Roter Lampion
ich, denn ich habe mitgemacht und mich nicht energisch zur Wehr gesetzt, haben Patrice MacDonald auf dem Gewissen, und beide müssen wir nun damit fertig werden. Sie werden es leichter können als ich, und ich bitte deshalb darum, mich sofort nach Hongkong zu beordern, damit ich mich in die Arbeit stürzen und das Geschehene vergessen kann.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!« widersprach Sorokin erregt. »Außerdem ist Ihr Schuldkomplex hirnverbrannter Unsinn.«
Gordon Cooper schüttelte den Kopf. »Da bin ich anderer Meinung, und ich bin überzeugt, daß Margit in dieser Sache mir und nicht Ihnen recht geben wird.«
»Unterstehen Sie sich, mit ihr darüber zu sprechen!« warnte ihn Sorokin.
Jetzt habe ich dich in der Zwickmühle, dachte Cooper und entgegnete eisig: »Sie wissen so genau wie ich, daß Margit uns über die letzten Tage und Stunden von Mistreß MacDonald ausfragen wird. Wie soll ich da verheimlichen, daß Sie mich nach Singapore schickten, um ihr die Aktien abzuluchsen?«
Ivo Sorokin schäumte vor Wut. Er durchschaute Cooper und wußte, daß dieser ihn mit einer billigen Drohung in die Zange genommen hatte. Am liebsten hätte er ihn auf der Stelle hinausgeworfen, doch er war auf ihn angewiesen. Was sollte er tun? Sich behaupten und es darauf ankommen lassen, daß Margit alles erfuhr? Zu Kreuze kriechen und sich dem Wunsch seines großspurig gewordenen Privatsekretärs beugen? Seine Augen wurden stechend und schienen Cooper durchbohren zu wollen. »Ihr Spiel ist unfair!« keuchte er heiser. »Aber wenn Sie mich schon in die Knie zwingen, dann sollen Sie wenigstens wissen, daß ich Sie durchschaue und nur unterliege, weil ich bewegungsunfähig bin und Sie die Situation rücksichtslos ausnutzen.«
»Da gebe ich Ihnen recht«, erwiderte Gordon Cooper gelassen. »Ich tue es aber nicht um meines Vorteils willen. Im übrigen erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß ich dank des von Ihnen angeschafften Flugzeuges jederzeit in der Lage bin, innerhalb weniger Stunden bei Ihnen zu sein. Und was den Empfang in der Villa am Golfplatz anbelangt, da bin ich gewiß, daß ich weder Ihnen noch Margit fehlen werde, oder?«
Er ist immer wieder entwaffnend, dachte Ivo Sorokin unwillig, doch als er antworten wollte, mußte er plötzlich lachen, weil ihm Coopers Erzählung von der jungen Frau einfiel, mit der er daheim verbotene Früchte genascht hatte. Ihretwegen hatte er England verlassen; war es womöglich wiederum ein weibliches Wesen, das sein Handeln bestimmte?
Sorokins Lachen verwirrte Cooper. Um sich zu retten, fragte er ihn nach dem Grund der Belustigung.
»Ich erinnerte mich eben an Ihr galantes Abenteuer, das Sie aus London heraustrieb, und ich fragte mich unwillkürlich, ob es auch heute wieder ein hübsches Mädchen ist, das Ihre Wünsche leitet und Sie plötzlich wie ein Magnet nach Hongkong zieht.«
Coopers Narbe lief flammendrot an. »Sie täuschen sich, Sir, obwohl Sie durchaus recht haben könnten. In Ihren Diensten stehend wäre es aber ein unfaires Spiel, wenn ich mich von privaten Gelüsten leiten ließe. Im Augenblick geht es mir wirklich nur um meine Aufgabe.«
Ivo Sorokin nagte unschlüssig an seinen rissigen Lippen. »Also gut«, sagte er schließlich. »Fliegen Sie nach Hongkong noch bevor Margit zurückgekehrt ist, aber halten Sie sich täglich vor Augen, daß ich Ihnen zu meinem größten Bedauern erstmalig nicht ganz vertraue.«
»Dann bitte ich höflichst darum, mich Ihrem Bedauern anschließen zu dürfen«, entgegnete Gordon Cooper sarkastisch und öffnete seine Aktentasche, um ihr einige Geschäftspapiere zu entnehmen.
16
Gordon Cooper befand sich in denkbar schlechter Stimmung, als er zum Flughafen fuhr, um den Jet Commander für den nächsten Tag startbereit zu machen. Er wußte, daß sein Verhalten Ivo Sorokin gegenüber nicht korrekt gewesen war, doch er hatte nicht anders handeln können. Alles, was ihn bis dahin in hohem Maße in den Bann geschlagen hatte, war durch das leidige Aktiengeschäft und den damit in Zusammenhang stehenden Tod Patrice MacDonalds einer erschreckenden Ernüchterung gewichen. Geld glänzte für ihn nicht mehr, und Reichtum schien ihm mit einem Fluch belastet zu sein. Was nützt ein sorgenloses Dasein, wenn man keine Aufgabe zu erfüllen hat, sagte er sich. Ivo Sorokin zu umhegen war ihm weder Aufgabe genug noch entsprach dies dem Auftrag, der ihm in London erteilt worden war. Ihn interessierte jetzt ausschließlich die Aufdeckung
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