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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Höhe des fehlenden Betrags die Sache intern regelten. Und darüber schwiegen wie ein Grab, aus Angst vor negativer Publicity.
    »Unser Geschäftsführer hat mich ermächtigt, die Information an Sie weiterzugeben, jedoch mit der Bitte, uns unverzüglich zu benachrichtigen, falls Danie Flint in irgendeiner Form an einer Straftat beteiligt war.«
    »Selbstverständlich.« Eine Hand wusch die andere.
    »Tatsache ist, dass unser größter finanzieller Verlust im letzten Jahr knapp sechzigtausend betrug. Die Summe wurde in einer unserer Kartenverkaufsstellen entwendet, im Juni. Wir haben es innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach dem Diebstahl bemerkt, die Schuldigen ausfindig gemacht und die Sache innerhalb von zwei Wochen erledigt. Flint war jedoch nicht daran beteiligt.«
    »Sechzigtausend«, wiederholte Joubert, der seine Enttäuschung nicht verbergen konnte.
    »Sie müssen sich bewusst machen, Inspekteur, dass wir mit der modernsten Technik ausgestattet sind. Ich weiß, dass man das von einer Busgesellschaft nicht erwartet, aber wir benutzen die besten verfügbaren Systeme, vor allem, was unsere Finanzen angeht. Bei uns werden täglich die Bilanzen geprüft, so dass wir Unregelmäßigkeiten sofort feststellen. Sogar bei relativ kleinen Beträgen.«
    Er konnte die schlechten Nachrichten noch immer nicht so recht akzeptieren. »Sind Sie ganz sicher, dass keine höheren Beträge verschwunden sind? Vierhunderttausend oder mehr?«
    Ihre Augen weiteten sich ein wenig bei diesem Betrag, aber sie erholte sich rasch. »Nein, ich gebe Ihnen mein Wort.«
    |555| Joubert saß da, und seine ganze Theorie zerbröckelte.
    »Vierhunderttausend? Danie Flint hat vierhunderttausend gestohlen?«, fragte Bessie Heese, und zum erstenmal klang ihre Stimme lebendig.
     
    Er stellte den Honda auf dem Firmenparkplatz ab, ging aber nicht ins Büro. Er verließ die Garage durch den Keller und spazierte durch die Galerie der St. George’s Mall in Richtung Kathedrale. Er hatte keinen Blick für die Straßenverkäufer, die Buden, die Touristen, die Leute, die an den Tischen vor den Restaurants aßen und tranken. Er nahm nicht wahr, dass sich der Strom der Büroangestellten auf dem Weg nach Hause für seine große, breite Gestalt teilte, als er ihnen entgegenkam. Alles, woran er dachte, war die eine große Frage: Woher stammte das Geld?
    Die Statistik gab ihm doch recht, jene allgemeine Regel, die besagte, dass ein Weißer um die dreißig mit einem guten Job und ohne Vorstrafen in erster Linie auf der Arbeit betrog. Diese Theorie basierte auf der universellen Regel, dass man Veranlagung + Milieu + Lebensumstände in Betracht ziehen musste, was den Fahndern in jedem Kriminologiekurs eingebläut wurde. Mit anderen Worten: Der angeborene Hang des Verdächtigen zur Kriminalität plus seine Sozialisierung plus die Gelegenheit machten den Dieb. Und Letzteres spielte in diesem Fall eine besonders wichtige Rolle. Die Gelegenheit.
    Danie Flints Psyche und Prägung hatten ihn dazu determiniert, eine einmalige Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen, wenn sie sich bot. Und das Profil besagte, dass sich eine solche Gelegenheit meist bei der Arbeit bot, denn dort verbrachten die Menschen im Allgemeinen den größten Teil ihrer Zeit. Auf diesem Gebiet lagen seine Kenntnisse, seine Erfahrung, sein Wissen über Programme, Prozeduren und Sicherheitsvorkehrungen, so dass er die Chancen und Risiken genau abwägen konnte.
    Joubert schob seine gesamten bisherigen Annahmen beiseite. Er ging an der Kathedrale vorbei, betrat den Spazierweg durch |556| die Kompanjiestuine und verließ den Park in Richtung Goewermentslaan. Er fing noch einmal ganz bei Null an und versuchte, eine neue Theorie aufzubauen. Er dachte über das Geld nach. Ein ansehnlicher Betrag. Bar. Das war der Schlüsselfaktor: Bargeld. Angestellte betrogen meist mit Schecks, gefälschten Rechnungen, frisierten Kostenvoranschlägen, Internetüberweisungen, geschönten Büchern. Aber nicht mit Bargeld.
    Bei einem Bankraub konnte man eine Bargeldsumme von vierhunderttausend erbeuten. Oder beim Überfall auf einen Geldtransport, einem Casinoraub oder einem Überfall auf eine Rentenauszahlungskasse. Alles andere, wie zum Beispiel Überfälle auf Supermärkte, Restaurants oder Geschäfte, waren nur Peanuts. Sie brachten höchstens zehn-, zwanzig-, dreißigtausend Rand, wenn man Glück hatte.
    Doch Banken, Geldtransporter und Casinos waren nicht Danie Flints Welt. Hier in Südafrika war das die Sparte der

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