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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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war.«
»Und dabei ist Ihnen heiß geworden, und Sie sind ins Haus und haben geduscht. Was haben Sie dann in der Küche gemacht?«
»Mir ein Glas Eistee gemacht.«
»Sie haben sich dafür also etwas Eis geholt? Aber der Kühlschrank ist doch dort drüben, ziemlich weit weg vom Fenster.«
Sichtlich verwirrt und ratlos, sah Parsons vom Fenster zum Kühlschrank. Seine Augen waren stumpf wie die eines Fisches auf dem Markt, wenn der Tag sich seinem Ende zuneigte. Doch dann leuchteten sie plötzlich triumphierend auf. Er trat an den Küchenschrank neben der Spüle.
»Hier stand ich, um mir etwas Sweet ‘N Low zu holen, als ich ihn gesehen habe. Genau so war es. Und wenn Sie jetzt vielleicht endlich genug herumgeschnüffelt haben sollten...«
»Ich glaube, er hat Hoyt Lewis gesehen«, wandte Graham sich an Springfield.
»Das glaube ich auch«, pflichtete ihm Springfield bei.
»Es war nicht Hoyt Lewis«, protestierte Parsons. »Er war es auf gar keinen Fall.«
»Woher wollen Sie das wissen?« fragte ihn Springfield. »Es könnte doch Hoyt Lewis gewesen sein, und Sie dachten nur-«
»Lewis ist ziemlich braun von der Sonne. Er hat fettiges, zurückgekämmtes Haar und diese lächerlichen Koteletten.« Parsons Stimme wurde zunehmend lauter, und er sprach inzwischen so schnell, daß er kaum noch zu verstehen war. »Daran habe ich erkannt, daß es nicht Lewis war. Dieser Bursche war wesentlich blasser, und er hatte blondes Haar. Er hat den Kopf nach vorn geneigt, um sich den Zählerstand zu notieren, und bei dieser Gelegenheit konnte ich unter der Mütze sein Haar erkennen. Es war blond und am Nacken schnurgerade ausrasiert.«
Springfield stand vollkommen reglos da, und er klang immer noch skeptisch, als er fragte: »Und was war mit seinem Gesicht?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht hatte er einen Schnurrbart.«
»Wie Lewis?«
»Lewis hat keinen Schnurrbart.«
»Ach so«, hob Springfield den Kopf. »Befand sich der Zähler etwa in Augenhöhe, oder mußte er zu ihm aufschauen?«
»Ich würde sagen, eher in Augenhöhe.«
»Würden Sie den Mann wiedererkennen, wenn Sie ihm gegenüberstünden?«
»Nein.«
»Wie alt war er ungefähr?«
»Nicht alt. Ich weiß nicht.«
»Haben Sie zufällig den Hund der Leeds’ in seiner Nähe gesehen?«
»Nein.«
»Hören Sie, Mr. Parsons, ich sehe nun, daß ich mich doch getäuscht habe«, erklärte Springfield. »Sie sind uns nämlich eine große Hilfe. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern einen unserer Zeichner schicken; vielleicht könnten Sie sich ja ein Stündchen mit ihm zusammensetzen und ihm möglicherweise doch eine ungefähre Beschreibung von dem Mann geben. Es war also mit Sicherheit nicht Lewis.«
»Ich will aber nicht, daß mein Name in die Zeitung kommt.«
»Selbstverständlich nicht.«
Parsons begleitete sie nach draußen.
»Ihr Garten ist wirklich bestens in Schuß, Mr. Parsons«, bemerkte Springfield anerkennend. »Der ist ja regelrecht preisverdächtig.«
Parsons erwiderte nichts. In seinem rot angelaufenen Gesicht arbeitete es, und seine Augen schimmerten feucht. Er stand in seinen weiten Shorts und seinen Sandalen nur da und starrte Graham und Springfield an. Kaum waren sie gegangen, griff er nach dem Rechen und begann damit wie wild auf das Beet einzuharken, ohne dabei auf die Blumen zu achten, und der Mulch flog dabei auf den wie ein Teppich gepflegten Rasen hinaus.
    Im Wagen setzte sich Springfield über Funk mit der Zentrale in Verbindung. Weder die Stadtwerke noch sonstige Dienstleistungsbetriebe hatten eine Erklärung für die Anwesenheit eines Zählerablesers am Tag vor den Morden. Springfield gab Parsons’ Beschreibung des Mannes durch und erteilte die entsprechenden Anweisungen für den Polizeizeichner. »Sagen Sie ihm, er soll erst den Leitungsmasten und den Zähler zeichnen und dann weitermachen. Der Zeuge ist nicht gerade einfach.«
    »Unser Zeichner macht nicht gerne Hausbesuche«, erklärte Springfield Graham darauf, während er seinen Ford durch den dichten Verkehr steuerte. »Er zieht es vor, sich bei der Arbeit von den Sekretärinnen zusehen zu lassen, während der Zeuge, von einem Bein aufs andere tretend, ihm über die Schulter schaut. Ein Polizeirevier ist nicht gerade der ideale Ort, um jemanden zu befragen, den man nicht einzuschüchtern braucht. Sobald wir das Porträt haben, werden wir damit in der Nachbarschaft hausieren gehen.«
    »Ich habe das untrügliche Gefühl, als hätten wir eine ganz schwache Witterung aufgenommen, Will. Sehr schwach,

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