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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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fast zu laut für den schwachen, kleinen Körper zu sein. Sie schallten durch die stille, heiße Luft. Vögel flogen von den Ästen eines toten Baumes auf, der hinter dem Landrover emporragte. Mara schaute ihnen nach. Erschreckt stellte sie fest, dass es Geier waren. Die Vögel hatten wahrscheinlich schon seit Stunden dort gesessen und gewartet …
    »Kommen Sie«, sagte Mara drängend zu Peter. »Wir müssen weitermachen.«
    Sie stellten sich zu beiden Seiten neben das Kalb und bemühten sich mit vereinten Kräften, es auf festen Boden zu schieben.
    Es war ein mühseliger Prozess, weil sie nicht nur aufpassen mussten, dass das Tier nicht wieder im Schlamm versank, sondern weil sie auch auf ihre Schritte achten mussten.
    Endlich hatten sie wieder festen Boden unter den Füßen und blieben schwer atmend stehen. Das Kälbchen lag zwischen ihnen, die Beine unter den Körper gezogen.
    »Wir müssen es aufrichten«, sagte Peter.
    Mara griff nach einem der Vorderbeine des Tieres, aber dann erstarrte sie. Aus den Augenwinkeln nahm sie graue Umrisse und eine Staubwolke wahr.
    »Büffel! Schnell!«, schrie sie.
    Peter rannte sofort auf den Landrover zu. Mara folgte ihm auf den Fersen. Ohne stehen zu bleiben, hob sie ihr Gewehr auf und lief weiter, den Lauf gen Himmel gerichtet.
    Peter erreichte den Landrover als Erster und sprang auf den Beifahrersitz. Rasch beugte er sich hinüber und öffnete die Fahrertür.
    Mara legte das Gewehr hinter den Sitz, sprang hinein und ließ den Motor an. Im Rückspiegel konnte sie die Herde sehen. Die Tiere galoppierten über die Ebene auf sie zu – mit gesenkten Köpfen, die muskelbepackten Körper eine einzige wogende Masse. Sie hörte das Donnern ihrer Hufe. Sie waren nur noch wenige hundert Meter weit entfernt.
    Halb stehend steuerte sie den Wagen über die Savanne. Peter hielt sich fest und rief ihr, so gut er konnte, Informationen zu, aber seine Stimme ging in dem Lärm fast unter.
    Maras Magen krampfte sich vor Angst zusammen. Trotz ihres Gewichts waren Büffel schnelle Tiere, und die Herde hatte jetzt fast schon das Kalb erreicht. Gleich würden sie an ihm vorbei-und hinter dem Landrover herstürmen. Alles, was Mara jemals über Angriffe von Büffeln gehört hatte, ging ihr durch den Kopf – Berichte von Fahrzeugen, die in Stücke gerissen wurden, und von Insassen, die nur durch großes Glück mit dem Leben davongekommen waren; von Jägern, die auf der Savanne zu rotem Brei zertrampelt worden waren.
    »Sie bleiben stehen!«, schrie Peter.
    Mara blickte in den Rückspiegel. Die Büffelherde drängte sich an den Rand des Schlammlochs. Kein einziges Tier drehte auch nur den Kopf in ihre Richtung. Verblüfft sah Mara, dass es den Tieren anscheinend nur um das Schicksal des Kalbs ging.
    Sie ließ sich in ihren Sitz zurücksinken, um entspannter lenken zu können. Als sie weit genug von der Schlammpfanne entfernt waren, verlangsamte sie das Tempo. Sie drehte sich zu Peter und lächelte ihn beruhigend an. »Sind Sie okay?«
    »Ja – und Sie?«, fragte er.
    Mara nickte stumm. Ihre Angst ließ nach und verwandelte sich in Erleichterung. Aber bald schon wurde dieses Gefühl von Entsetzen abgelöst. Sie hatte das Leben eines Kunden in Gefahr gebracht. Was hatte sie sich dabei gedacht?
    Sie beugte sich über das Lenkrad, und ihre schlammverkrusteten Haare fielen ihr übers Gesicht. Der Landrover fuhr jetzt in stetigem Tempo über eine markierte Piste. Bei jedem Schlagloch stieß ihr Knie gegen die Tür, aber sie machte keine Anstalten, es zu schützen.
    Neben ihr stieß Peter die Luft aus.
    »Gut gemacht«, sagte er.
    Mara blickte ihn an, als sie die Wärme in seiner Stimme wahrnahm. Er lächelte sie stolz an. Seine Augen funkelten vor Erregung in einem klaren Blaugrün. Sie fühlte sich förmlich in ihren Bann gezogen – wie ein Nachttier im Scheinwerferlicht. Sie musste sich zwingen, wegzuschauen.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass er sie musterte. »Sie sehen aus …«, begann er, aber dann brach er ab und schüttelte lächelnd den Kopf.
    Mara brauchte nicht an sich herunterzublicken, um zu wissen, wie sie aussah in ihren schlammverkrusteten Kleidern und mit dem schmutzigen Gesicht. Sie schaute Peter an.
    »Sie auch.« Sie grinste ihn an.
    Und plötzlich ging es ihnen wie zwei Kindern, die den ganzen Tag gespielt hatten und auf einmal feststellten, wie schmutzig sie dabei geworden waren. Sie brachen in Lachen aus. Immer lauter wurde ihr Lachen, und wenn einer aufhörte, steckte ihn

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