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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Scholes
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Campingausrüstung.
    »Vifaa vya safari«, hatte er zu Mara gesagt. Das braucht man auf einer Safari.
    Menelik hatte Weihrauch hineingelegt und kleine Klümpchen des duftenden Harzes in die Falten des Schals gestreut. Es war Kefa gewesen, der Mara gefragt hatte, was sie gerne hineinlegen möchte. Sie hatte sich für Johns geliebte Ausgabe von König Salomons Schatzkammer entschieden, und als sie jetzt auf das dünne, zerlesene Buch blickte, das am Fußende des Sarges steckte, fiel ihr ein, dass auf der Titelseite Johns Name, in seiner Kinderhandschrift geschrieben, stand. Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu, als sie daran dachte, wie einsam John in seinem englischen Internat gewesen war; wie verlassen er sich von seinen Eltern gefühlt hatte. Sie blickte auf in Richtung der Trophäenwand im Esszimmer, mit all den Erinnerungsstücken an Bill Raynor. Sie empfand eine tiefe Dankbarkeit für den alten Jäger, weil er seinem jungen Lehrling so viel Zuneigung geschenkt hatte, als John schließlich wieder nach Afrika zurückgekommen war.
    In einem stetigen Strom zogen die Trauergäste an ihr vorbei. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie noch etwas in den Sarg legen wollte – etwas, das mit ihrem Leben mit John verbunden war. Rasch sprang sie auf und lief in das Esszimmer. Dort lag auf dem Kaminsims der grobe Steinklumpen, den sie im ersten Jahr ihrer Ehe mit John bei einer Safari weit oben in den Hügeln gefunden hatte. Seine milchiggrüne Farbe war Mara aufgefallen, und sie hatte ihn John gezeigt. Er hatte ihn aufgehoben und umgedreht, und dabei hatten sie gesehen, dass er mit tief dunkelroten Tupfen bedeckt war.
    »Das sind Rubine«, hatte John gesagt. »Ich habe schon gehört, dass es sie hier oben gibt.« Sie hatten den Stein in die Sonne gehalten und das größte Stück Edelstein betrachtet. Es war von kleinen Linien durchzogen. »Er ist wertlos.«
    »Nein«, hatte Mara widersprochen, »er ist wunderschön.« John hatte sie angelächelt. »Dann sollen wir ihn also mit nach Hause nehmen?« Er hatte ihn in seinem Rucksack verstaut. In der Lodge hatten sie ihn auf das Kaminsims gelegt – ihr einziger Beitrag zum Besitz der Raynors. Manchmal hatten die Gäste danach gefragt.
    »Das ist Maras Schatz«, hatte John dann gesagt. »Er ist ein Vermögen wert.«
    Mara nahm den Stein in die Hand und ging zurück durchs Esszimmer. Im Wohnzimmer blieb sie abrupt stehen, weil sie genau auf ein großes, gerahmtes Foto schaute, das Kefa erst kürzlich an die Wand gehängt hatte.
    Es zeigte Lillian Lane und Peter Heath nebeneinander unter den gebogenen Stoßzähnen – dem Eingang zur Raynor Lodge.
    Mara blickte in Peters Gesicht. Ihre Hände schlossen sich fester um den rauhen Stein und plötzlich stieg so heftige Sehnsucht nach seinem Trost in ihr auf, dass es ihr den Atem nahm. Aber es fühlte sich nicht falsch an. Es war so, als bestünde sie aus zwei Teilen, die nebeneinander existierten und sich nicht berührten. Wenn ihr Herz sich nach Peter sehnte, so hatte das mit der Trauer um John nichts zu tun.
    Einen Moment lang blieb Mara, überwältigt von ihren Gefühlen, stehen. Dann jedoch drängte sie sie entschlossen beiseite. Peter und John waren beide nicht mehr da, sagte sie sich. Es gab nur noch sie. Sie würde allein zurechtkommen müssen.
    Sie holte tief Luft, straffte die Schultern und ging weiter, um erneut ihren Platz am Sarg einzunehmen.
    Sie beugte sich so tief über den Sarg, dass ihr die Haare vor das Gesicht fielen, und legte den Stein vorsichtig hinein – nicht an Johns Füße wie die anderen Dinge, sondern oben neben seinen Brustkorb, nahe an seinem Herzen.

    Die Morgensonne schimmerte auf den glänzenden Holzbrettern des Sarges, der neben der Grube auf einem mit Bananenblättern bedeckten Gestell lag. Nicht weit entfernt waren die beiden Steinhügel mit den Gräbern der Raynors: Alices Grab mit der schlichten Ebenholztafel und Bills mit der gravierten Messingplatte. Mara stand neben dem Sarg, blickte über die Savanne und das Wasserloch und hätte sich am liebsten in dem Frieden und der Ruhe der Szene aufgelöst.
    Hinter ihr ertönten die Geräusche der Trauergäste: leise Stimmen, Husten, das Wimmern eines Säuglings. Den Afrikanern, die sich in der Lodge versammelt hatten und dem Landrover gefolgt waren, als Mara den Sarg das kurze Stück bis in die Ebene gefahren hatte, hatten sich noch weitere Trauergäste angeschlossen. Obwohl sie ihnen den Rücken zuwandte, sah Mara die ernsten Gesichter vor sich. Bina war
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