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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Dann nahm ich wieder die Karte zur Hand, um meine neue Theorie zu überprüfen.
    Lourens hatte gesagt, sie seien schon seit Alldays hinter uns. Auf der zweiten längeren Asphaltstrecke seit unserer Abfahrt, im Anschluss an etwa fünfzig Kilometer unbefestigter Straße. Spekulationen lagen mir eigentlich nicht, aber ich kam nicht umhin, ein paar Ideen durchzuspielen. Spekulation Nummer eins: Sie hatten gewusst, wo wir die Nashörner aufluden. Das Straßennetz in Limpopo war zu dicht, als dass sie uns durch Zufall hätten aufspüren können. Was bedeutete, dass mindestens das eine Fahrzeug uns schon von Anfang an verfolgt haben musste. Doch als sie erkannten, dass wir nicht auf den Teerstraßen bleiben würden, mussten sie den Abstand zu uns verringern, damit sie uns nicht verloren, falls wir plötzlich irgendwo abbogen. Deswegen hatte Lourens sie erst so spät bemerkt.
    Spekulation Nummer zwei war die logische Schlussfolgerung: Sie hatten nicht gewusst, welche Route wir wählen würden. Wahrscheinlich hatten sie ebenso wie Floh angenommen, wir würden die N1 einschlagen, alternativ eventuell die R521 nach Polokwane. Ich an ihrer Stelle hätte meine anderen Fahrzeuge – mindestens drei oder vier – hinter Mokopane warten lassen. Vielleicht hinter einer der Mautstationen; ein guter Platz, um ein stehendes Fahrzeug zu überrumpeln, die Hörner abzuschneiden und zu verschwinden.
    Spekulation Nummer drei: Als unsere Strecke von ihren Erwartungen abwich, mussten sie sich neu organisieren. Doch inzwischen musste ihnen klar sein, wie wir fahren wollten – über Vaalwater, Rustenburg und Ventersdorp. Als wir vor zwanzig Minuten zum letzten Mal abgebogen waren, hatten wir ihnen den letzten entscheidenden Hinweis geliefert.
    Spekulation Nummer vier: Im Dunkeln ist gut munkeln. Sie wollten vor Tagesanbruch zuschlagen. Und sie würden jetzt schnell vorgehen müssen, bevor wir eine Polizeidienststelle erreichten.
    |163| Ich kalkulierte die Entfernungen nach Polokwane und Mokopane, berechnete die Durchschnittsgeschwindigkeit und kam jedes Mal zu demselben Ergebnis: Vaalwater. Vor Vaalwater würden sie zum Angriff übergehen müssen. Auf den nächsten fünfzig Kilometern.
    Ich faltete die Karte zusammen und verstaute sie, legte die Glock zwischen Floh und mich auf den Sitz und nahm die MAG7 zur Hand.
    »Wie stark ist der Kuhfänger?«, fragte ich Lourens.
    »Kommt darauf an …«
    »Ich meine, falls wir einen Pkw oder einen Bakkie rammen und beiseiteschieben müssten.«
    »Vor drei Wochen haben wir hinter Middelburg ein Kudu angefahren, da hat sich das Ding so weit zurückgebogen, dass es die Windschutzscheibe eingeschlagen hat.«
    Das war nicht das, was ich hören wollte. »Aber der Motor sitzt hier?«, fragte ich und deutete auf den Buckel unter Floh.
    »Ja, Oom, aber die Kühler liegen vorn. Wenn irgendetwas uns da erwischt, haben wir ein Problem.«
    Floh holte Luft und wollte etwas sagen, schüttelte aber dann den Kopf und schwieg.
    Ich dachte nach. »Wenn wir keine Chance haben, durchzubrechen, werden wir anhalten müssen. Lourens, sie werden versuchen, die Straße zu blockieren. Aber vielleicht haben wir eine Möglichkeit, seitlich auszuweichen und an ihnen vorbeizufahren. Lass dich nicht von den Zäunen abhalten. Wenn das Gelände es zulässt …«
    »Okay.«
    »Du wirst aber nicht viel Zeit haben, eine Entscheidung zu treffen.«
    Er nickte und setzte sich entschlossen vor dem Steuer zurecht.
    Unwillkürlich sah ich in den Rückspiegel. Die Lichter waren wieder da, jetzt sehr viel näher.
    »Sie sind wieder zurück«, bestätigte Lourens.
    |164| »Dann ist es gleich so weit«, sagte ich und entsicherte die MAG7.
    Zweihundert Meter weiter verwandelte sich die Nacht in hellen Tag.

29
    … die Spuren fliehender Tiere deuten auf eine Störung hin. Sollten sich keine Zeichen von Raubtieren finden lassen, entdeckt man dafür häufig früher oder später Hinweise auf menschliche Eindringlinge.
    Die Kunst des Spurenlesens – Einführung: Wilderei
     
    Die grellen Scheinwerfer von vier Fahrzeugen blendeten uns, so dass wir nichts anderes erkennen konnten außer den Felsen auf der linken und dem Abgrund auf der rechten Seite – der perfekte Ort für einen Überfall.
    Lourens stieg in die Bremsen. Ich rief Floh zu, sie solle sich ducken, machte ihr mit den Beinen Platz und suchte fieberhaft nach Möglichkeiten zur Verteidigung. Sollte ich herausspringen, um sie von dem Lkw abzulenken, oder sitzen bleiben, um Lourens und Floh zu

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