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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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schützen.
    Wenige Meter vor Mara blieb die Elefantenkuh stehen. Sie hob den Rüssel und richtete ihn auf Maras Körper. Die blassen Nüstern erforschten die Luft zwischen ihnen – sie kamen Mara nahe, berührten sie aber nicht. Von Maras Gesicht wanderten sie über ihre Brüste bis hinunter zu ihren Händen, die immer noch auf ihrem Bauch lagen.
    Mara blickte hoch und schaute dem Tier in die Augen. Sie waren tief eingesunken in den Hautfalten, die Wimpern lang und gerade. Ihre Feuchtigkeit reflektierte das Licht.
    Und dann waren sie weg.
    Der graue Kopf und der mächtige Leib schwangen zur Seite. Die massiven Schultern drehten sich.
    Der Elefant zog sich zurück.
    Mara ließ den Kopf an die Felswand sinken und wagte kaum zu atmen, als sie sah, wie die Elefantenkuh mit ihrem Jungen dem Eingang zur Rinne zustrebte.

    Langsam näherte Mara sich der Stelle, an der John lag. Rasch glitt ihr Blick über die reglose Gestalt, die zerschmetterten, blutigen Überreste seines Körpers, und blieb an seinem Gesicht haften. Es war unbeschädigt, ohne ein Zeichen von Schmerz oder Angst. Sein Mund stand leicht offen, die Augen waren geschlossen. Das einzige Anzeichen dafür, dass er nicht nur schlief, war die dünne Blutspur in seinem Mundwinkel.
    Mara kniete sich hin und berührte mit zitternder Hand Johns Wange, die sich warm und weich anfühlte. Er sah so jung aus. So wie er dalag, hätte er ein Junge sein können, der beim Spiel mit anderen Kindern das Opfer darstellte. Gleich würde er aufspringen und lachend zu seinem nächsten Abenteuer stürmen.
    Ein leises Stöhnen drang aus Maras Kehle. Sie schüttelte den Kopf. Nein, sie wollte nicht wahrhaben, was sie hier sah. Sie versuchte, die Augen zu schließen, aber im Geiste sah sie immer wieder den Angriff der Elefantenkuh vor sich, und jedes Mal geschah das unausweichlich schreckliche Ende.
    Tränen traten ihr in die Augen und liefen ihr über die Wangen, aber sie war fast dankbar dafür, weil sie so nicht jede Einzelheit von Johns schrecklich zugerichtetem Körper sehen musste.
    Ein Gedanke begann sich in ihrem Kopf zu formen, einfach und klar.
    Er hätte die Elefantenkuh töten können, statt sie nur verscheuchen zu wollen. Er hat sie von mir abgelenkt. Er wollte mich retten.
    Sie wusste, dass diese Gedanken sie jahrelang verfolgen würden, vielleicht sogar ihr ganzes Leben lang. Ebenso wie die Erinnerungen an das, was sie einst mit John geteilt und nun für immer verloren hatte. Es war schmerzlich, zu wissen, dass sie sich nicht mehr aussprechen und so vieles nicht mehr gesagt werden konnte.
    Vor allem das eine nicht.
    Mara beugte sich dicht zu John hinunter. Ein Teil von ihm, so spürte sie, war vielleicht noch bei Bewusstsein. Möglicherweise war seine Seele in der Nähe und konnte sie hören.
    »John. Ich bin schwanger. Ich erwarte ein Kind von dir.«
    Sie starrte auf seine Augen, die für immer geschlossen waren. Sie dachte daran, dass sie an hellen Tagen so blau und klar wie der Sommerhimmel gewesen waren. Nur in der letzten Zeit waren sie oft trübe und umwölkt von Schmerz gewesen.
    Jetzt war alles vorbei.
    Sie musterte Johns Gesicht und nahm alle Details auf, die sie so gut kannte. Seine Lippen, die ein wenig trocken waren, da er sich so lange im Freien aufgehalten hatte; seine Kindheitsnarben, die mit der Zeit breiter geworden waren; seine dicken blonden Haare. Sie verschloss diese Bilder tief in sich. Selbst im größten Schock und Kummer war sie sich klar darüber, dass eines Tages ein Kind vor ihr stehen würde, dem sie die Geschichte vom Tod seines Vaters erzählen musste. Sie schuldete es John und diesem Kind, diesen Augenblick für immer festzuhalten.
    Das ist dein Vater. Du bist hier, und das ist die einzige gemeinsame Zeit, die du je mit ihm verbringen wirst.
    Ein leise rauschendes Geräusch ließ sie aufblicken. Auf einem toten Baumstumpf in der Nähe hatte sich ein Geier niedergelassen. Sie starrte den riesigen Vogel an – der letzte Beweis, dass der Tod eingetreten war. Plötzlich stieg Wut in ihr auf. Sie ergriff einen großen Stein und schleuderte ihn nach der Kreatur. Der Stein prallte gegen das sonnengebleichte Holz, und der Geier flatterte auf, schwebte einen Moment lang in der Luft und landete dann erneut auf derselben Stelle.
    »Hau ab!«, schrie Mara. Ihre Worte hallten durch das Tal wie der Schuss, und das Echo kam zu ihr zurück.
    Hau ab! Hau ab!
    Aber der Vogel blieb, wo er war, und beobachtete die Szene mit hungrigen Augen. Binnen kurzem kam

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