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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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herzlicher Begrüßung den Jet Commander mit der Scheu und dem Stolz eines Kindes betrachtete, das sein erstes Schaukelpferd erhalten hat.
    Auch Lo Sung hieß Gordon Cooper übertrieben herzlich willkommen, wobei er kein Hehl daraus machte, daß er dessen fliegerische Fähigkeiten über alle Maßen bewunderte. Seine Hochachtung wurde aber grenzenlos, als Cooper ihm und Ah Boon das Cockpit zeigte und ihnen die Instrumente erklärte. Der für den Laien verwirrende Anblick der Zeiger,Skalen, Hebel und Knöpfe ließ Sorokins Kompagnon erblassen, wohingegen Lo Sung der Schweiß auf die Stirn trat.
    Im Bestreben, sich möglichst bald von den zwar sehr freundlichen, ihm in dieser Stunde jedoch wenig willkommenen Chinesen zu befreien, lud Cooper sie zu einem Probeflug über Hongkong und die New Territories ein, woraufhin Ah Boon und Lo Sung es plötzlich sehr eilig hatten, fortzukommen. Gordon Cooper beglückwünschte sich zu seinem Einfall, der ihm den Weg zur Flughafenleitung öffnete, bei der er Su-su anzutreffen hoffte. Welches Gesicht mochte sie machen, wenn sie ihn erblickte? Wahrscheinlich hatte sie von Lo Sung bereits erfahren, daß er zurückkehrte, aber das würde sie ihm natürlich verheimlichen.
    Die Erinnerung an Su-sus Spitzeldienste fiel wie ein Tropfen Wermut in Coopers mit Erwartungen bis zum Rand gefüllten Becher. Immer wieder ertappte er sich dabei, daß er völlig vergaß, welche gegen ihn gerichtete Aufgabe die reizende Chinesin übernommen hatte. Offensichtlich wehrte sich sein Instinkt noch mehr als sein Verstand gegen die Vorstellung, daß Su-su gegen ihn kämpfte.
    Er verscheuchte die auf ihn einstürmenden Gedanken und ging die Wege, die Piloten nach Beendigung eines Fluges zu gehen haben, bis Su-su plötzlich vor ihm stand und ihn ansah, als offenbare sich ihr ein Wunder. Sie trug das kecke Käppchen der Hostessen von Kai Tak, und aus dem enggeschlossenen hohen Kragen ihrer Uniformbluse schaute ihr Kopf wie der einer bezaubernden Puppe heraus.
    »Su-su!« rief Cooper überrascht und breitete seine Arme aus, als stürme sie auf ihn zu.
    »Gordon!« erwiderte sie kaum hörbar.
    »Wundern Sie sich nicht, mich hier zu sehen?«
    »Nein«, antwortete sie in aller Offenheit. »Ich wußte, daß Sie heute zurückkehren, und ich habe hier auf Sie gewartet.«
    Seine Miene verfinsterte sich. »Wer hat Ihnen gesagt, daß ich heute eintreffe?«
    Der kindlich glückliche Ausdruck ihrer Augen wurde besorgt, und sie blickte hinter sich, als befürchte sie, beobachtet zu werden. »Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Ich muß Sie dringend sprechen, Gordon. Sie wissen, daß ich Ihnen schon vor Ihrer Abreise etwas anvertrauen wollte.«
    Seine Augenbrauen hoben sich. »Mir wollten Sie etwas anvertrauen?«
    Su-su wurde nervös. Alles lief anders, als sie es sich vorgestellt hatte. »Erinnern Sie sich nicht, daß ich Ihnen am Tage nach dem Taifun Antwort auf Ihre Frage bezüglich meines Freundes geben wollte? Aber dann trafen wir uns nicht mehr. Sie erhielten unerwarteten Besuch, und wenige Tage später mußten Sie plötzlich verreisen.«
    »Das ist richtig«, erwiderte Cooper, der sich nur noch dunkel daran erinnerte, Su-su über das jähe Fortbleiben ihres Freundes befragt zu haben. Wieso aber erklärte sie ihm nun, sie hätte ihm etwas ›anvertrauen‹ wollen?
    Sein Grübeln machte Su-su noch unsicherer, als sie es schon geworden war. In ihrer Ratlosigkeit stammelte sie: »Ich danke Ihnen auch für die drei Karten, die Sie mir geschrieben haben.«
    Gordon Cooper stieg das Blut in den Kopf. Drei Karten hatte er geschrieben?
    »Ich habe mich so darüber gefreut«, fuhr Su-su hastig fort, um keine neue Gesprächspause eintreten zu lassen. »Und weil ich so glücklich darüber war, habe ich mich sofort beurlauben lassen, als ich hörte, daß Sie heute kommen.«
    Er sah den Glanz in ihre Augen zurückkehren, und anstatt die Frage an sie zu richten, die sich ihm aufgedrängt hatte, seufzte er verliebt: »Am liebsten würde ich Ihnen auf der Stelle einen Kuß geben.«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte ihr Köpfchen. »Wenn ich größer wäre, käme ich Ihnen noch weiter entgegen.«
    Cooper umarmte Su-su, als sei sie aus hauchdünnem Porzellan. Dann gab er ihr einen Kuß, so zart wie ein Windhauch, der über eine Kirschblüte streicht.
    Sie wunderte sich darüber, daß er dabei die Augen schloß und dachte: Welch borstige Brauen er hat. Im Vergleich zu chinesischen Männern ist alles grob an ihm. Sein Kuß

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