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Roter Regen

Titel: Roter Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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war es ihm wichtig, Killian
davon zu überzeugen, dass ihm der Fall nicht einfach wegen irgendwelcher
Bombenpläne entzogen werden durfte, und der tatsächliche Mörder dann
ungeschoren davonkam. Belledin war hier auf dem Land, da wurden die Leute noch
aus einfachen Triebmotiven umgebracht und nicht aufgrund von
Weltverschwörungen.
    Er schlug die Kladde zu und stand auf. Dann nahm er einen letzten
Schluck Ingwertee und stellte die Tasse mit einem Ausrufezeichen auf den
kleinen Tisch vor dem Sofa. Lauernd blickte er auf Killian herab.
    »Falls es Pläne für die Superbombe sind, kann ich nichts tun.
Sollten es kleinere Bömbchen sein, versuche ich, Zeit zu schinden«, versprach
Killian.
    Belledin nickte, dann fragte er: »Und was willst du dafür?«
    Nun grinste Killian. »Dass du dich nicht querstellst, wenn es sich
tatsächlich um die Superbombe handelt.«
    Belledin schürzte die Lippen, sodass sich sein Schnäuzer wie eine
exotische Raupe über seiner Oberlippe kräuselte. Sie blickten sich lauernd an.
Belledin war nicht wohl bei dem Handel, aber es blieb ihm keine andere Wahl.
    * * *
    Es war ihr egal, ob ihr hinter der Kurve ein Auto entgegenkommen
würde oder nicht. Bärbel ertrug es nicht länger, am Anhänger des langsamen
Traktors zu kleben. Überall waren sie jetzt aus ihren Löchern gekrochen, um die
Überreste der Weinernte zu bergen, obwohl sie doch davon ausgehen konnten, dass
sie nur Essig nach Hause fahren würden. Aber die Hoffnung der Winzer starb
zuletzt.
    Bärbel drückte das Gaspedal durch und zog an dem Traktor vorbei. Von
vorne raste ein Wagen auf sie zu, der mit hysterischem Hupen um sein Leben
jaulte. Bärbel zog scharf vor dem Traktor auf die rechte Fahrbahn zurück, der
hupende Wagen rauschte an ihr vorüber. Der Fahrer des Traktors machte
Handzeichen, die Bärbel unmissverständlich Blödheit attestierten. Sie nahm es
im Rückspiegel zur Kenntnis und fluchte, da sie schon dem nächsten Traktor am
Hänger hing. Sie erkannte, dass es sich bereits um die Schlange von Winzern
handelte, die ihre Trauben zur Zentralbadischen Weinkellerei nach Breisach
karrten. Da war keine Chance, vorbeizukommen.
    Kurz entschlossen zog Bärbel den Wagen auf die Gegenfahrbahn und
wendete. Sie gedachte von der anderen Seite nach Breisach hineinzufahren. Kaum
hatte sie die Gabel erreicht, über die sie den Heimweg einschlagen wollte,
stellte sie sich allerdings die Frage, was sie zu Hause anfangen sollte. Sie
würde es nicht ertragen, allein in der großen Bahnhofswohnung zu sitzen; und
sie fürchtete sich vor der Flasche Rotwein, die Trost versprach.
    In letzter Zeit hatte sie regelmäßig ihre tägliche Ration Rotwein
geleert; zwar verteilt ab dem Mittagessen, aber es war dennoch eine ganze
Flasche gewesen; und heute war ihr nach zwei Flaschen. Und wer sollte sie davon
abhalten? Nur sie selbst konnte es, und nur dann, wenn sie jetzt nicht nach
Hause fuhr. Aber wohin?
    Bärbel wendete den Wagen erneut und fuhr über Achkarren in den
Kaiserstuhl hinein. Zum ersten Mal nahm sie bewusst wahr, was der Regen
angerichtet hatte. Die Kraterlandschaft und die abgerissenen Hänge schienen
ihre innere Landkarte zu spiegeln. Auch sie war aufgerissen, innerlich
aufgeweicht und drohte am Stock zu verfaulen. Warum musste ausgerechnet der
Mensch ermordet werden, der ihr wieder einen Sinn im Leben gegeben hatte? Und
damit meinte Bärbel nicht den Sex, den sie mit Hartmann in der Toskana gehabt
hatte, sondern die Vision, mit der er sie bereichert hatte.
    Und nun war Thomas tot, und Christa, seine energiegeladene
Assistentin, ebenfalls. Und mit ihnen erlosch auch Bärbels Hoffnung auf einen
Neuanfang.
    * * *
    >»Wo ist Ihre Schwester? Hatte ich nicht Sie beide hierherbestellt?«,
fragte Belledin und kniff die Augen zusammen.
    »Sie hat viel zu tun und kämpft obendrein mit einer Grippe«,
erwiderte Silke Brenn unbeeindruckt.
    »Hauptsache, sie kann kämpfen, was? Solange sie kämpft, lebt sie
immerhin. Andere sind aber tot, und ich will wissen, wer sie getötet hat.«
    Silke senkte den Kopf und schwieg.
    »Sie haben Anrecht auf einen Anwalt«, sagte Belledin und ertappte
sich dabei, wie der blonde Engel vor ihm zum Plakat verschmolz, das ihm seit
Wochen von überall her entgegenlächelte. Silke sah auch in natura sehr gut aus.
Nicht einmal Belledins schäbiges Büro konnte ihr etwas anhaben.
    »Ich brauche keinen Anwalt, weil ich nichts verbrochen habe. Und
falls Sie mir etwas anhaben wollen, hetze ich Margit auf Sie«, lächelte

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