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Roter Regen

Titel: Roter Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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Regenmaschine gab, sondern
Hartmann ein schlichter Betrüger war, der die Frauen einlullte und ihnen das
Geld aus der Tasche zog, um damit auf Nimmerwiedersehen zu verduften.
    Belledin entließ ein Grunzen, bei dem Zufriedenheit mitschwang.
Diese Theorie schien ihm vernünftiger als der Gedanke an wütende Eingeborene,
die einen Hexer lynchten.
    Aber was zuerst: Dr. Merz oder die beiden Winzer? Belledin ließ
seinen Hals entscheiden. Und der stach noch immer. Also Dr. Merz. Der konnte
ihm dann gleich noch eine Packung Antibiotika mitgeben. Er hatte die Schnauze
von den Naturheilmitteln gestrichen voll. Medizin hatte auf der Stelle zu
wirken. Von der Polizei erwartete man schließlich auch, dass sie die Täter
sofort dingfest machten.
    * * *
    Zwar war Dr. Merz erst sechsundfünfzig Jahre alt, aber er hatte
gehofft, sich frühzeitig zur Ruhe setzen zu können. Hartmanns Tod hatte ihm
einen saftigen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit zwanzig Jahren
praktizierte Merz schon in Bötzingen, und er genoss Vertrauen bei seinen
Patienten.
    Merz war ein klassischer Schulmediziner, der nichts Schlimmes darin
sah, Symptome zu behandeln und die Ursache zu vernachlässigen. Die Chemie war
ihm stets ein guter Freund und Helfer gewesen, und ein Leben ohne Nebenwirkungen
gab es nicht.
    Es hatte ihm nichts ausgemacht, mit Hartmann einen
geschäftstüchtigen Konkurrenten bekommen zu haben, zumal der ein charmanter
Bursche gewesen war und Merz gleich zu Beginn einen Antrittsbesuch abgestattet
hatte. Hartmann hatte ihm dabei anvertraut, dass er keineswegs ein Gegner der
Schulmedizin sei, und immer mal wieder Fälle zu ihm geschickt, wenn er den
Verdacht hatte, dass Merz’ Methoden hier besser greifen würden. Und manche
Patienten, die erst zu Hartmann abgewandert waren, weil sie sich von ihm ein
Wunder erhofft hatten, waren wieder zu Merz zurückgekommen. Dafür schickte Merz
wiederum Patienten zu Hartmann, wenn es um chronische Krankheiten ging, die man
besser alternativ behandelte.
    Innerhalb weniger Monate waren sie zu einem tüchtigen Gespann
gewachsen, und die Kasse klingelte bei Merz wie noch nie. Es schien, als ob der
charismatische Charme Hartmanns auch auf Merz abstrahlte. Ihm machte die Arbeit
wieder Spaß, und er lernte sogar dazu. Es hatte auch nicht lange gedauert, bis
Hartmann ihn in sein Regenprojekt eingeweiht hatte. Merz roch gleich, dass da
eine Menge Geld für ihn liegen würde. Die Rendite, die Hartmann versprochen
hatte, ließ ihn von wohlhabendem Vorruhestand träumen. Jedem anderen hätte er
den Vogel gezeigt; da Hartmann aber in der medizinischen Praxis kein Spinner
war, sondern nach handfesten wissenschaftlichen Grundlagen praktizierte, war in
Merz nie der Verdacht aufgekommen, dass er ein Blender sein könnte. Also war er
an seine Rücklagen gegangen, um Teilhaber an dem Projekt zu werden. Mit der
versprochenen Rendite hätte er übernächstes Jahr die Zelte abbrechen können, um
sich entweder in die Hängematte zu legen oder aktiv in das Regenprojekt
einzusteigen. Mit Hartmanns Tod aber war nicht nur die ersehnte Rendite weg,
sondern auch eine viertel Million Euro seiner Ersparnisse. Und wenigstens die
wollte Merz wiederhaben.
    Deswegen war er trotz Samstagnachmittag in seiner Praxis. Dies
geschah sonst nur, wenn er es mit der Steuerklärung aufnahm. Ansonsten war das
komplette Wochenende seiner Frau gewidmet. Sie hatten keine Kinder, dafür zwei
Korthals Griffons, französische Jagdhunde, die ihren Auslauf brauchten. Und der
stand ihnen am Wochenende zu. Meist verbrachten die Merzens die freie Zeit mit
ihren Hunden in den Vogesen, wo sie in der Nähe des Grand Ballon ein kleines
Chalet besaßen.
    Diesmal hatte Merz das geplante Vogesenwochenende ausfallen lassen
unter dem Vorwand, Belege und Rechnungen zu sortieren. Tatsächlich lauschte er
aber, ob sich am anderen Ende der Telefonleitung jemand meldete. Eine
Automatenstimme gab ihm auf Rumänisch wiederholt zu verstehen, dass niemand zu
Hause sei. Merz zögerte, aber er sprach nicht aufs Band.
    Er schnaufte schwer. Wäre er sein eigener Arzt gewesen, er hätte
sich eine ordentliche Diät verschrieben und das Rauchen verboten. Aber Merz
liebte fette Speisen und die Gemütlichkeit, die Zigarren für ihn boten. Dazu
einen schweren Roten, das war Genuss. Er hatte sich nie an die badischen Weine
gewöhnen können, sondern bevorzugte die Franzosen und die Spanier. Sogar einen
kalifornischen Wein zog er den hiesigen Tropfen vor. Das lag daran, dass er
sich

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