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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ging hinüber in das kahle Konferenzzimmer. Dort roch es nach kaltem Rauch, und jemand hatte die Fenster geöffnet, sodass es ziemlich ungemütlich war. Bichlmaier schloss sie und setzte sich auf eine Couch, die jemand vor langer Zeit in eine Ecke des Zimmers gestellt haben musste. Ein altes, verschlissenes Möbelstück, das jedoch ein bisschen Gemütlichkeit ausstrahlte.
    Er musste wohl eingenickt sein, da er richtiggehend spürte, wie ein heftiger Ruck durch seinen Körper ging, als er plötzlich Percy Johnson wahrnahm, der vor ihm stand und rauchte. Wie lange mochte er schon so auf ihn herabgeschaut haben? Einen Moment fühlte er sich wie ertappt, ohne genau sagen zu können, weswegen. Ihre Augen trafen sich, und Bichlmaier erkannte die Härte im Blick des anderen.
    »Warum bist du damals weggelaufen?«, fragte Percy schließlich, nachdem er mehrmals an seiner Zigarette gezogen und den Rauch tief inhaliert hatte. Bichlmaier hatte den Blick nicht gewandt, dabei wahrgenommen, wie Asche zu Boden fiel. Den Mann vor ihm schien das nicht zu stören. Aus einem Grund, den er nicht erklären konnte, war Bichlmaier gar nicht überrascht, dass ihm Johnson die Frage stellte. Es war ihm sogar, als habe er die ganze Zeit darauf gewartet.
    »Du weißt, dass ich das gewesen bin? Woher?«
    »Eine lange Geschichte, Adolf.« Er drückte seine Zigarette in einer leeren Schale auf dem Konferenztisch aus. »Es ist schönes Wetter, gehen wir nach draußen, oder willst du hier bleiben?«
    »Warum nicht. Gleich gegenüber gibt es einen Jugoslawen, da kann man draußen sitzen.«
    »Gibt’s denn überhaupt noch Jugoslawen?«
    Bichlmaier zuckte mit den Schultern. »Hier schon.«
    Während sie die Straße hinuntergingen, sprachen sie nicht miteinander. Beide schienen ihren Gedanken nachzuhängen. Johnson stapfte mit großen Schritten voran, sodass Bichlmaier Mühe hatte, zu folgen. Es war nicht weit, und doch geriet er schnell außer Atem. Johnson war dagegen in guter Form. Trotz seines unmäßigen Zigarettenkonsums. Eine verdammte Ungerechtigkeit, wie Bichlmaier dachte.
    Die Tische vor dem Lokal waren nur spärlich besetzt. Offensichtlich zogen es die Menschen vor, im Inneren des Lokals zu Mittag zu essen. Dennoch waren die beiden von freundlichem Gemurmel und gelegentlichem Lachen umgeben.
    Bichlmaier bestellte Wasser und Kaffee, obwohl er lieber ein Bier getrunken hätte. Percy Johnson entschied sich für Rotwein und einen Vorspeisenteller.
    »Hat Romy dir erzählt, dass ich damals mit ihr zusammen war?«
    Johnson kramte umständlich in seiner Jackentasche und förderte erst ein zerknautschtes Päckchen mit Zigaretten hervor, ehe er antwortete. »Nein. Romy hat nie von dir gesprochen, und ich habe sie auch nie nach dem Namen ihres Begleiters gefragt. Ich wusste aber, dass du eines Tages kommen würdest.«
    »Wie konntest du dir da so sicher sein?«
    Bichlmaier ließ seinen Blick über die wenigen Gäste im Lokal schweifen. Niemand, den er kannte.
    »Ich habe ziemlich schnell herausgefunden, wie der Junge hieß, der damals Reißaus genommen hat. Das war kein Problem für mich, und ich brauchte dazu Romys Aussage nicht. Und dann habe ich gelegentlich verfolgt, was aus diesem Jungen wurde. Ich war ja selbst nicht viel älter als du.«
    »Warum hast du mich nicht bei der deutschen Polizei gemeldet?«
    »Es gab keinen Grund dafür … Ich habe doch nur nicht verstanden, warum du damals weggerannt bist.«
    »Und deswegen hast du mich dann all die Jahre beobachtet? Was hast du dabei gesehen?«
    »Ich habe gesehen, wie du zu einem guten Polizisten wurdest. Und zu einem unglücklichen Menschen … Du bist in der Tat ein trauriger Fall, Adolf, und, glaube mir, ich weiß sehr viel über dich.«
    Bichlmaier betrachtet ihn kritisch. Die Situation erschien ihm plötzlich völlig absurd. Da saß er mit jemandem zusammen, der ihm gerade mitteilte, dass er ihn während der letzten 40 Jahre mehr oder minder systematisch beobachtet hatte. Jemand, der sein Leben auf zwei kleine, traurige Begriffe reduzierte.
    »Wie war es dir überhaupt möglich, in dieser Weise in mein Leben einzudringen?«
    »Ich bin eine Art Polizist. Und es gehört zu meinen Tätigkeiten, andere Menschen zu beobachten. Warum nicht auch dich?«
    »Was für eine Art Polizist bist du denn?«
    Johnson lachte. »Einer, der die Kälte liebt, das Verborgene. Einer, der im Schmutz der Politik zu Hause ist, der agiert und nicht nur reagiert, so wie du …«
    »Für wen arbeitest du? Für die

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