Roter Herbst - Kriminalroman
Amis? Für unsere Schlapphüte? Verfassungsschutz oder MAD? Oder doch CIA?« Bichlmaier blickte auf Johnsons Narbe, die plötzlich zu leuchten schien. Er sah das Lachen in seinen Augen. Es wirkte etwas überheblich, war aber nicht unsympathisch, und hatte weit weg von seiner eigenen kleinen Welt seinen Ursprung.
»Nicht so wichtig.«
»Warum bist du dann hier? Ist es ein Zufall, dass wir uns hier begegnen oder bin ich der Grund für deine Anwesenheit? Bist du wegen mir zurückgekommen?«
»Nein, Adolf. Nicht wegen dir. Aber ob es nur ein Zufall ist, dass wir uns schließlich doch noch kennenlernen, nach all den Jahren, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht hängen die Dinge ja in irgendeiner Weise zusammen, was den Fall und deine persönlichen Verstrickungen betrifft. Wer weiß?«
»Wonach suchst du? Welches Interesse hast du an dem Fall? Gibt es eine politische Dimension? Etwas, das die Geheimdienste interessiert?«
»Ja, diese Dimension gibt es. Aber das weißt du doch oder hast es dir schon gedacht. Auch Amanda ahnt, dass der Mann im Moor ein Geheimnis mit sich getragen hat, das ihn das Leben gekostet hat.«
»Was ist das für ein Geheimnis?«
»Die Erinnerungen eines Lebens …«
Bichlmaier wartete, aber Percy Johnson schwieg. Vieles von dem, was ihm sein Gegenüber gesagt hatte, war erstaunlich und war unerwartet gekommen. Und doch hatte er Antworten erhalten, mit denen er gerechnet hatte. Viel mehr, das ahnte er, würde er im Moment nicht erfahren. Eine Frage lag ihm jedoch noch auf dem Herzen. »Hast du die Informationen der Presse gesteckt, die die Journalisten auf die politische Fährte gelockt haben?«
Wieder lachte Johnson. Er nahm sein Glas in die Hand und ließ den Wein darin kreisen. Bichlmaier schien es, als wollte er einen Trinkspruch ausbringen.
»Manchmal muss der Jäger auf den Busch klopfen, damit die Hasen zu rennen anfangen«, meinte er und kippte seinen Rotwein in einem Zug hinunter.
»Wen jagst du denn und wer sind die Hasen?«
Percy Johnson zuckte mit den Schultern und blickte ihn fast ein wenig mitleidig an. »Auf manche unserer Fragen gibt es keine Antworten«, fügte er dann noch hinzu, als er Bichlmaiers ratlosen Blick bemerkte. »Und im Übrigen, Adolf, auch du hast meine Frage ja nicht beantwortet.«
Bichlmaier nickte. Er wusste, dass das stimmte.
Als er ins Kommissariat zurückkam, saß Amanda Wouters auf ihrem Schreibtisch ohne sich zu bewegen. Sie starrte auf das Telefon, das sie in Griffweite vor sich hingelegt hatte, so, als wollte sie den Apparat hypnotisieren.
»Was ist los?«, fragte Bichlmaier.
»Nichts«, antwortete sie recht einsilbig. »Ich warte, dass die Amis endlich anrufen.«
»Verstehe.«
Er nahm auf der alten Couch Platz, wo er vor etwa einer Stunde bereits gesessen hatte, ehe ihn Percy Johnson aufgeschreckt hatte, und berichtete von seinen Recherchen in Frankfurt. Dabei beschränkte er sich auf die wesentlichen Fakten, ohne näher auf die Zeugin oder gar auf sein amouröses Abenteuer einzugehen. Das aber, was er herausgefunden hatte, war nicht viel. Im Grunde war es nur der Vorname des Mordopfers, der Amanda nicht bekannt war.
»Hartmut«, sagte sie und seufzte. »Das hilft uns nicht viel weiter.«
Bichlmaier nickte und grinste dabei etwas schief. »Wir drehen uns im Kreis«, sagte er. »Vielleicht sollten wir den alten Hausmeister fragen, ob er einen Hartmut gekannt hat.«
»Mietzner? Gute Idee. Ist zumindest einen Versuch wert.« Amanda erhob sich. Sie wirkte unschlüssig. Etwas schien sie zu beschäftigen.
»Was hast du bei den Bergers erfahren?«
Amanda seufzte. »Genau das ist es«, sagte sie, »was mir Sorgen bereitet. Magnus Berger ist seit heute Nacht verschwunden. Und Martin ebenfalls.«
»Einfach so?«
»Ja. Beide sind einfach weg. Ich habe mit Christa gesprochen. Die war voller Sorge.«
»Hat sie eine Ahnung, wo die beiden Männer sein könnten?«
»Sie meint, dass sie ins Moor hinaus sind.«
Das Moor, dachte er, das war wohl der letzte und endgültige Fluchtweg für jemanden, der allem entkommen wollte. Da brauchte man einfach nur hinauszuwandern, um irgendwann in einem der unergründlichen Moorlöcher zu versinken, hinunterzugleiten in unendliche Tiefen, in denen Dunkel und Schweigen herrschten. Dort, wo niemand mehr irgendwelche Spuren verfolgen konnte.
»Hat sie noch mehr gesagt?«
»Nein. Aber sie weiß etwas …«
Der Anruf aus den Staaten, der den Durchbruch bei der Lösung des Falles bringen sollte,
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