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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wegzogen, machte er noch seine Bewegungen weiter wie ein Sex-Roboter, den man nicht abschalten konnte.
    Die Frau auf dem Bett krümmte sich zusammen wie ein Embryo, umklammerte die Decken und fing an zu weinen.
    Da drehte sich der Mann plötzlich um und traf Toby mit dem Ellbogen unter dem Kinn. Der Hieb ließ ihre Zähne aufeinanderschlagen, und ein heftiger Schmerz schoß ihr durch den Kopf. Sie sah Sterne und hätte ihn beinahe losgelassen, aber die blanke Wut half ihr durchzuhalten. Er schlug noch einmal nach ihr. Sie rangelten miteinander, und sie roch seinen Schweiß, spürte, wie sich seine Muskeln im Kampf spannten. Die Schwester verlor den Halt. Sie stolperte und lockerte ihren Griff. Der alte Mann griff nach einer Haarsträhne von Toby und zerrte daran. Jetzt rieb er sich an
ihr.
Sie spürte seinen erigierten Penis an ihrer Hüfte. Ekel und Wut schnürten ihr die Kehle zu. Sie spannte den Oberschenkel und wollte ihm gerade das Knie in die Leistengegend rammen.
    Da war er mit einemmal weg. Ein paar gewaltige schwarze Hände hatten ihn hochgehoben. Robbie Brace trug den Mann quer durch das Zimmer und rief der Schwester zu: »Haldol, fünf Milligramm, intramuskulär.«
    Die Schwester rannte aus dem Zimmer und war kurz darauf mit einer Spritze in der Hand zurück.
    »Machen Sie schon, ich kann ihn nicht die ganze Zeit so halten«, sagte Brace.
    »Ich muß erst mal an sein Gesäß kommen …«
    »Na, los schon!«
    »Aber er windet sich immer weg …«
    »Mann, hat der Kerl Kräfte. Womit habt ihr ihn denn gefüttert?«
    »Er nimmt an einer Versuchsreihe teil, hat außerdem Alzheimer – ich komme nicht an ihn heran!«
    Brace hob ihn noch ein Stück höher und hielt der Schwester das Hinterteil des Mannes hin. Sie nahm ein Stück nackte Haut zwischen die Finger und stieß die Nadel hinein. Der alte Mann kreischte los, sträubte sich, wollte sich losreißen. Strampelnd gelang es ihm, ein Glas Wasser auf dem Nachttisch zu packen.
    Er schlug es dem Arzt ins Gesicht.
    Es traf krachend die Schläfe. Toby machte einen Satz nach vorn und packte den alten Mann am Handgelenk, bevor er noch einmal ausholen konnte. Mit aller Kraft drehte sie ihm den Arm um, und das zerbrochene Glas fiel ihm aus der Hand.
    Brace schlang seine langen Arme um die Schultern des Alten und rief: »Geben Sie ihm den Rest von dem Haldol auch noch!«
    Noch einmal bohrte die Schwester dem Mann die Spritze ins Gesäß und drückte den Kolben hinunter. »Alles drin! Mein Gott, ich hoffe, es wirkt besser als das Mellaril.«
    »Der Kerl hier bekommt Mellaril?«
    »Tag und Nacht. Ich habe Dr. Wallenberg gesagt, das bringt bei ihm nichts. Diese Alzheimer-Patienten muß man jede Sekunde im Auge haben, sonst …« Die Schwester holte tief Luft. »Dr. Brace, Sie bluten ja!«
    Toby sah auch mit Schrecken, wie Dr. Brace Blut über die Wange lief und auf seinen weißen Kittel tropfte. Das zerbrochene Glas hatte an der Schläfe eine Schnittwunde hinterlassen.
    »Das müssen wir stoppen«, sagte Toby. »Und zwar müssen wir nähen.«
    »Lassen Sie mich erst einmal den Burschen ein bißchen in seiner Bewegungsfreiheit einschränken. Kommen Sie mit, Sir. Wir gehen wieder in Ihr Zimmer.«
    Der alte Mann spuckte im hohen Bogen vor ihm aus. »Laß mich los, Nigger!«
    »O Mann, jetzt appellieren Sie an die gute Seite in mir, oder?«
    »Mag keine Nigger.«
    »Ja, Sie und alle anderen auch nicht«, sagte Brace eher überdrüssig als zornig. Halb zog, halb schob er den Mann aus dem Zimmer in den Flur. »Also, mein Lieber, Sie haben es sich verdient, nun mal Bekanntschaft mit einer Zwangsjacke zu machen.«
    »Au! Sorgen Sie dafür, daß ich nachher nicht aussehe wie Frankensteins Monster, ja?«
    Vorsichtig betäubte Toby den Bereich um Robbies Schnittwunde mit Xylocain und zog die Nadel wieder heraus. Dann zwickte sie leicht seine Haut. »Spüren Sie das?«
    »Nein. Es ist taub.«
    »Wollen Sie nicht doch lieber einen plastischen Chirurgen kommen lassen, der Ihnen das näht?«
    »Sie sind Notfallärztin. Machen Sie das denn nicht die ganze Zeit?«
    »Schon. Aber wenn Sie sich Sorgen um das kosmetische Ergebnis machen …«
    »Wieso sollte ich? Ich bin schon jetzt gottverdammt häßlich. Da wäre eine Narbe nur eine Verschönerung.«
    »Gut, dann werde ich Ihrem Gesicht einen ganz individuellen Zug verpassen«, sagte sie und nahm Nadel und Faden zur Hand. Im gut ausgestatteten Behandlungszimmer hatte alles Nötige bereitgelegen. Wie alles andere in der Brant Hill Clinic war

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