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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Fliesen unter Ihren Füßen spüren. Dort werden Sie links von sich einen Hocker finden.«
Er tat, wie ihm geheißen, und ließ sich auf den Hocker nieder. Er war ihr nun näher und konnte das leise Knistern ihrer Laborschürze hören.
»Schön, daß Sie gekommen sind.« Sie hatte eine klare Stimme, mit einem leicht metallischen Klang. »Sie sind doch der Leiter der Entwicklungsabteilung drüben im Haupttrakt?«
»Mhm.«
»Eben der ›Mr. D. ‹, der ordentlich Dampf macht, wenn die Bestellungen falsch eingeordnet werden?«
»Genau der.«
»Ich bin Reba McClane. Hoffentlich gibt es hier bei uns nichts zu beanstanden.«
»Mich betrifft das hier alles nicht mehr. Ich habe nur die Planung der Dunkelkammer geleitet, als wir die Firma gekauft haben. Ich war hier schon über ein halbes Jahr nicht mehr.« Für seine Verhältnisse waren das ungewöhnlich viele Worte; doch im Dunklen hatten er nicht solche Hemmungen.
»Nur noch eine Minute, dann können wir Licht machen. Brauchen Sie ein Bandmaß?«
»Ich habe eines dabei.«
Dolarhyde fand es durchaus reizvoll, sich im Dunkeln mit der Frau zu unterhalten. Er hörte, wie sie in ihrer Handtasche wühlte, gefolgt vom Aufschnappen einer Puderdose.
Mit Bedauern nahm er das Signal des Weckers zur Kenntnis.
»So«, sagte sie. »Jetzt werde ich den ganzen Krempel in das Schwarze Loch packen.«
Er spürte einen kühlen Lufthauch auf seiner Haut und hörte, wie sich eine gummigedämpfte Tür schloß, gefolgt vom Zischen einer Vakuumverriegelung. Ein Lufthauch, durchwebt von einem frischen, weiblichen Duft, als sie an ihm vorbeiging.
Dolarhyde legte seinen Fingerknöchel an seine Oberlippe, setzte seine nachdenkliche Miene auf und wartete, daß das Licht anging.
Und dann sah er sie. Sie stand an der Tür und lächelte ungefähr in die Richtung, in der er saß. Ihre Augen machten kleine, willkürliche Bewegungen hinter den geschlossenen Lidern.
In der Ecke sah Dolarhyde ihren weißen Stock lehnen. Er nahm seine Hand vom Gesicht und lächelte. »Dürfte ich vielleicht eine von Ihren Pflaumen haben?« fragte er. Auf der Theke, an der sie gesessen hatte, lagen mehrere.
»Natürlich. Sie sind wirklich gut.«
Reba McClane war etwa 30 und hatte ein anziehendes, markantes Gesicht, das Entschlossenheit ausstrahlte. Ihren Nasenrücken zierte eine kleine sternförmige Narbe. Ihr Haar war eine Mischung aus Weizen und Rotgold. Der Pagenschnitt wirkte etwas außer Mode. Gesicht und Hände hatte die Sonne mit reizenden Sommersprossen gesprenkelt. Jedenfalls wirkte sie inmitten der sterilen Atmosphäre der Dunkelkammer wie ein strahlender Herbsttag.
Er konnte sie hemmungslos betrachten. Sein Blick tastete sie ebenso ungehindert ab wie die Luft. Sie hatte keine Möglichkeit, sich gegen zudringliche Blicke zur Wehr zu setzen. Dolarhyde spürte häufig warme, manchmal sogar stechende Punkte auf seiner Haut, wenn er mit einer Frau sprach. Sie zeigten ihm die Stellen an seinem Körper an, über die, wie er glaubte, die Blicke seiner jeweiligen Gesprächepartnerin gerade glitten. Und selbst wenn eine Frau den Blick abwandte, argwöhnte er, daß sie irgendwo sein Spiegelbild sah. Er achtete immer peinlichst genau auf reflektierende Oberflächen und wußte genauestens über Brechungswinkel Bescheid.
Doch jetzt war seine Haut ganz kühl. Ihre war sommersprossig und sowohl an der Kehle wie an den Innenseiten ihrer Handgelenke von einem leichten Perlmuttschimmer überzogen.
»Ich zeige Ihnen den Raum, wo er ihn haben will«, erklärte sie. »Aber vorher können wir ihn ja noch abmessen.«
Das taten sie.
»Dürfte ich Sie vielleicht noch um einen Gefallen bitten«, fragte Dolarhyde, als sie damit fertig waren.
»Aber natürlich.«
»Ich brauchte etwas Infrarotfilm, und zwar hochempfindlichen, bis zu etwa eintausend Nanometer.«
»Den müssen Sie aber im Kühlschrank aufbewahren und auch nach der Belichtung kalt lagern.«
»Ich weiß.«
»Wenn Sie mir vielleicht sagen könnten, wie die näheren Bedingungen sind, damit ich Ihnen das passende -«
»Aufnahmeabstand etwa zweieinhalb Meter, mit einem Paar Wratten-Filter über den Lampen.« Das klang zu sehr nach einer Observation. »Für den Zoo«, fügte er deshalb rasch hinzu. »Sie wollen dort verschiedene Nachtlebewesen filmen.«.
»Die müssen es aber verdammt dunkel mögen, wenn Sie dafür keinen handelsüblichen Infrarotfilm verwenden können.«
»Mmmm-hmmmmm. «
»Ich bin mir sicher, daß wir etwas Brauchbares für Sie haben. Sie wissen jedoch, daß eine Menge

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