Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
herausgefunden hatten, welches Bild
er verschluckt hat, hat sich unverzüglich die Sonderabteilung
für Kunstdiebstähle eingeschaltet. Sie haben zwei partielle Fingerabdrücke von dem Plastikabzeichen, das er im Museum
bekam; sie haben sie vor kurzem an Price weitergeleitet. Als
Price sie sich dann vergrößert angesehen hat, hat er es gleich
ordentlich läuten gehört. Zwar war mit ihrer Hilfe keine Identifizierung möglich, aber es war derselbe Daumenabdruck wie
auf dem Augapfel des einen Leeds-Jungen.«
»In New York«, murmelte Graham. »Das hat rein gar nichts
zu bedeuten, daß er heute in New York war. Er könnte trotzdem bei Gateway arbeiten. Und falls dem so ist, müßte er heute
Urlaub genommen haben. Das macht es uns sogar wesentlich
einfacher.«
»Was für ein Bild hat er denn gegessen?«
»Ein Aquarell mit dem Titel Der große, rote Drache und die mit
der Sonne bekleidete Frau. Es ist von William Blake, habe ich mir
sagen lassen.«
»Und was ist mit den Frauen?«
»Er scheint wirklich gut mit einem Totschläger umgehen zu
können. Die jüngere von beiden wurde nur zur Untersuchung
ins Krankenhaus gebracht, und die ältere mußte mit vier Stichen genäht werden; sie hat eine leichte Gehirnerschütterung.« »Konnten sie den Täter beschreiben?«
»Ja, die jüngere. Still, sehr kräftig gebaut, dunkler Schnurrbart und dunkles Haar - eine Perücke, nehme ich an. Diese
Auffassung hat übrigens auch der Sicherheitsbeamte am Eingang geäußert. Was die ältere Frau betrifft, hätte er auch in einem
Bärenfell rumlaufen können - so wenig hat sie von ihm gesehen.«
»Aber er hat niemanden umgebracht.«
»Seltsamerweise nein«, bemerkte Crawford nachdenklich.
»Dabei wäre es für ihn vorteilhafter gewesen, sie beide ein für
allemal zum Schweigen zu bringen - auf diese Weise hätte er
sich seines Vorsprungs sicherer sein können, und er hätte keine
Zeugen hinterlassen, die eine Personenbeschreibung von ihm
hätten abgeben können. Die Abteilung für Verhaltensforschung
hat deswegen gleich Bloom im Krankenhaus angerufen. Und
weißt du, was er gesagt hat? Bloom meint, daß er vielleicht damit aufzuhören versucht.«

44. K APITEL

    D olarhyde hörte unter einem leichten Ächzen die Lande klappen nach unten schwenken, und langsam tauchten die Lichter von St. Louis unter der schwarzen Silhouette der Tragfläche in sein Blickfeld. Unter seinen Füßen senkte sich das Fahrwerk in den unter dem Flugzeugrumpf vorbeischießenden Luftstrom hinab und arretierte mit einem vernehmbaren Klakken.
    Um die Steifheit aus seinem kräftigen Nacken zu vertreiben,
    rollte er den Kopf auf den Schultern. Heimkommen.
    Er war ein enormes Risiko eingegangen, und der Lohn dafür war, daß er nun über die Macht verfügte, selbst zu entscheiden. Zum Beispiel konnte er sich dafür entscheiden, Reba McClane am Leben zu lassen. Er konnte sie behalten, um jemanden zum Reden zu haben, und er konnte sie wegen ihrer erregenden, aber harmlosen Beweglichkeit in seinem Bett behalten.
    Von seinem Haus hatte er nun nichts mehr zu befürchten. Er hatte den Drachen in seinem Bauch. Wenn er wollte, konnte er sein Haus betreten, die Kopie des Drachen von der Wand reißen und sie in seiner Faust zu einem harmlosen Papierknäuel zerknüllen.
    Er brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen, daß er Liebe für Reba verspürte. Falls er wirklich so etwas wie Liebe für sie verspürte, konnte er die Shermans dem Drachen überlassen, um sich dann unbelastet Reba zuwenden zu können und sie gut zu behandeln.
    Dolarhyde rief sie gleich vom Flughafen in ihrer Wohnung an. Sie war noch nicht zu Hause. Er versuchte es in der Firma. Dort war belegt. Er dachte an Reba, wie sie sich, den Regenmantel über die Schultern geworfen, mit ihrem Stock ganz allein den Weg zur Bushaltestelle ertastete.
    In dem schwachen Abendverkehr schaffte er es in weniger als 15 Minuten zur Entwicklungsanstalt. Als er sie an der Bushaltestelle nicht sah, parkte er vor dem Eingang zu den Dunkelkammern. Er wollte ihr sagen, daß er auf sie warten würde, bis sie Feierabend hatte, um sie dann nach Hause zu fahren. Er war sehr stolz auf seine neue Fähigkeit, selbst zu entscheiden. Er konnte es gar nicht erwarten, davon Gebrauch zu machen.
    Während er wartete, konnte er noch verschiedene Dinge in seinem Büro erledigen.
In der Entwicklungsanstalt brannten nur noch wenige Lichter.
Rebas Dunkelkammer war bereits abgeschlossen. Über der Tür brannte weder ein rotes noch ein grünes Licht. Der Raum

Weitere Kostenlose Bücher