Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
sollten. »Hat es uns gefallen?«
»Ja«, erwiderte Peter, »aber die Moskitos haben uns zu schaffen gemacht.«
Sie lachten beide. Mara spürte, wie sie begann, sich zu entspannen. Peter hatte sie daran erinnert, dass sie sich in einer Welt wie bei Alice im Wunderland befanden – ein Ort, an dem man die zweite Hälfte einer Flasche Champagner vor der ersten trinken konnte.
Ein Ort, an dem nichts real war.
Er stellte die Flasche und die Gläser ab und blickte sich in der Hütte um. »Hier riecht es nach Heu«, sagte er. »Es erinnert mich an einen Sommerjob, den ich mal gehabt habe. Ich habe Strohballen gestapelt.«
»Das ist harte Arbeit«, antwortete Mara. Sie war ihm dankbar, dass er einen Weg gefunden hatte, das verlegene Schweigen zu beenden. »Es war die einzige Zeit im Jahr, wo ich froh war, dass ich zu Hause bleiben und Mum helfen konnte.«
Peter begann, Mara nach ihrem Leben auf der Farm zu fragen. Sie redeten auch weiter, als Leonard hereinkam und seine Kamera auf dem Stativ befestigte. Er mühte sich mit den Verschlüssen ab, ließ sich aber von Peter nicht helfen. Erstaunt blickte er sich um, als hätte er ganz vergessen, dass es ja hier keine Crew gab, die er herumscheuchen konnte. Als die Kamera schließlich sicher an ihrem Platz saß, testete er das Licht. Zuerst schaltete er die Lampe an der Decke ein. Sie warf einen bläulichen Schimmer über das Bett. Dann schaltete er eine zweite Lampe ein, die direkt draußen vor dem Fenster angebracht war. Sie warf einen breiten Strahl silbriges Licht durch den Raum.
»Ich finde, es sieht aus wie Mondschein«, sagte er. »So. Könnt ihr euch daran erinnern, wie ihr unten am See wart? Lasst uns das noch einmal probieren. Die Szenen, die wir jetzt aufnehmen, sind Erinnerungen – Flashbacks. Das bedeutet, ich brauche nicht jeden einzelnen Schritt aufzunehmen. Ihr könnt mich also völlig vergessen. Ihr habt ja das Drehbuch gelesen. Peter, spiel die Szene einfach. Ich komm schon an meine Aufnahmen.«
Mara blickte Peter an. An seinem Gesichtsausdruck sah sie, dass es anders lief, als er erwartet hatte. Auf der einen Seite mochte die Art, wie Leonard an die Szene heranging, ja einfacher sein, aber sie war andererseits auch schwieriger. Es war wesentlich riskanter, weil es realer war.
Er blickte sie an. Mara wusste, dass sie sich jetzt noch in Sicherheit bringen konnte. Sie konnten Leonard sagen, dass er ihnen Schritt für Schritt Anweisungen geben sollte, damit sie nur wie Puppen agieren mussten.
Das Schweigen dehnte sich aus. Mara dachte an all das, was zwischen Peter und ihr vorgefallen war – die Gespräche, die gemeinsamen Erfahrungen, alle Schritte, die sie hierhergebracht hatten. Und sie spürte, dass ihm das Gleiche durch den Kopf ging.
Es war unmöglich, zu sagen, wer den ersten Schritt tat – und ob ihm ein Nicken vorausgegangen war, ein leichtes Anheben der Mundwinkel oder eine Handbewegung –, aber plötzlich traten sie beide auf das Bett zu. Mara konzentrierte sich auf den Sisal unter ihren nackten Fußsohlen, und dann spürte sie die weiche Erde. Sie versuchte, ruhig zu atmen, damit ihr Herz nicht so heftig schlug.
»Maggie, bleib mit dem Rücken zur Kamera«, hörte sie Leonards Stimme. »Und denkt daran, vermeidet es bitte, zu reden, wenn es geht. Dann brauchen wir Maggies Stimme nicht zu synchronisieren.« Er blickte durch den Sucher. Das einzige Zeichen seiner Anspannung war ein leises, tonloses Pfeifen. Nach ein paar Augenblicken hörte er jedoch damit auf und schürzte konzentriert die Lippen. In der Stille hörte man das Kreischen von Papageien, die über die Hütte flogen.
»Okay, Luke«, sagte er schließlich leise. »Ich bin bereit, wenn du es auch bist.«
Mara fühlte sich, als müsste sie gleich vom Zehnmeterbrett springen; jeder Nerv in ihrem Körper war zum Zerreißen gespannt. Sie spürte, wie Peter auf sie zutrat, aber es schien ewig zu dauern; die Zeit dehnte sich wie in einem Traum. Und gerade als sie dachte, sie hielte es keinen Augenblick länger mehr aus, spürte sie seine Arme um sich, und er zog sie an sich.
Mara schloss die Augen und lehnte den Kopf an seine Brust. Tief atmete sie seinen Zimtduft und die Wärme seines Körpers ein. Seine Lippen streiften ihre Wange, nippten an ihrer Haut. Und dann umfasste er ihren Kopf, und ganz langsam senkten sich seine Lippen auf ihre, sanft und weich.
Nach einem langen Augenblick löste er sich von ihr. Mara öffnete die Augen und erwiderte seinen Blick. Seine Augen waren
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