Rote Spur
bestellte Salat mit durchgebratenem Haloumi-Käse und einen roten Grapetiser und fragte die Kellnerin, wann das Restaurant schloss. Das käme darauf an, antwortete sie. Normalerweise erst spät, gegen ein Uhr.
Ich las in dem Buch und fragte mich, ob ich mit dem Autor Kontakt aufnehmen und ihm mitteilen sollte, dass es eine neue Generation von Trickbetrügerinnen gab.
Der Grapetiser kam, später der Salat. Ich bestellte ein Pfeffersteak, medium, und fügte hinzu, sie könnten sich ruhig mit dem Servieren noch Zeit lassen.
Keine Spur von dem Bullen.
Gegen halb neun war der Laden voll. Zwei große Tische waren mit Geschäftsleuten belegt, hier und da saßen Familien oder Paare, und dann gab es noch ein paar kleinere Gruppen von Arbeitskollegen sowie einige Sechsertische mit lachenden, schwatzenden Twens, schwarz und weiß, ganz locker im Umgang, als hätte es die Apartheid nie gegeben. In den Einkaufszentren und auf den Straßen konnte man dasselbe beobachten, als verkörpere diese Stadt eine Vision dessen, was aus unserem Land werden konnte, wenn die dunklen Schatten der Armut irgendwann überwunden wären.
Das Steak war perfekt, die Pommes frites waren heiß und frisch, die Beilage aus Mais und gebratenem Paprika war nicht ganz mein Geschmack.
Ich befürchtete allmählich, er würde nicht mehr auftauchen.
Doch um zehn vor neun betraten Inkunzi und seine Entourage das Restaurant – vier junge Frauen, drei Männer. Einen von ihnen erkannte ich wieder. Er hatte zu denen gehört, die in der Waterberg-Nacht auf mich eingetreten hatten.
|258| Sie setzten sich an einen Tisch links von mir. Ich kehrte ihnen den Rücken zu, zog meine Sporttasche näher heran und öffnete den Reißverschluss.
Die MAG7 lag darin. Für alle Fälle.
Sie lärmten. Lachten, redeten, prahlten. Führten sich auf, als seien sie hier zu Hause.
Ich verzehrte mein Hauptgericht, lehnte ein Dessert ab, bat um die Rechnung und bezahlte am Tisch.
Ich hob die Tasche auf, schwang sie über die Schulter, so dass ich das Gewehr jederzeit hätte greifen können, und ging ruhig hinaus, ohne sie anzusehen.
Sein Auto war nicht schwer zu erkennen. Ein schwarzer BMW X5 mit auffälligen Felgen. Das Kennzeichen lautete INKUNZI. Ein bescheidener Mann.
Nirgendwo waren Bodyguards oder Wachtposten zu sehen. Ich setzte mich an den Springbrunnen am Village Walk, rief mit dem Handy bei dem Taxiunternehmen an und bestellte einen Wagen. Ich holte die Baseballkappe aus der Tasche, zog den Schirm tief ins Gesicht und setzte die Brille auf. Zehn Minuten später kam das Taxi. Ich stieg ein und bat den Fahrer, sich so hinzustellen, dass ich das Innere des Restaurants beobachten konnte.
»Das Taxameter läuft«, gab er zu bedenken.
»Lassen Sie es laufen.«
Ich nannte ihm Inkunzis Adresse. »Wissen Sie, wo das ist?«
Er zeigte auf das Navi an der Windschutzscheibe. »Ich weiß, wo alles ist«, sagte er und gab die Adresse ein. Das Instrument zeigte an, dass das Haus 6,9 Kilometer von unserem Standort entfernt lag, errechnete Fahrzeit: vierzehn Minuten.
»Wenn ich Ihnen das Signal gebe, müssen wir uns beeilen.«
»Yebo.«
Alles schon mal gesehen, alles schon mal gehört. Das war Johannesburg.
Zehn Minuten später fragte er, ob er das Radio einschalten dürfe.
Natürlich, sagte ich. Er schaltete einen Sender mit Kwaito-Musik ein, machte es sich bequem und hörte gelassen zu.
|259| Um halb elf fragte er mich: »Frauenprobleme?«
»Ja.«
»Willkommen im Club«, seufzte er.
Um Viertel vor elf sah ich Inkunzi und sein Gefolge auf die Tür zugehen.
»Los!«, sagte ich.
Er ließ den Motor an, fuhr sofort los und folgte den Anweisungen des Navigationsgeräts, rasch und sicher, ohne die Geschwindigkeitsbegrenzung zu überschreiten.
Die Straßen von Gallo Manor lagen still da. Die Anwohner saßen geschützt hinter ihren Mauern und Alarmanlagen.
Unterwegs sahen wir zwei Fahrzeuge von privaten Sicherheitsfirmen auf Patrouille. Keines schenkte uns besondere Beachtung.
»Da drüben«, sagte ich, deutete auf den dunklen Schatten eines der Bäume am Straßenrand und zog meine Tasche heran.
Die Fahrt kostete 265 Rand. Ich gab dem Fahrer 350. »Kauf ihr ein paar Rosen. Bei mir funktioniert das«, sagte ich, bevor ich ausstieg.
»Sieht zwar nicht so aus, aber trotzdem danke.« Er warf nur einen flüchtigen Blick auf die schwarze Tasche in meiner Hand, schüttelte den Kopf und fuhr los.
46
Um sich einem Tier zu nähern, müssen sich Spurenleser nicht nur vor diesem
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