Roter Lampion
Bangkok zu erledigen. Phantastisch, sage ich dir!«
»Mich interessieren deine hiesigen Pläne!«
Hawker legte seine Hände über Kreuz. »Heute in drei Tagen.«
Cooper kniff die Lider zusammen. »Du…?«
»Warum nicht? Ist doch mal ganz was anderes.«
»Allerdings. Ich begreife nur nicht…« Cooper griff sich an die Nase. »Moment, bei mir dämmert’s. Das ist ja eine großartige Idee! Hat der Alte sie ausgeheckt?«
»Ich hatte den Geistesblitz, mein liebes Schwippschwägerlein!«
»Gratuliere!« erwiderte Cooper und blickte prüfend hinter sich. »Dann hast du dir die Reise redlich verdient.«
Bill Hawker grinste.
Gordon Cooper stieß eine der ins Freie führenden Türen auf. »Schluß mit dem Thema. Garantiert ohne Mithörer können wir uns nur im Garten unserer Behausung unterhalten.«
Hawker puffte ihn in die Seite. »Alice läßt dir herzliche Grüße bestellen. Dein Glück hat sie richtig neidisch gemacht.«
Cooper lachte. »Geht es ihr gut?«
»Mäßig. Im Augenblick hat sie allerhand Sorgen. Ich erzähle dir später von ihr.«
In ähnlicher und völlig unverfänglicher Weise unterhielten sich die beiden während der Fahrt nach Stanley, die Cooper so anlegte, daß Bill Hawker möglichst viel zu sehen bekam.
»Ich bin in einer tollen Stimmung«, unterbrach dieser Cooper, als sie an den Villen der Deep Water Bay vorbeifuhren. »Wir müssen heute abend unbedingt in die Suzie-Wong-Bar gehen. Smithy hat mir davon erzählt. In der Nähe soll es auch einen Ballroom mit schicken Tanz-Hostessen geben. Aber wem erzähle ich das! Du bist wahrscheinlich jeden zweiten Abend dort, was?«
»Fast jeden Abend«, antwortete Cooper ohne mit der Wimper zu zucken. »So etwas kann man sich doch nicht entgehen lassen.«
Bill Hawker rutschte näher an Gordon Cooper heran. »Gibt’s da kesse Frauen?«
»In jeder Kragenweite und Altersklasse.«
Hawker stutzte. »Kragenweite und Altersklasse ist doch ziemlich dasselbe.«
»In Europa!« erwiderte Cooper mit unbewegter Miene. »In Hongkong ist man sehr wählerisch und achtet auch auf den Blutkreislauf, wie man es hier nennt.«
Bill Hawker schluckte, als liefe ihm das Wasser im Mund zusammen. »Und was bezeichnen die Chinesen mit Kragenweite?«
Cooper mußte sich zwingen ernst zu bleiben. »Das Verhältnis von Brust und Taille oder so ähnlich. Genau weiß ich es nicht. Ich wähle immer einfach nach Augenmaß.«
Der Inder Rajan kämpfte mit einem Hustenanfall.
»Und was nennt ihr Blutkreislauf?«
Cooper gab sich einen verwunderten Anschein. »Stellst du dich dumm oder bist du blöd?«
»Nimm letzteres an und kläre mich auf«, erwiderte Bill Hawker gottergeben.
Cooper schüttelte den Kopf. »Was kann es schon sein, nachdem Alter, Brust und Taille nicht mehr in Frage kommen können?«
Hawkers Augen wurden starr. »Ich verstehe. Du meinst die Haarfarbe.«
Gordon Cooper lachte aus vollem Halse. »Da bemühe ich mich, dich auf die Schippe zu nehmen…«
»Was dir zu Anfang auch gelungen ist!«
»… und du legst mich aufs Kreuz!«
»Was in Anbetracht unserer Verwandtschaft verständlich sein dürfte.«
Es wurde ein ausgelassener Nachmittag, der nur von einem längeren, im Garten geführten Informationsgespräch unterbrochen wurde. Danach aßen sie in Aberdeen in einem der Floating-Restaurants, und zum Schluß ließen sie sich von Rajan in die unmittelbar am Hongkonger Hafen gelegene berüchtigte ›Wanchai-Gegend‹ fahren, wo sie eine Reibe von Bars und Nachtklubs besuchten, in denen Bill Hawker voll auf seine Kosten kam. Dabei ging es ihm nicht darum, etwas zu erleben. Er wollte nur einmal mit eigenen Augen sehen, was die Männer aus aller Herren Länder wie ein Magnet anzieht.
Originell fand er ein Lokal, in dem man Melonenkerne knabbert und die Hülsen einfach auf den Boden spuckt. Langweilig mutete ihn das Luk-Know-Hotel an, jenes ehemals aufregende Hafenbordell der Suzie Wong, das im Bestreben, sein Niveau zu heben, im früheren Tanzsaal Teetische aufgestellt hat, die ebenso trist wirken wie die an ihnen sitzenden Suzie Wongs, die sich mit Strickarbeiten beschäftigen und ihre Nadeln erst fortlegen, wenn es wirklich ernst wird. Ekel empfand er in einer der wie Unkraut aus der Erde herausschießenden Hurenkneipen, in deren bierklebrigen Kojen minderjährige Mädchen im Handumdrehen ihr Geld verdienen. Da fühlte er sich im ›Ribbon Dance‹ schon wesentlich wohler, wenngleich ihn das Bild der traditionell gekleideten Chinesinnen, die mit Grazie lange
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