Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
verwenden, aber er bestand darauf, das gesamte Zimmer zu verhüllen. Es ist eine Art Metapher für die Geschichte – sie wissen schon, Geheimnisse und Lügen, die Wahrheit, die zugedeckt wird. Kefa hat uns alte Laken gegeben.« Rudis Blick glitt über den zugehängten Bücherschrank. »Man weiß allerdings nie. Vielleicht ändert Leonard seine Meinung ja wieder, bevor sie anfangen zu drehen. Oder Maggie oder Luke ziehen vielleicht eines der Leintücher herunter. Alles ist möglich.«
»Wer sind Maggie und Luke?«, fragte Mara. Sie überlegte, ob noch weitere Mitglieder der Filmcrew eingetroffen waren.
Einen Moment lang blickte Rudi sie wegen ihrer Unwissenheit erstaunt an – dann lächelte er verständnisvoll. »Es sind die Hauptfiguren im Film«, sagte er. »Sie haben jede Menge Abenteuer zu bestehen. Natürlich sind sie auch ein Liebespaar – das versteht sich in Hollywood von selbst.« Erneut wies er auf das Zimmer. »Das hier ist ihre Zuflucht. Sie brauchen einen Platz, wo sie sich verstecken können, und dann fällt Maggie diese Jagdlodge ein, in die sie als Kind immer mit ihren Eltern gekommen ist. Sie machen sich auf den Weg, und als sie nach einer langen Reise endlich ankommen, finden sie hier alles abgeschlossen und verlassen vor. Aber auf gewisse Weise ist es eben auch wunderschön. Haben Sie David Leans letzten Film gesehen, Dr. Schiwago? « Er lachte abfällig, noch bevor Mara den Kopf schüttelte. »Na ja, bis hierher hat er es ja wohl auch noch nicht geschafft! Auf jeden Fall fahren Julie Christie und Omar Sharif zu einem großen Herrenhaus mitten in der russischen Taiga. Alles ist voller Eis und Staub, und die Möbel sind mit Tüchern abgedeckt. Und sie gehen einfach durch die Räume. Es ist eine der großartigsten Szenen im Film. Dieses Gefühl wollen wir einfangen.«
Mara lauschte ihm aufmerksam, froh, dass sie wenigstens ein bisschen über den Inhalt des Films erfuhr. Sie wollte ihn gerade fragen, was er ihr noch erzählen konnte, als Brendan – der Stromexperte – auf sie zukam und dabei ein langes Kabel aufrollte. Ein weiteres Kabel hing lose zusammengerollt über seinem Arm.
»Platz da!«, rief er.
Rudi sprang zur Seite, und Mara folgte seinem Beispiel. Als Brendan sie erreicht hatte, ließ er die Kabelrolle zu Boden fallen. Er stöhnte frustriert. »Ich brauche wirklich einen Assistenten.«
»Warten Sie, ich helfe Ihnen«, sagte Mara. Als sie sich bückte, um das Kabel aufzuheben, warf sie einen Blick auf Lillian, um sich zu vergewissern, dass sie sie nicht brauchte – schließlich war sie hauptsächlich für die Schauspielerin verantwortlich. Aber Lillian saß nicht mehr auf ihrem Stuhl. Sie stand an der Verandatür und redete mit jemandem. Mara richtete sich langsam auf und drückte das Kabel an ihre Brust. Es war ein Mann in Buschkleidung. Er hatte noch den Hut auf dem Kopf; an seinem Gürtel war eine Wasserflasche befestigt, und das Gewehr hatte er über die Schulter gehängt, als ob er gerade von der Safari heimgekommen wäre.
Mara trat zwei Schritte auf die beiden zu, aber dann blieb ihr Fuß an einem Stuhl hängen, und er fiel um. Das Geräusch erregte Aufmerksamkeit, und Köpfe fuhren zu ihr herum. Aber sie hatte nur Augen für den Mann in Jagdkleidung.
Peter Heath.
Bevor Mara sich abwenden konnte, blickte Peter sie an. Er lächelte und nickte grüßend. Mara wies auf seine Kleidung – als ob sie ihm durch diese Geste vermitteln könnte, dass sie geglaubt hatte, ihren Mann zu sehen, der auf unerklärliche Weise zurückgekehrt war. Sie zwang sich zu einem höflichen Lächeln, um zu verbergen, wie sehr sie sich darüber ärgerte, dass sie ihn so angestarrt hatte. Sie war schließlich diejenige gewesen, die die Sachen für den Schauspieler aus Johns Garderobe ausgewählt hatte.
Sie war dankbar, als Brendan neben ihr auftauchte und ihr einen Grund gab, sich abzuwenden.
»Das muss entwirrt werden«, sagte er und zeigte auf das Kabel in ihren Armen. »Jemand hat es falsch aufgewickelt. Am besten gehen Sie damit nach draußen, da ist mehr Platz.«
Mara beeilte sich, seiner Aufforderung nachzukommen. Als sie über die Veranda ging, sah sie, dass Peter mit Carlton redete. Von vorn sah er ihrem Mann überhaupt nicht ähnlich. Er wirkte allerdings auch nicht wie ein Schauspieler. Er sah einfach nur aus wie ein Mann, der im Busch arbeitete – ein Mann, dem Mara noch nie zuvor begegnet war.
Am frühen Nachmittag war die Luft im Hauptraum der Lodge zum Schneiden. Brendans
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