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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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darüber liegen die Trümmer eines Sparschweins. Dann ist der Vater zu sehen, wie er das Schild mit der Aufschrift ›Zu verkaufen‹ aus dem Rasen des Vorgartens zieht. Er hält es hoch und grinst verlegen in die Kamera. Seine Hosentaschen sind nach außen gestülpt.
Eine lange, verwackelte Einstellung auf die Mutter und die drei Kinder auf der Eingangstreppe. Es ist ein schönes Haus. Schnitt auf den Swimmingpool. Ein Kind, klein und mit rosigem Gesicht, patscht um das Sprungbrett und hinterläßt nasse Fußabdrücke auf den Fliesen. Köpfe tauchen aus dem Wasser auf. Ein kleiner Hund, die Ohren angelegt, die Lefzen aus dem Wasser gereckt, das Weiße der Augen hervortretend, paddelt auf die Tochter zu.
Die Mutter hält sich im Wasser an der Leiter fest und schaut zur Kamera hoch. Ihr gelocktes Haar weist den schimmernden Glanz von Pelz auf, ihr Busen schwillt wasserbeperlt über den Ausschnitt ihres Badeanzugs, ihre Beine vollführen, durch das Wasser leicht verzerrt, gemächliche Grätschbewegungen.
Nacht. Eine schlecht belichtete Einstellung über den Swimmingpool auf das erleuchtete Haus, dessen Lichter sich im Wasser spiegeln.
Dann Innenaufnahmen von der herumalbernden Familie. Überall Umzugskisten. Eine alte Truhe, noch nicht auf dem Dachboden verstaut.
Eine kleine Tochter probiert Großmutters Kleider an. Sie hat einen breitkrempigen Hut für ein Gartenfest auf. Der Vater sitzt auf der Couch. Er wirkt leicht beschwipst. Jetzt bedient wohl er die Kamera. Der Bildausschnitt ist etwas schief. Die Mutter steht mit dem Hut vor dem Spiegel.
Die Kinder tollen um sie herum; die Jungen lachen und zupfen an ihren alten Klamotten. Das Mädchen dagegen betrachtet die Mutter aufmerksam, als taxierte sie bereits ihr künftiges Äußeres.
Eine Nahaufnahme. Die Mutter dreht sich herum und wirft sich mit einem strahlenden Lächeln, die Hand dabei in den Nacken gelegt, für die Kamera in Pose. Sie sieht bezaubernd aus. Am Hals trägt sie eine Kamee.
Dolarhyde läßt diese Einstellung stehen. Dann spult er den Film zurück. Immer und immer wieder wendet sie sich vom Spiegel ab und lächelt in die Kamera.
Gedankenversunken greift Dolarhyde nach dem Film mit dem Baseballspiel und wirft ihn in den Abfallkorb. Dann nimmt er die Filmspule vom Projektor und sieht sich das Etikett mit der Adresse an: Bob Sherman, Star Route 7, Postfach 603, Tulsa, Oklahoma.
Auch gar nicht so weit zu fahren.
Dolarhyde wiegt die Filmspule in seiner Hand und legt dann seine andere darauf, als wollte er ein kleines Lebewesen festhalten, das zu fliehen versuchte. Die Spule scheint wie eine Grille gegen seine Handflächen zu hüpfen.
Dabei fällt ihm wieder die Hektik ein, die überstürzte Hast, die sich im Haus der Leeds breitgemacht hatte, sobald die Lichter angegangen waren. Er hatte sich Mr. Leeds’ annehmen müssen, bevor er Gelegenheit gefunden hatte, die Scheinwerfer für die Kamera einzuschalten.
Dieses Mal wollte er dafür sorgen, daß die Sache etwas glatter über die Bühne ging. Es würde herrlich sein, sich zwischen die Schlafenden zu legen, während die Kamera bereits lief, und sich eine Weile an sie zu kuscheln. Und dann würde er im Dunkeln zuschlagen und sich zufrieden und besudelt zwischen ihnen aufsetzen.
Er konnte alles mit Infrarotfilm aufnehmen, und er wußte auch, wo er sich solchen beschaffen konnte.
Der Projektor ist noch an. Dolarhyde sitzt da und hält den Film zwischen seinen Händen, während zu den lang gedehnten Seufzern des Winds andere Bilder über die blendend weiße Leinwand huschen.
In ihm sind keinerlei Rachegefühle - nur Liebe und Gedanken an den kommenden Ruhm; Herzen, die schwächer werdend schneller schlagen wie in die Stille entfliehende Schritte.
Und er außer sich. Er ist vollkommen außer sich, überströmend vor Liebe, während die Shermans sich ihm öffnen.
Die Vergangenheit hat keinerlei Bedeutung für ihn; nur der kommende Ruhm zählt. Er denkt nicht einmal an das Haus seiner Mutter zurück. Im Gegenteil, seine bewußten Erinnerungen an diese Zeit sind außergewöhnlich spärlich und verschwommen.
Nachdem Dolarhyde die 20 überschritten hatte, waren die Erinnerungen an das Haus seiner Mutter teilweise sogar ganz aus seinem Gedächtnis verschwunden, hinterließen lediglich eine schwache Spur auf der Oberfläche seines Denkens.
Er wußte, daß er dort nur einen Monat gelebt hatte. Allerdings konnte er sich nicht mehr erinnern, daß er im Alter von neun Jahren ins Heim geschickt worden war, nachdem er

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