Rote Sonne über Darkover - 5
selbst besser kennenlernen wollen. Außerdem konnte sie, wie er wohl wußte, das Laran nicht vollständig verdammen, denn sie selbst hatte diesen schwer faßbaren Sinn der Elhalyns für die verschiedenen Zukunftsmöglichkeiten, und obwohl sie selten davon sprach, erkannte er ihn in ihr. War dieses Laran -Wissen der Grund, daß sie plötzlich und auf so merkwürdige Weise darauf bestand, er solle seinen eigenen Weg aufgeben, um an ihrer Seite zu bleiben und zu heiraten?
Denn es war Domna Mirhana gewesen, die ihn informiert hatte, sie habe eine Frau für ihn gefunden, eine aus dem Blut eines Großen Hauses. Sie erzählte ihm, daß Calvana Aldaran, Tochter von Lady Elviria, ihrer Pflegeschwester und Kindheits breda, und des verstorbenen Lord Korwin Aldaran, im vergangenen Frühling fünfzehn Jahre alt geworden und zur Heirat bereit sei.
Cerdric konnte in vielem fest bleiben, nur nicht darin, seiner Mutter ›nein‹ zu sagen. Anfangs hatte er überrascht protestiert.
Mirhana kannte ihn doch! Warum bestand sie dann auf diesem Heiratsbündnis? Es sah ja gerade so aus, als fördere sie das Zuchtprogramm, das sie so haßte, und das warf er ihr vor.
Und dann erfuhr er zu seinem Entsetzen noch etwas anderes. Was machte es schon aus, daß seine Braut, wie er hörte, viel zu dick war, um schön zu sein, und nicht besonders geschickt in weiblichen Arbeiten. Aber sie hatte kein Laran ! Mirhana konnte diese eine Tatsache nicht vor ihm verbergen, als er ihre Gedanken las.
Verbittert dachte er daran, was für ein unbeschreiblich schweres Leid es bedeuten würde, das ganze Leben mit jemandem zu teilen, der vollkommen kopfblind war - denn dessen war er sich jetzt nach dem bißchen, was er aufgefangen hatte, sicher, mochte Mirhana sich noch so sorgfältig abschirmen. Und das Schlimmste von allem war, er mußte diese Frau lieben und mit ihr Kinder zeugen, und bei dieser körperlichen Vereinigung würde mehr als die Hälfte zu dieser Ganzheit fehlen, die Menschen seiner eigenen Art möglich war … denn er hatte schon eine Frau mit Laran gekannt, er wußte, wie es sein konnte …
Da schwor er bei Zandrus Höllen, er verstehe seine Mutter nicht mehr. Und er weigerte sich entschieden, irgend etwas mit dieser verfluchten Aldaran-Braut zu tun zu haben, die stumpfer war als das Pferd, das er ritt. Er blieb indessen nur so lange bei seiner Weigerung, bis er sah, was mit seiner Mutter geschah, wie sie dahinwelkte. Und dann blieb ihm nichts weiter übrig, als einzuwilligen.
Dayvin war jetzt Lord von Lanart. Er hatte im letzten Frühling geheiratet und Orina Ridenow als seine Frau heimgeführt. Sie erwartete bereits ein Kind. Und Lyanella sollte noch in diesem Jahr verlobt werden. Und nun war Cerdric selbst aus den Hellers mit einer Frau heimgekehrt, die er nicht ertragen konnte, nur weil er nicht bis an sein Lebensende auch noch die zusätzliche Last tragen wollte, das Leben seiner Mutter verkürzt zu haben.
Bin ich ein wahrer Cristoforo oder nichts als ein Feigling, der Sklave einer tief in mir verborgenen Furcht?
Und Calvana Aldaran, das fand er bald genug heraus, war selbst kalt und stolz wie ihre gottverlassenen Hellers. Vom ersten Augenblick an hatte sie ihn nicht einmal angelächelt oder ein einziges freundliches Wort gesagt. Weißhäutig, füllig und dunkel, war sie in Wahrheit kein unerfreulicher Anblick mit ihren scharfen blauen Augen, die vor Energie funkelten, wenn er so tat, als sehe er anderswohin. Doch traf ihn jedesmal eine dunkle Wolke von Feindseligkeit, wenn er versuchte, sie mit seinen Gedanken zu berühren, und diese Feindseligkeit war gemischt mit Bitterkeit und mit einem Zorn, der mit aller Kraft unterdrückt wurde. Sie mußte ihn leidenschaftlich hassen, oder wenn nicht ihn persönlich, dann alles. Und diesen Haß projizierte sie gedankenlos mit solcher Gewalt, wie es ein Telepath, der auf den Seelenfrieden anderer Rücksicht nimmt, niemals tun würde. Aber sie ist keine Telepathin!
sagte er sich wieder und wieder vor, und ein Übelkeit erregender Schmerz quälte ihn.
Und so schlief Cerdric in dieser ersten Nacht nach ihrer Ankunft auf dem Lanart-Besitz mit schweren Gedanken, von Alpträumen geplagt, allein, ohne Trost und in einem kalten Bett.
Am nächsten Morgen wachte er spät auf. Die Vögel sangen, warmer Sonnenschein badete die Kammer. Er kleidete sich langsam an, zog jeden Augenblick in die Länge. In seinem Herzen war Winter.
Absichtlich kam er als letzter zum Frühstück nach unten. Es lief jedoch
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