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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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dazu schließlich noch bemerkt.«
»Damit hat er durchaus recht«, nickte Graham.
»Irgend etwas muß dir doch über diesen Kerl schon klar geworden sein, Will; sonst wärst du doch nicht auf diese Sache mit den Fingerabdrücken gekommen«, begann Crawford zu bohren.
»Das war doch lediglich wegen der Blutspuren an den Wänden, Jack. Versuche bitte nicht, mir deshalb schon wieder außergewöhnliche Fähigkeiten anzudichten. Erwarte dir also um Himmels willen nicht zu viel von mir, ja?«
»Wir werden ihn schon schnappen. Du weißt doch bereits, daß wir ihn schnappen werden, oder etwa nicht?«
»Ja, dessen bin ich mir allerdings sicher. Und zwar so oder so.«
»Und an welche Möglichkeiten hast du dabei genauer gedacht?«
»Indem wir zum Beispiel auf Spuren stoßen, die wir bisher übersehen haben.«
»Oder?«
»Oder er tut es immer wieder, bis er eines Nachts zu viel Lärm macht, so daß der Familienvater noch rechtzeitig seine Kanone holen kann.«
»Und eine dritte Möglichkeit gibt es nicht?«
»Denkst du etwa, ich würde ihn inmitten einer Menschenmenge erkennen? Nein, das mag vielleicht Ezio Pinzas Bier sein, aber nicht meines. Dieser Irre wird so lange weitermachen, bis wir entweder einen glänzenden Einfall oder verdammt viel Glück haben. Jedenfalls wird er nicht von allein Schluß machen.«
»Warum?«
»Weil ihm die Sache wirklich Spaß macht.«
»Siehst du, du weißt also doch schon etwas über ihn«, triumphierte Crawford.
Graham sagte nichts mehr, bis sie das Lokal verlassen hatten. »Wart erst mal ab bis zum nächsten Vollmond«, erklärte er dann. »Vielleicht erzählst du mir dann ja noch mal, wieviel ich über ihn weiß.«
Graham ging in sein Hotel zurück, um zweieinhalb Stunden zu schlafen. Mittags stand er auf, duschte und bestellte eine Kanne Kaffee und ein Sandwich aufs Zimmer. Es war an der Zeit, sich in aller Gründlichkeit dem Studium der Jacobi-Akte aus Birmingham zu widmen. Er putzte mit der Hotelseife seine Lesebrille und ließ sich mit den Unterlagen am Fenster nieder. Während der ersten paar Minuten sah er noch bei jedem Geräusch auf - wenn auf dem Flur Schritte zu hören waren oder das schwache, gedämpfte Zuschlagen der Lifttür. Doch dann gab es für ihn nur noch die vor ihm liegende Akte. Der Zimmerkellner mit dem Frühstück klopfte und wartete, klopfte und wartete. Als sich daraufhin noch immer nichts rührte, ließ er das Mittagessen vor der Tür stehen und unterschrieb die Rechnung selbst.

4. K APITEL

    H oyt Lewis, Stromzählerableser der Georgia Power Com pany, parkte seinen Kombi unter einem großen Baum in der Durchfahrt und griff nach der Blechschachtel mit seinem Mittagessen. Seit er sich seine Brote selbst schmieren mußte, machte es ihm keinen Spaß mehr, sie auszupacken. Keine Briefchen mehr mit ein paar netten Worten, keine kleinen Überraschungen.
    Er hatte sein Sandwich etwa zur Hälfte gegessen, als ihn eine
    laute Stimme dicht neben ihm zusammenzucken ließ. »Sicher habe ich diesen Monat für tausend Dollar Strom verbraucht, was?« Lewis drehte sich herum und sah in der Fensteröffnung seines Kombi das rote Gesicht von H. G. Parsons. Parsons trug Bermuda-Shorts und hielt einen Besen in der Hand.
    »Ich hab’ leider nicht verstanden, was Sie gesagt haben.« »Sie werden sicher behaupten, daß ich diesen Monat für tausend Dollar Strom verbraucht habe. Haben Sie mich jetzt verstanden?«
»Ich weiß nicht, wieviel Strom Sie verbraucht haben, weil ich nämlich Ihren Zähler noch nicht abgelesen habe, Mr. Parsons. Und wenn ich ihn abgelesen habe, trage ich den Zählerstand hier ein.« Lewis deutete auf eine Verbraucherliste, die auf dem Armaturenbrett lag.
Parsons war erbittert über die Höhe der Zahlungsforderungen. Er hatte bereits bei der Elektrizitätsgesellschaft Beschwerde eingereicht.
»Ich führe genauestens über meinen Stromverbrauch Buch«, brachte Parsons weiter vor. »Und wenn das nicht bald anders wird, gehe ich damit vor Gericht.«
»Wenn Sie wollen, können wir Ihren Zähler doch gemeinsam ablesen. Kommen Sie am besten gleich mit -«
»Ich weiß, wie man einen Zähler abliest. Und Sie könnten es vermutlich auch, wenn es nicht so viel Mühe machen würde.«
»Jetzt aber mal halblang, Parsons.« Lewis stieg aus. »Allmählich reicht’s mir. Letztes Jahr haben Sie einen Magneten an ihrem Zähler befestigt. Ihre Frau hat gesagt, Sie lägen im Krankenhaus; deshalb habe ich ihn einfach abgenommen und nichts weiter gesagt. Als Sie dann allerdings letzten

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