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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wie sie träge und untätig werden, allmählich selbst verfallen.
    Der Junge schweift die meiste Zeit im Moor umher und nur gelegentlich wagt er sich, einem Steppenwolf gleich, in die Welt der Dörfler und der Städter, wo er unsicher, nur jeweils kurze Zeit verweilt. Man kennt ihn, und doch führt er das Leben eines Menschen, der nicht existiert. Die Einheimischen, die eine Ahnung von seiner Herkunft haben, werfen ihm unsichere Blicke zu, wenn sie ihm begegnen, doch hüllen sie sich in Schweigen, wenn er sich ihren Blicken wieder entzogen hat. Und diejenigen, die nicht dazugehören, ahnen ohnehin nichts von seinem Schicksal.

    Swetlana erhob sich aus dem alten Ledersessel, den sie an das große Fenster gerückt hatte. Hier saß sie oft stundenlang, stierte hinaus auf die Terrasse und die grüne Wand dahinter, die sich, seltsam undurchdringlich, vor ihren Augen rings um den alten Garten zog. Hier war ihr Lieblingsplatz, der Platz, an dem sie sich ein bisschen geborgen fühlte, Ruhe hatte. Hier wimmelte es nicht von Schlangen und Hyänen, von Schattenwesen und monströsem Getier. Hier hatte sie sich ihr Reich der Fantasie eingerichtet, von dem niemand etwas wusste. Vor allem der Alte nicht. Ja selbst der Junge kannte diesen geheimen Ort nicht.
    Sie ging in die Küche, vorsichtig, um nicht auf das Gewürm zu ihren Füßen zu treten. Aus einer der Schubladen entnahm sie ein Messer, dessen Schärfe sie mit dem Daumen prüfte. Dann wandte sie sich zu der Treppe, die in den Keller hinabführte. Als sie an einem der zerbrochenen Fenster vorbeiging, schweifte ihr Blick in die Ferne. Ganz hinten am Horizont erkannte sie zwei Menschen, die sich der Ruine näherten.

28
    Adolf Bichlmaier kehrte in seine kleine Wohnung zurück, ohne einen Gedanken darauf zu verwenden, ob er vielleicht zuerst im Kommissariat vorbeischauen sollte. Er war müde, und obwohl es schon 9 Uhr morgens war, legte er sich ins Bett, um wenigstens ein, zwei Stunden zu schlafen. Als er sich jedoch ausgestreckt hatte, begannen seine Gedanken erst recht zu wandern. Der Besuch bei Gina Baier hatte ein schales Gefühl bei ihm hinterlassen, und als er über sein Verhalten während der letzten beiden Tage nachdachte, ekelte er sich vor sich selbst.
    Er wälzte sich noch geraume Zeit hin und her, wobei er immer wieder an Rune denken musste. Auch die alten Männer, die während Marlies’ Beerdigung hinter Magnus Berger und seiner Frau gestanden haben, gingen ihm durch den Kopf. Eine Riege greiser Veteranen, dachte er. Es musste eine Verbindung zwischen ihnen geben, zwischen Magnus Berger und dem Mann im Moor, dessen Vornamen er nun kannte. Dessen war er sich sicher. Aber wer war dieser Hartmut nur gewesen? Welche Rolle hatte er damals in Berlin gespielt? Und warum hatte er sich in jenen Tagen in M. aufgehalten? Fragen über Fragen. Aber so sehr er sich auch den Kopf zermarterte, eine befriedigende Antwort wollte ihm nicht einfallen. Auch jetzt befiel ihn wieder das Gefühl, an einer Ermittlung beteiligt zu sein, die in die Irre lief. Es war ihm, als würden sie, Amanda und er, mit den Füßen im Moor feststecken und allein darauf hoffen, irgendwann festen Halt unter den Füßen zu bekommen. Sie wussten noch immer nicht, wo alles seinen Ausgangspunkt nahm, dachte er. Die eigentliche Ursache all der Ereignisse, selbst für den absurden Mord in München, war ihnen nach wie vor unbekannt. Und doch ahnte er, dass sie einer Lösung des verworrenen Falles sehr nahe waren. Im Grunde hatte er keine Zweifel, dass sich bald Ergebnisse einstellen würden. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche und war bei all den Fällen, die er in seiner langen Laufbahn bearbeitet hatte, ähnlich gewesen.
    Schließlich hielt er es im Bett nicht mehr aus. Er erhob sich und ging unter die Dusche. Er ließ heißes Wasser auf sich herabprasseln, bis sich sein Körper fast taub anfühlte. Als er schließlich aus der Duschwanne stieg, hatte er seine Müdigkeit fast überwunden.
    Wenig später kam er im Kommissariat an. Dort traf er nur den Rotfuchs an, der vor seinem PC saß und ihm verschwörerisch zuraunte, dass Amanda zu Christa Berger gefahren sei, um diese erneut zu vernehmen. Bichlmaier nickte.
    »Sonst noch was Neues?«
    »Die Amis haben angerufen. Die rühren sich später noch einmal.«
    »Das wurde aber auch Zeit«, meinte Bichlmaier, der wie Amanda Wouters schon ungeduldig auf neue Informationen aus Seattle wartete.
    Wie spät es wohl jetzt dort drüben war?, fragte er sich.
    Er

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