Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Versicherung auf.« Er stieß langsam die Luft aus. »Es ist alles vorbei.«
Leonard ging ums Auto herum ans Fenster auf der Beifahrerseite. »Wir haben nur noch wenige Szenen zu drehen.«
Carlton hob hilflos die Hände. »Aber ohne Lillian kannst du sie nicht drehen, oder?«
»Nein.« Leonard schüttelte den Kopf. »Aber wir müssen doch irgendetwas tun können!«
Carlton lachte freudlos. »Wir könnten vielleicht die Missionare bitten, ihren Bericht zu fälschen und zu behaupten, sie wäre nüchtern gewesen, als sie den Unfall hatte. Aber das möchte ich eigentlich lieber nicht versuchen.«
Leonard ballte die Fäuste. Dann wandte er ihnen den Rücken zu, hockte sich hin und schlug die Hände vors Gesicht.
Mara schaute Peter an. Ihre eigenen Emotionen spiegelten sich in seinen Augen; sie sah den Schock und die Sorge und auch das Entsetzen darüber, dass ihre gemeinsame Zeit jetzt noch schneller vorbei sein würde.
In dem angespannten Schweigen waren auf einmal Geräusche zu hören – das ferne Klappern der Töpfe in der Küche, das Ächzen der Vinylpolsterung, als Carlton sich schwer auf seinem Sitz hin und her bewegte, das Summen einer Fliege hinter der Sonnenblende. Schließlich öffnete Kefa die Tür und stieg aus. Die anderen folgten seinem Beispiel. Bedrückt und schweigend blieben sie alle am Wagen stehen.
Plötzlich richtete Leonard sich auf und drehte sich um. Mara blickte ihn überrascht an. Eigentlich hatte sie erwartet, ihn verzweifelt zu sehen, aber stattdessen leuchteten seine Augen.
»Ich habe eine Idee«, verkündete er. Er wandte sich an Mara und Peter. »Ich muss mit euch beiden sprechen – unter vier Augen.«
Rasch führte er sie in eine Ecke des Gartens, wo Bäume am Zaun standen.
»Sie müssen nicht zustimmen«, sagte er zu Mara. Sie schluckte und wartete gespannt darauf, dass er weiterredete. »Ich bitte Sie, Lillians Rolle zu übernehmen – seien Sie noch einmal Maggie.«
Mara runzelte die Stirn. Angesichts von Carltons Verzweiflung konnte die Lösung des Problems wohl nicht so einfach sein. »Nun, wenn Ihnen damit geholfen ist«, sagte sie vorsichtig. »Natürlich mache ich das …«
Sie schwieg, als sie bemerkte, dass Peter überrascht die Augen aufriss.
»Das Problem ist nur …« Leonard brach ab, als suchte er nach den richtigen Worten. Nach einem kurzen Augenblick jedoch gab er es auf und sprudelte hervor: »Sehen Sie, die Szenen, die noch übrig sind – es sind Liebesszenen. Ich warte immer bis zum Ende damit, weil sich auf diese Art während der Dreharbeiten die Spannung aufbaut.«
Mara starrte ihn erschreckt an, als ihr aufging, was er meinte.
»Sie können natürlich auch einfach nein sagen«, fuhr Leonard fort. »Das würde ich verstehen. Ganz sicher.« Es herrschte kurzes, angespanntes Schweigen. »Aber ich glaube, ich kann die Szenen so drehen, dass wir Maggies Gesicht nicht sehen müssen. Oder wenn, dann nur im tiefen Schatten.« Er holte tief Luft und fügte hastig hinzu: »Mara, Sie haben uns jetzt lange genug zugesehen, um zu wissen, wie ein Film entsteht. Ich breche die Szene in kurze Aufnahmen auf, und wenn ich sie dann zusammenschneide, wird es so aussehen, als ob Luke und Maggie Liebe machen würden. Aber beim Drehen wird es etwas anderes sein. Ich muss allerdings sagen …« Er schwieg und warf ihr einen unsicheren Blick zu. »Sie werden sich küssen. Sie werden sich berühren. All das wird passieren.«
Mara nickte. Sie blickte zu Boden, um ihre Verwirrung zu verbergen. Sie spürte, dass Peter sie anschaute. Was würde sie in seinen Augen lesen, wenn sie den Kopf hob? Er war doch bestimmt genauso hin-und hergerissen wie sie, oder?
»Niemand wird in dieser Hütte sein außer mir und euch beiden«, fuhr Leonard fort. »Die Beleuchtung haben wir heute Morgen schon installiert, deshalb brauchen wir Brendan nicht. Die Aufnahmen sind ohne Ton, und ich werde hinter der Kamera stehen. Also wird auch die Crew nicht erfahren, was in der Hütte passiert. Später, wenn sie den Film sehen, werden sie glauben, dass wir die Szenen in L. A. nachgedreht haben. Das Personal hier in der Lodge wird denken, dass wir einfach so filmen wie bisher auch schon. Niemand wird je erfahren, dass nicht Lillian Lane die Maggie in diesen Szenen war. Darum geht es doch überhaupt nur – einen Weg zu finden, um ihren Unfall geheim zu halten und den Film trotzdem zu beenden.« Leonard wartete, bis Mara den Blick hob, dann redete er weiter auf sie ein, als wenn ein Fieber von ihm Besitz
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