Roter Drache
die für ihn eingegangenen Anrufe notierte.
»Leider hatte ich nicht Gelegenheit, gestern schon mit Ihnen zu sprechen, als Sie hier eingetroffen sind«, wandte Springfield sich an Graham. »Bei uns ist zur Zeit der Teufel los. Ihr Vorname war doch Will, ist das richtig? Haben sich meine Jungs anständig um Sie gekümmert?«
»Ja, ich kann mich nicht beklagen.«
»Bisher stehen wir ganz schön dumm da, und das ist uns nur zu deutlich bewußt«, fuhr Springfield fort. »Aber wir haben zumindest aufgrund seiner Fußabdrücke in einem Blumenbeet ein paar Rückschlüsse ziehen können, die sich auf seine Schuhnummer und seine Größe beziehen. Aber damit hat es sich dann auch schon. Der linke Abdruck ist etwas tiefer. Möglicherweise hat er etwas getragen. Eine reine Fleißarbeit. Immerhin konnten wir vor ein paar Jahren aufgrund einer solchen Fußabdruckanalyse einen Einbrecher fassen; sie ergab nämlich, daß der Betreffende an der Parkinsonschen Krankheit litt. Princi hat das herausgefunden. Diesmal hatten wir allerdings kein Glück.«
»Jedenfalls haben Sie hervorragende Leute«, bemerkte Graham.
»Das kann man wohl sagen. Nur handelt es sich bei diesem Fall um einen Tatbestand etwas außerhalb der Reihe. Übrigens Gott sei Dank, kann ich dazu nur sagen.
Um das ein für allemal klarzustellen: Arbeiten Sie eigentlich ständig zusammen - ich meine Sie und Jack und Dr. Bloom -, oder trifft das nur für solche ungewöhnlichen Fälle zu?«
»Nur in solchen ungewöhnlichen Fällen.«
»Toller Grund für ein Wiedersehen. Der Kommissar hat mir übrigens erzählt, Sie wären es gewesen, der vor drei Jahren Lecter gefaßt hat.«
»Wir haben mit der gesamten Polizei von Maryland zusammengearbeitet«, erwiderte Graham. »Festgenommen wurde er von ein paar State Troopern.«
Springfield mochte ja ziemlich direkt sein, aber unsensibel war er deswegen keineswegs. Er spürte, wie Graham unbehaglich wurde. Er schwenkte mit seinem Stuhl ein Stück herum und griff nach einem Stapel Unterlagen.
»Sie haben sich doch nach dem Hund erkundigt. Hier ist die Akte. Gestern abend hat ein Tierarzt von hier Leeds’ Bruder angerufen. Er hatte den Hund. Leeds und sein ältester Sohn hatten ihn an dem Nachmittag, bevor sie getötet wurden, zu besagtem Tierarzt gebracht. Er hatte eine Stichwunde im Bauch. Er wurde operiert und befindet sich bereits wieder auf dem Wege der Besserung. Der Tierarzt dachte erst, der Hund wäre angeschossen worden; allerdings konnte er keine Kugel finden. Deshalb geht er davon aus, daß dem armen Vieh die Verletzung mit einem Eiszerkleinerer oder einer Ahle beigebracht wurde. Wir hören uns bei den Nachbarn um, ob ihnen jemand aufgefallen ist, der sich an dem Hund zu schaffen gemacht hat; außerdem rufen wir heute noch sämtliche Tierärzte an, um uns nach möglichen anderen Fällen von Tiermißhandlungen zu erkundigen.«
»Trug der Hund ein Halsband mit dem Namen Leeds darauf?«
»Nein.«
»Hatten die Jacobis in Birmingham einen Hund?« wollte Graham weiter wissen.
»Das sollte sich eigentlich feststellen lassen, wenn Sie sich einen Moment gedulden.« Springfield wählte eine dreistellige Nummer. »Lieutenant Flatt ist unser Kontaktmann in Birmingham... ja, Flatt. Hatten die Jacobis einen Hund? Mhm... mhm. Einen Augenblick.« Er legte seine Hand auf den Hörer. »Keinen Hund. Aber sie haben im Bad im Erdgeschoß eine Kiste mit Katzenstreu gefunden. Von der dazugehörigen Katze fehlt allerdings jede Spur. Die Nachbarn halten nach ihr Ausschau.«
»Könnten Sie die Kollegen in Birmingham ersuchen, sich noch einmal genauestens auf dem Grundstück und in der näheren Umgebung des Hauses umzusehen. Falls die Katze verletzt war, haben die Kinder sie vielleicht erst gefunden, als sie schon tot war, und sie dann begraben. Sie wissen ja, wie das bei Katzen ist. Sie verkriechen sich zum Sterben. Hunde dagegen kommen gleich angelaufen. Und könnten Sie außerdem noch anfragen lassen, ob die Katze ein Halsband trug?«
»Sagen Sie ihnen auch: Falls sie eine Methan-Sonde brauchen, können wir ihnen eine schicken«, schaltete sich Crawford ein. »Dann müssen sie nicht den ganzen Garten umgraben.«
Springfield leitete die Bitte weiter. Kaum hatte er aufgehängt, läutete das Telefon bereits wieder. Der Anruf war für Jack Crawford. Von Jimmy Price im Lombard Bestattungsinstitut. Crawford nahm den Hörer eines Anschlußapparats ab und drückte auf den Durchstellknopf.
»Jack, ich habe einen Teilabdruck, bei dem es sich vermutlich um
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