen jedenfalls nicht lange. Sie hatte weder Gott noch die Männer verflucht. Sie hatte die Verantwortung für ihr Tun übernommen, so, wie man sie das gelehrt hatte, und die Entscheidung getroffen, die für sie die richtige war. Das Kind zu behalten und allein großzuziehen. Es war nicht ganz so gelaufen, wie sie sich das vorgestellt hatte, dachte sie mit einem Lächeln, während sie das Auto parkte. Little Rock, die Buchhandlung, das Haus, in dem sie mit ihrem Vater gewohnt hatte, waren keine Schutzräume mehr für sie gewesen, als man ihr die Schwangerschaft anzusehen begann. Als es losgegangen war mit den Blicken, den Fragen, den Gerüchten. Und daher hatte sie woanders noch einmal von vorn angefangen. Sie stieg aus und ging um den Wagen herum, um die hintere Tür zu öffnen und Lily aus dem Kindersitz zu holen. Sie hatte alles verkauft, was sich verkaufen lieߟ, und den Rest in ihr Auto gepackt. Positiv denken, nach vorn schauen.
    Als sie hierher gekommen war, hatte sie lediglich gehofft, dass Roz einen Job für sie hatte. Stattdessen hatte sie eine Familie gefunden. Für sie war das nur ein weiterer Beweis dafür, dass es das Leben gut mit einem meinte, wenn man einen Schritt nach dem anderen machte, wenn man hart dafür arbeitete und wenn man das Glück hatte, Menschen zu finden, die einem die Chance gaben, sein Bestes zu tun. »Ja, mein Schatz.« Sie hob Lily hoch und bedeckte ihr kleines Gesicht mit Küssen.
    »Wir sind zwei Glückskinder, nicht wahr?« Sie hängte sich die Windeltasche über die Schulter und stieߟ die Autotür mit der Hüfte zu. Doch als sie auf das Haus zugehen wollte, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Vielleicht sollte sie es einfach darauf ankommen lassen. Wenn man auf etwas wartete, kam es sowieso nie. Doch wenn man handelte, gab es zwei Möglichkeiten: Entweder es ging gut, oder es ging schief. Alles war besser als Stillstand. Sie ging um das Haus herum und lieߟ sich Zeit, weil sie herausfinden wollte, ob sie es sich nicht ausreden konnte. Doch die Idee spukte in ihrem Kopf herum, und sie konnte keinen Grund finden, der gut genug war, um sie von ihrem Plan abzubringen.
    Vielleicht würde er schockiert oder fassungslos oder sogar entsetzt sein. Aber das war dann sein Problem. Zumindest würde sie endlich Klarheit haben und sich nicht mehr die ganze Zeit fragen müssen, woran sie mit ihm war. Nachdem sie um die Kurve gebogen war, setzte sie Lily ab und lieߟ sie zur Tür von Harpers Haus laufen. Vielleicht war er ja gar nicht zu Hause. Oder - schlimmer noch - er hatte eine Frau zu Besuch. Das wäre blamabel, aber sie würde schon damit fertig werden. Es war Zeit, dass sie sich Gewissheit verschaffte. Obwohl es noch nicht völlig dunkel war, schickten die hübschen hellgrünen Laternen, die am Rand des Ziegelwegs als Wegweiser eingesteckt waren, schon ihr warmes Leuchten aus. Ein paar frühe Glühwürmchen blitzten über den Köpfen der Blüten und jenseits der Rasenfläche auf, bis sie sich im Schatten der Bäume verloren. Hayley sog den Duft der Vanilleblumen, Gartenwicken und Rosen und den etwas stechenden Geruch der Erde ein. Diese Gerüche und die verschiedenen Grüntöne der Pflanzen

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