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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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zubereitet, mit einem Rautenzweig im Aufguss. Normalerweise mochte Mara es gerne, wie sich das Aroma des Kaffees und der Kräuter miteinander verbanden, aber heute drehte sich ihr bei dem starken Duft der Magen um.
    Sie schob die Tasse weg und schlug das Heft auf. Die spärlich gefüllten Seiten der ersten Hälfte des Jahres überblätterte sie, bis sie schließlich zu Carltons Buchung kam. Danach zeigte eine dicke rote Linie quer über die Seite, dass die Lodge Tag für Tag ausgebucht gewesen war. Die Informationen, die sie jetzt brauchte, standen natürlich auf den Seiten weiter hinten, aber Mara nahm sich die Zeit und betrachtete jede einzelne rot markierte Seite, als ob dadurch der Tag, den sie symbolisierte, zurückgeholt werden könnte.
    Als sie am Ende der Buchung der Filmgesellschaft angekommen war – an dem Tag, als Peter in das Flugzeug gestiegen und weggeflogen war –, blätterte sie rascher, und mit jeder Seite lag seine Abreise weiter zurück, und Johns Ankunft rückte näher. Und dazwischen lagen lange Nächte, durchwacht in Freude und Kummer.
    Plötzlich hielt Mara inne. Sie hob den Kopf und starrte in die Glasaugen des Büffelkopfs, den Raynor seinerzeit geschossen hatte. Aber sie achtete nicht auf die Trophäe. Ein Gedanke war ihr gekommen und drängte sich in ihr Bewusstsein, beharrlich wie ein Vogel, der an die Fensterscheibe pickt. Sie hatte schon früher ab und zu daran gedacht, aber es war ihr immer gelungen, sich abzulenken, indem sie es auf Stress oder zu viel Arbeit geschoben hatte. Aber jetzt konnte sie es nicht mehr leugnen. Die Seiten, die sie umgeblättert hatte, hatten auch eine andere Bedeutung. Irgendwann in dieser Zeit hätte sie ihre Periode bekommen müssen. Sie war noch nie länger als drei oder vier Tage über der Zeit gewesen. Jetzt jedoch waren es bestimmt schon fast zwei Wochen, und sie konnte beinahe spüren, wie sich ihr Körper verändert hatte. Sie fühlte eine Schwere in sich, eine seltsame Fülle.
    Mara ließ müde den Kopf in die aufgestützten Hände sinken. Sie dachte an die letzte Nacht mit John, bevor er nach Daressalam aufgebrochen war. Die kurze, lieblose Begegnung ihrer Körper. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich voneinander abgewendet hatten, kaum dass der Akt vorbei war. Sie hatten sich den Rücken zugedreht und so getan, als ob sie schliefen. Und doch war in jenem Moment ein neues Leben entstanden. Ein Kind von John und ihr.
    Mara versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, als Mutter ein Baby im Arm zu halten. Und John an ihrer Seite; ein stolzer, glücklicher Vater. Sie versuchte, sich einen kleinen Jungen vorzustellen, der im Garten auf die Bäume kletterte. Oder eine Tochter, der Augapfel ihres Vaters …
    Unsere Träume werden wahr …
    Die Lodge ist gerettet, dachte sie. Ich erwarte ein Kind.
    Wir sollten feiern.
    Aber die Worte hatten keine Substanz, und ihre Bedeutung entglitt ihr wie Distelwolle in der Luft.

    Im Speisesaal des Hotels roch es nach schalem Bier, Zigarettenrauch und Bratenfett. Mara suchte sich einen Tisch am offenen Fenster und wandte ihr Gesicht der frischen Luft zu, als sie sich setzte. Fast sofort erschien ein junger Kellner neben ihrem Ellbogen. Er lächelte sie breit an.
    »Guten Morgen, Memsahib. Möchten Sie frühstücken?«, fragte er. Er sprach ein sehr sorgfältiges Englisch und artikulierte jedes einzelne Wort deutlich.
    »Nein danke«, erwiderte Mara. »Eine Zitronenlimonade, bitte.«
    »Kann ich Ihnen Mittagessen anbieten?«, fragte der Kellner. »Es wäre mir ein Vergnügen.«
    Mara zog die Augenbrauen hoch. Seine Bemühungen überraschten sie, normalerweise war das Personal hier nicht so eifrig im Aufnehmen von Bestellungen.
    »Nein danke«, wiederholte sie. »Aber mein Mann kommt gleich, und vielleicht möchte er ja etwas essen.« Sie blickte zur Tür. »Ich weiß nicht genau, wie lange es noch dauert.« Der Kellner neigte höflich den Kopf. »Entspannen Sie sich bitte, während Sie warten, Memsahib. Ich bringe Ihnen die kälteste Limonade aus dem Kühlschrank.«
    Verwirrt blickte Mara ihm nach, als er zur Bar eilte. Dann drehte sie den Kopf wieder zum Fenster. Es führte auf einen kleinen, gepflasterten Hof hinaus, der an einer Seite von einem trockenen Gartenbeet begrenzt wurde. Ein Huhn scharrte dort zwischen den niedrigen Sukkulenten, deren Blätter so grün und prall waren, als besäßen sie eine geheime Nahrungsquelle. Am anderen Ende war ein Gitterzaun, durch den man ein Stück Straße sehen konnte. Mara

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