Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
Als ich im Krankenhaus lag, kam er an und -«
»Ich weiß«, sagte Crawford. »Eigentlich hätte ich dich wirklich nicht zurückhalten sollen.« Crawford erinnerte sich nur zu deutlich an das Foto im National Tattler. Nach Abschluß des Falles Lecter hatte Lounds sich in Grahams Krankenzimmer geschlichen, gerade als dieser schlief. Er schlug die Bettdecke zurück und machte ein Foto von Grahams provisorischer Kolostomie, das dann die Zeitung mit einem schwarzen Balken über Grahams Geschlechtsteil veröffentlichte. Die Bildunterschrift lautete: »Das ist aus dem tollkühnen Polizisten geworden.«
In der Cafeteria war es hell und sauber. Grahams Hände zitterten, und aus seiner Tasse schwappte etwas Kaffee in den Unterteller.
Er bemerkte, wie der Rauch von Crawfords Zigarette ein Paar am nächsten Tisch störte. Die beiden aßen in säuerlichem Schweigen, und ihre allgegenwärtige Frustration hing mit dem Zigarettenqualm in der Luft.
An einem Tisch neben der Tür stritten zwei Frauen, offensichtlich Mutter und Tochter. Sie sprachen sehr leise, aber ihre Wut verschaffte sich dafür in ihren häßlich verzerrten Mienen Ausdruck. Graham konnte ihre Verbitterung in Gesicht und Nacken spüren.
Crawford beklagte sich, daß er am nächsten Morgen in Washington vor Gericht als Zeuge auftreten mußte. Er befürchtete, daß er wegen der Gerichtsverhandlung mehrere Tage in Washington würde bleiben müssen. Als er sich eine frische Zigarette anzündete, spähte er über ihre Glut hinweg auf Grahams Hände und seine Gesichtsfarbe.
»In Atlanta und Birmingham können sie den Daumenabdruck mit ihren Sexualtäterkarteien vergleichen«, fuhr Crawford fort. »Dasselbe werden wir machen. Es wäre nicht das erste Mal, daß Price mit einem einzigen Abdruck fündig wird. Er wird den Daumenabdruck in den Finder eingeben - wir haben auf diesem Gebiet einige Fortschritte gemacht, seit du bei uns aufgehört hast.«
Finder, das automatische Fingerabdruckverarbeitungsprogramm des FBI, war möglicherweise imstande, den Daumenabdruck mit den Fingerabdrücken irgendeines anderen Falls in Verbindung zu bringen, der vordergründig überhaupt nichts mit diesem zu tun hatte.
»Falls wir den Kerl schnappen sollten, werden dieser Abdruck und seine Zähne genügen, um ihm die Tat anzulasten«, fuhr Crawford fort. »Darüber hinaus ist folgendes zu tun: Wir müssen uns weiter Gedanken machen, was er sein könnte. Wir werden dabei ein ziemlich weites Feld abgrasen müssen. Nur mal angenommen, wir hätten eine dringend verdächtige Person festgenommen. Du kommst also an und siehst dir den Kerl an. Was hätte er wohl an sich, das dich nicht überraschen würde?«
»Keine Ahnung, Jack. Verdammt noch mal, er hat bis jetzt jedenfalls noch keine erkennbare Gestalt für mich angenommen. Wir könnten eine Menge Zeit damit verbringen, nach Leuten zu suchen, die wir erfunden haben. Hast du schon mit Bloom gesprochen?«
»Ja, ich habe gestern abend mit ihm telefoniert. Bloom bezweifelt, daß er selbstmörderische Tendenzen aufweist, und eine ähnliche Auffassung vertritt auch Heimlich. Bloom war lediglich am ersten Tag nach der Tat ein paar Stunden hier, aber er und Heimlich haben die vollständige Akte vorliegen. Bloom hält diese Woche eine Reihe von Rigorosa für seine Doktoranden ab. Er läßt dich schön grüßen. Hast du eigentlich seine Nummer in Chicago?«
»Ja.«
Graham mochte Dr. Alan Bloom, einen kleinen, rundlichen Mann mit traurigen Augen, einen hervorragenden Gerichtspsychiater, der vielleicht sogar der Beste seines Fachs war. Graham rechnete es Dr. Bloom hoch an, daß er nie irgendeine Form von beruflichem Interesse an ihm gezeigt hatte, was bei Psychiatern keineswegs eine Selbstverständlichkeit war.
»Bloom meint, es würde ihn nicht im geringsten überraschen, wenn wir irgendwann von unserer Zahnschwuchtel hören würden. Er hält es keineswegs für ausgeschlossen, daß er uns eines Tages einen Brief schreibt«, fuhr Crawford fort.
»Du meinst wohl, an die Wand eines Schlafzimmers.«
»Bloom ist der Ansicht, daß er möglicherweise in irgendeiner Form entstellt oder verkrüppelt ist oder sich das zumindest einbildet. Allerdings hat er mir geraten, dem keine weitere Bedeutung beizumessen. ›Ich möchte Ihnen keinesfalls ein Phantom entwerfen, Jack, dem Sie dann hinterherjagen‹, war, was er mir dazu gesagt hat. ›Das würde Sie nur ablenken und Ihre Bemühungen zerstreuen.‹ Darauf hinzuweisen, hätte er während der Ausbildung gelernt, hat er

Weitere Kostenlose Bücher