Roter Staub
lang
nicht atmen konnte.
Inzwischen hatte die Harpunierin ihre eigene Waffe hochgehoben,
diese war vollständig geladen. Sie hob sie in der rechten Hand
zur Schulter, hielt die linke Hand über der Brust, einen
glühenden Docht zwischen Zeigefinger und Daumen. Sie drehte den
Schaft der Harpune herum, und der Docht fuhr über die
Raketenzunder.
Dann beugte sie sich zurück und warf ihre Waffe nach
vorn.
Einen Augenblick lang schien sie in der Luft zu hängen, wobei
Funken von den wild brennenden Zündern sprühten. Dann
zündeten die Raketen, blaue Flammen loderten auf, und die
Harpune flog in hohem Bogen weg. Sie traf genau hinter dem winzigen
roten Auge des Rochens und rutschte ihm seitlich am Körper
herab. Dann explodierte die Ladung. Staub wälzte sich aus der
von der Explosion hervorgerufenen roten Blume und hinterließ
eine zerrissene Wunde an der gefurchten Verbindung zwischen dem
Körper des Rochens und seiner Schwinge.
Unter dem Boot war ein konvulsivisches Zucken zu spüren.
Jeder außer Lee und der Harpunierin stürzte auf die
aufgeschossenen Kabel in der Buhne. Die Filterkämme des Rochens
stürzten in sein Maul, und Staubfahnen wurden seitlich
ausgeblasen, aber die Kämme schüttelten sich nicht wieder
heraus.
Die muskulöse Frau packte eine weitere Harpune, aber als sie
sich abstützte, hob sich etwas unter dem Boot, und es richtete
sich auf, bis sein Bug direkt zum Zenit wies. Die Harpunierin flog
nach hinten, traf den Mast und glitt daran herab, bis sie saß.
Das Boot fiel zurück, und als sich die Harpunierin auf die
Füße kämpfte, fiel etwas von der Mastspitze herab. Es
war der angemalte Adler aus Eisenholz. Er traf den Kopf der
Harpunierin mit einem schweren, dumpfen Schlag und fiel ihr in den
Schoß, als sie erneut zurückrutschte, diesmal jedoch
völlig bewußtlos.
Staubschleier hoben sich rings um die Kante des breiten
Rochenflügels. Das Boot schaukelte, als Welle nach Welle
über den Flügel strich, worauf es ruhte. Menschen zogen am
Segel. Einer wandte sich Lee zu, ruckte mit dem Daumen über
seine Kehle, wies nach unten, vollführte eine wirbelnde
Bewegung.
Lee verstand. Der Rochen war dabei, auf Grund zu gehen. Wenn er es
täte, würde das Boot mit ihm gehen, eingesogen von einem
Mahlstrom verdrängten Staubs. Er schnappte sich eine
Harpune.
Virenreflexe machten es ihm einfach, sich abzustützen, genau
so, wie es die Harpunierin getan hatte. Redd sah, was Lee tun wollte,
hörte auf, die Harpunierin zu behandeln und packte eine
brennende Lunte. Er trat jemanden beiseite, der nach der Harpune
greifen wollte, und zündete die Zünder ihres
Raketenbündels an. Staubwolken, von den hin- und herschlagenden
Schwingen aufgewirbelt, bildeten einen dichten Nebel, wie Rauch aus
einem Feuer. Im gewöhnlichen licht war sein Körper nicht
mehr länger zu sehen, aber Lee konnte ihn deutlich im Infrarot
erkennen, sah einen heißen Fleck genau hinter dem
Flaschenhals-Auge, einen Flecken blutreicher Haut, wo die
übereinanderlappenden Panzerplatten auseinandergesprengt worden
waren. Es gab keine Zeit zum Nachdenken. Er zielte und warf.
Die Raketen explodierten mitten im Flug, blendend hell durch den
wirbelnden Staub. Lee balancierte wie eine geflügelte
Siegesgöttin. Das rote Funkeln der Raketen verschwand –
daraufhin blies eine dumpfe Explosion dicke Massen von Blut und
breiigem Fleisch heraus, die jeden auf dem kleinen Boot bespritzten
und wie Hagel auf das Segel trommelten.
Es folgte ein Augenblick der Stille, und dann schrien die Freien
Yankees und begannen, Bündel von Widerhaken auszuwerfen, die an
den langen Stricken befestigt waren. Als sich genügend davon
eingehakt hatten, fingen die Freien Yankees damit an, sie einzuholen,
wobei sie das Boot über die jetzt reglose Schwinge zogen, und
sprangen auf den Körper des Rochens wie so viele Piraten, die
ihre Beute enterten. Bewaffnet waren sie mit silbrigen Blasen, die
sie eilig an der Staubkante befestigten.
Lee folgte Redd. Der Schuppenpanzer war wie ein Schindeldach;
darunter, durch seine Stiefel, verspürte Lee ein kompliziertes
Zittern – das Erlöschen des Nervensystems des Rochens.
Die Ladung der Harpune hatte einen großen fleischigen Krater
erzeugt. Blut, dick und schwarz wie Rohöl, quoll heraus, und der
Staub kochte, als Blut in ihn hineinsank: Plankton, das am Lebenssaft
eines Wesens fraß, welches seinerseits Myriaden Vettern des
Planktons gefressen hatte. Als sich der Staub langsam hob, sah Lee,
daß die Schwingen des
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