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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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man also die entsprechenden Informationen an die Medien weitergeleitet. Graham überraschte das nicht weiter. Schließlich sollte sich die Donnerstagsausgabe gut verkaufen.
Er machte sich einen dritten Martini und rief Molly an.
Sie hatte die Sechs- und die Zehn-Uhr-Nachrichten gesehen und den Tattler gelesen. Folglich wußte sie auch, daß Graham den Lockvogel gespielt hatte.
»Das hättest du mir sagen sollen, Will.«
»Schon möglich. Ich hielt es trotzdem für besser, dir nichts davon zu erzählen.«
»Wird er nun versuchen, dich umzubringen?«
»Früher oder später. Im Augenblick dürfte das allerdings nicht ganz einfach für ihn sein, da ich ständig auf Achse bin. Außerdem werde ich rund um die Uhr bewacht, Molly, was er sehr wohl weiß. Du brauchst dir also keine Sorgen um mich zu machen.«
»Du sprichst etwas schleppend. Hast du etwa deinem Freund im Kühlschrank einen kleinen Besuch abgestattet?«
»Ja, ich hab’ mir schon ein paar Martinis genehmigt.«
»Wie fühlst du dich gerade?«
»Ziemlich mies.«
»In den Nachrichten hieß es, der FBI hätte diesem Reporter keinerlei Schutz gewährt.«
»Er sollte eigentlich bei Crawford sein, bis die Zahnschwuchtel den Tattler in die Hände hätte bekommen können.«
»In den Nachrichten nennen sie ihn jetzt übrigens den Drachen.«
»Weil er sich selbst so bezeichnet.«
»Will, ich möchte... ich möchte mit Willy fort von hier.«
»Und wohin?«
»Zu seinen Großeltern. Sie haben ihn schon länger nicht mehr gesehen und würden sich bestimmt freuen, ihn bei sich zu haben.«
»Aha. Hm.«
Die Eltern von Willys Vater hatten in Oregon an der Küste eine Farm.
»Hier fühle ich mich einfach nicht wohl. Ich weiß zwar, daß wir hier eigentlich nichts zu befürchten haben dürften - trotzdem schlafen wir nicht gerade viel. Vielleicht haben mich auch die Schießübungen nervös gemacht. Ich weiß auch nicht.«
»Das tut mir schrecklich leid, Molly.« Wenn ich dir nur sagen könnte, wie leid.
»Du wirst mir sehr fehlen. Und auch Willy.«
Sie war also bereits fest entschlossen.
»Wann willst du los?«
»Morgen früh.«
»Und was ist mit dem Geschäft?«
»Das wird alles Evelyn regeln. Ich werde die Bestellung für die Herbstkollektion unterschreiben, und sie kann dann den Gewinn behalten.«
»Und die Hunde?«
»Ich habe sie gebeten, deswegen bei der Stadtverwaltung anzurufen. Allerdings fürchte ich, daß sie ein paar von ihnen wegschaffen werden. Es tut mir wirklich leid, Will.«
»Molly, ich -«
»Wenn ich irgendein Unheil von dir abwenden könnte, indem ich hier bliebe, würde ich ganz bestimmt bleiben. Aber leider kann ich dir nicht helfen, Will. Zumindest brauchst du dir unseretwegen keine Sorgen mehr zu machen, wenn wir bei Willys Großeltern sind. Ich kann doch nicht für den Rest meines Lebens mit dieser gottverfluchten Pistole herumlaufen, Will.«
»Du kannst ja hin und wieder nach Oakland fahren und dir mit Willy ein Baseballmatch ansehen.« Was rede ich nur für einen Unsinn, aber dieses Schweigen begann sich allmählich einfach zu lange hinzuziehen.
»Na ja, ich werde dich dann anrufen, oder vielleicht ist es besser, wenn du anrufst.«
Graham fühlte etwas in sich reißen. Ihm stockte der Atem.
»Laß mich deine Tickets übers Büro hier reservieren. Oder hast du das bereits selbst gemacht?«
»Ja, aber ich habe einen anderen Namen genannt. Ich dachte, die Presse könnte vielleicht...«
»Gut, sehr gut. Laß mich dafür sorgen, daß dich jemand in die Maschine bringt. Du brauchtest dann nicht durch die Kontrolle und könntest vollkommen unbemerkt aus Washington verschwinden. Darf ich das wenigstens veranlassen? Bitte. Wann geht deine Maschine?«
»Um neun Uhr vierzig. Flug 118 mit American.«
»Gut, neun Uhr vierzig also... hinter dem Smithsonian. Dort ist ein Parkhaus. Stell den Wagen dort ab. Einer unserer Leute wird dort auf dich warten. Er wird seine Uhr an sein Ohr halten, wenn er aus seinem Wagen steigt. Klar?«
»Ja, in Ordnung.«
»Steigst du eigentlich am O’Hare um? Ich könnte rausfahren und -«
»Nein. Wir steigen in Minneapolis um.«
»Ach, Molly. Vielleicht kann ich ja nach Oregon hochkommen und euch abholen, wenn alles vorüber ist.«
»Das wäre wundervoll.«
Wundervoll.
»Hast du auch genügend Geld?«
»Die Bank überweist mir telegrafisch welches.«
»Wie bitte?«
»Zu der Zweigstelle von Barclay’s am Flughafen. Keine Sorge, das geht schon in Ordnung.«
»Du wirst mir sehr fehlen.«
»Du mir auch. Allerdings wird es auch nicht anders sein

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