Rote Sonne über Darkover - 5
kupferfarbenes Haar. Er hatte, dachte Danilo trüb, sich beträchtliche Mühe gegeben, um vor diesen Leuten als Prinz und Hastur-Erbe aufzutreten, »… da fuhr er mich an, als sei ich ein ungezogener kleiner Junge, der seinen Obstgarten plündern wollte.
Er glaubte, ich sei gekommen, den Frieden seines Sohnes zu stören, und er war bereit, mich zornig wegzuschicken und den Unwillen des Comyn auf sich zu ziehen, um seinen Sohn zu schützen. Laßt diese Erinnerung das Leid lindern.«
Das war ja fast genau das gleiche, was Dyan gesagt hatte, dachte Danilo benommen, und was er gesagt haben würde, wenn er mitgekommen wäre: Sein Vater wagte es seines Sohnes wegen, den Zorn mächtiger Männer zu erregen. Ich hätte ihm ein besserer Sohn sein sollen! Er nahm den zerbröckelnden Erdklumpen, den Regis ihm in die Hand drückte. Wie war es gleich gewesen, als Regis ihn hier in Syrtis aufgesucht hatte? Wir saßen da drüben, dachte er, im Obstgarten, auf dem alten Baumstamm. Zu der Zeit war er noch nicht mehr gewesen als der Sohn eines Kleinbauern, der nicht einmal ein anständiges Hemd besaß. Niemand hatte gewußt, daß er die Ardais-Gabe geerbt hatte. Aber Regis hatte gesagt: Ich mag deinen Vater, Dani. Regis war gekommen, als Dyan darauf hingearbeitet hatte, ihn in Unehren aus dem Kadettenkorps ausstoßen zu lassen. Und Dom Felix war grob zu ihm gewesen.
Danilo sagte, blind vor Schmerz und unfähig, seine Worte richtig zu wählen: »Mein Vater machte sich nichts aus dem Königshof oder aus Reichtum und Macht für sich selbst. Sein ältester Sohn war ihm genommen worden …« Zweimal genommen worden, das erstemal, als mein Bruder Rafael sich entschloß, einem Hastur als dessen geschworener Mann zu folgen, und dann, als er diesem Hastur in den Tod folgte. Und ich versetzte ihm einen Schlag auf diese alte Wunde. Aber … »Aber er ließ mich bereitwillig ziehen, er behielt mich nicht, wie es die meisten anderen Väter getan hätten, an der eigenen Seite, damit ich ihm in der Verborgenheit, die er vorzog, diene. Er ließ mich zuerst zu den Kadetten und dann nach Ardais gehen. Nicht einmal versuchte er, mich zu seinem Trost zu Hause zu behalten. Laßt diese Erinnerung …« Seine Stimme brach, und er konnte kaum beenden: »Das Leid … lindern …«
Seine Finger schlossen sich krampfhaft und zerdrückten den Erdklumpen. Er spürte Regis’ Hand über seiner, und plötzlich war er wie betäubt. Bald würde alles vorbei sein, und diese Leute würden weggehen, und er konnte ins Haus zurückkehren und heiße Suppe trinken … oder heißen Wein, der besser half … und warm werden und schlafen. Der Leichenschmaus wäre vorüber, die Beerdigung wäre vorüber, und er könnte ausruhen.
Bruder Estefan, ein Cristoforo -Mönch, der aus dem Dorf gekommen war, sprach ein paar freundliche Worte am Grab. »…
und wie der Lastenträger das Weltkind über den angeschwollenen Fluß des Lebens trug, so strebte unser dahingegangener Bruder sein ganzes Leben lang danach, seinen Mitmenschen ihre Bürde tragen zu helfen, so gut er konnte. Dom Felix war kein reicher Mann, und einen beträchtlichen Teil seines Lebens verbrachte er in großer Armut, aber viele im Land ringsumher können erzählen, daß sie in seiner Küche zu essen bekommen haben, wenn der Winter hart war, oder daß er seine Männer schickte, Feuerholz in kalte Häuser zu bringen, wenn das alles war, was er zu geben hatte. Einmal kam ich spät zu ihm, nachdem ich Kranke auf seinem Besitz besucht hatte.
Köchin und Verwalter waren zu Bett gegangen, so ließ er mich mit eigenen Händen ein und holte mich an sein Feuer, damit ich mich wärmte, und da seine Köchin, wie er behauptete, ihm ein zu reichliches Abendessen hingestellt habe, goß er einfach die Hälfte seiner Suppe in meine Schüssel und schnitt ein Stück von seinem eigenen Brot ab. Und weil niemand da war, der ein Zimmer für mich zurechtmachen konnte, legte er ein paar Satteldecken als Bett für mich neben das Feuer. Laßt diese Erinnerung das Leid lindern.
Und möge der Herr aller Welten ihn in den gesegneten Reichen willkommen heißen, wo all die Freundlichkeit für ihn aufbewahrt ist, die er, als er noch unter uns weilte, an seine Mitmenschen aufteilte.« Er machte das heilige Zeichen über dem Grab und winkte den Arbeitern, mit dem Zuschütten anzufangen. »So mögen wir in dieser Welt aufhören zu trauern und unserem Bruder erlauben, ungestört durch den Gedanken an unser Leid in das gesegnete Reich zu reisen.
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