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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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beobachteten, wie sich October neben Snyder setzte, seine Miene voller Mitgefühl, die Hände auf dem Tisch. Dann spielte Johnnie seinen Trumpf aus.
    »Willem, ich komme aus Bishop Lavis. Ich weiß, wie das ist. Ich kenne das harte Leben dort und das Leid. Das in deinem Fall noch viel schlimmer war als meines, wegen des Unfalls. Ich wage nicht einmal, daran zu denken, wie schwer es für dich gewesen sein muss. Und ich kann dir auch nicht verübeln, dass du auf die schiefe Bahn geraten bist. Du bist durch die Hölle gegangen. Und mit der Zeit wurde es nur immer schlimmer.«
    »Er ist gut«, bemerkte Butshingi.
    »Ja, das ist er«, pflichtete Joubert ihm bei.
    »Willem, ich weiß, dass irgendwo tief in dir noch das Kind von damals steckt. Da ist noch jemand, der fragt: Warum kann es nicht anders sein? Warum kann ich nicht ein gutes Leben führen? Ein normales Leben. Nun, Willem, ich sage dir, das ist möglich. Wenn du uns heute Abend hilfst, kann ich erreichen, dass du auf Staatskosten ein neues Gesicht bekommst. Dann bringen wir dich ins beste Krankenhaus Südafrikas, zu Ärzten, |595| die alles wieder hinkriegen. Wir geben dir dein Leben zurück, Willem. Dein Leben.«
    Johnnie October ließ ihm Zeit, darüber nachzudenken, bevor er hinzufügte: »Ein neues Gesicht, Willem. Neu und schön.«
    K.D. Snyders reagierte nicht sofort. Es dauerte eine Weile, bis er zum ersten Mal den Kopf drehte. Bis er October ansah. Seine Mundwinkel zogen sich langsam nach oben, zu einem Grinsen.
    Und dann spuckte er verächtlich auf Octobers Hand.

106
    In dem Raum neben dem Vernehmungszimmer fanden sie wieder zusammen, berieten sich, ließen sich Kaffee bringen, analysierten ihre Strategie. Im Hintergrund waren die nächtlichen Gefängnisgeräusche zu hören, hin und wieder der dumpfe Knall einer Metalltür, die zuschlug, ein strenger Befehl über Lautsprecher, die Stimmen der Gefangenen, wie Nachttiere, die einander im Dunkeln riefen.
    Die drei Fahnder brachten gemeinsam über acht Jahrzehnte Berufserfahrung mit und wussten, dass Geduld der einzig gangbare Weg war. Ihre effektivste Waffe war Zeit.
    »Blinde Loyalität«, spekulierte Butshingi.
    October sagte: »So sind sie. Bis in den Tod.«
    »Und er hat keine Angst vor dem Tod.«
    »Manchmal frage ich mich, ob sie nicht sterben wollen. Es ist, als suchten sie die Lebensgefahr.«
    Joubert saß mit den Ellbogen auf den Tisch gestützt da und verarbeitete die Information mit gesenktem Kopf.
    »Was hatten sie auf dieser Straße zu suchen, Johnnie? In der Nähe von Atlantis?«
    »Das ist die Frage, Sup.«
    »Ist das traditionelles Ravens-Gebiet?«
    »Ach, du weißt doch, wie das in den letzten zehn Jahren war, |596| Sup. Nach der Pagad und POCA. Die Anführer wohnen in den Weißenvierteln und werben Mitglieder in den Farbigenvierteln. Dort verkaufen sie auch Tik. Tweetybird hat in Rondebosch gewohnt, Terror und Muhammad Perkins in Rosebank. Sie haben sich in Gegenden wie Atlantis niemals blicken lassen.«
    »Trotzdem war er da.«
    »Mit einem Menschen im Kofferraum seines Wagens.«
    »Auf dem Weg zurück von Atlantis?«
    »Muss nicht sein. Vielleicht haben sie nur einen Platz gesucht, um die Leiche loszuwerden. Weit von ihrem Wohnort entfernt. Vielleicht wollten sie auch jemanden erschießen. An einem Ort, an dem Schüsse nicht weiter auffallen.«
    »Um welchen Schießstand geht es?«, fragte Joubert.
    »Das Militär hat dort einen Übungsplatz«, erklärte October. »Mit allem Drum und Dran. Könnte sein, dass Terror und seine Leute ihn nicht auf Anhieb gefunden haben und drehen mussten. Der Busfahrer hat schließlich ausgesagt, dass das Hinweisschild verschwunden ist.«
    »Die Gegend dort ist sehr sandig«, bemerkte Joubert. »Ideal, um leicht und schnell ein Loch zu graben.«
    »Kann schon sein, Sup, aber das gilt für die gesamte Kaapse Vlakte. Überall Sand …«
    »Sie waren also auf der Suche nach einem Platz weit außerhalb ihres Territoriums, um eine Leiche loszuwerden. Terror Baadjies, sein starker Arm K.D. Snyders und ein Fahrer. Sie kannten sich in der Gegend nicht besonders gut aus, wollten abbiegen, irgendwie von der Straße runter …«
    »Deswegen sind sie so langsam gefahren. Alle drei haben nach einer geeigneten Stelle Ausschau gehalten und nicht gemerkt, dass der Bus dicht hinter ihnen war. Als sie die Abzweigung zum Schießstand verpassten, sagte einer: ›Da hätten wir abfahren müssen‹, und der Fahrer trat auf die Bremse.«
    »Bang! Der Bus knallt ihnen

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