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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Cats‹! Als ich jung war,
habe ich die ganze Zeit über den Sendungen des ›King of the
Cats‹ zugehört. Da habe ich von Jerry Lee Lewis erfahren.
Besonders bewunderte ich seine Vorstellung in The Nutty Professor. Es hatte etwas vom ›King of the Cats‹ an sich, nicht
wahr? Wei Lee, du verstehst, was du zu tun hast?«
    Lee versicherte es, aber der Colonel wiederholte alles, was Lees
Urgroßvater gesagt hatte, und fragte erneut, ob Lee
verstünde.
    »Natürlich. Wann tun wir das?«
    »Du wirst morgen früh bei Sonnenaufgang am
Lieferanteneingang dieser Hütten eintreffen. Wir werden dich
überwachen, Wei Lee, falls du in Gefahr gerätst. Du bist
uns wichtig. Ich weiß, daß du zum Dienen bereit
bist.«
    Davon wußte Lee nichts. Er wußte, daß man ihm
eine Chance gegeben hatte, seinen Weg durch das Gewirr von
Verpflichtungen zu bahnen und die herabgefallene
Himmelsfahrer-Anarchistin zu retten. Er sagte: »Wenn mein
geschätzter Urgroßvater von mir möchte, daß ich
die Anarchistin vom Danwei wegbringe, dann tu’ ich alles,
was ich kann.«
    Schließlich war Ehre nur eine Form, der Genüge zu tun
war.

 
     

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10
     

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    Die Begegnung hatte weniger als eine Stunde in Anspruch genommen.
Guoquiang und Xiao Bing warteten noch immer auf Lee in dem
Café der Freizeithalle Nummer Eins, inmitten staubiger
Kirschbäume, der Menge und Opernmusik. Lee erklärte, was
gerade geschehen war (obgleich er die genaue Aufgabe, die er auf
Wunsch seines Großvaters ausführen sollte, nicht
erwähnte), und was er benötigte.
    »Du bist verrückt!« sagte Guoquiang, woraufhin er
die Leute ansah, welche die Tische um ihren eigenen herum
bevölkerten, und wiederholte, diesmal flüsternd: »Du
bist verrückt.«
    »Laßt uns gehen«, sagte Lee. Als sie zwischen den
anderen Spaziergängern umherschlenderten, während die Musik
von dem hohen gerippten Eisendach widerhallte, erklärte er,
daß er, wenn die Sprachrohr-des-Volkes-Armee an ihm Interesse
gezeigt hatte, mit Sicherheit überwacht würde.
    »Wenn du von hier fortlaufen mußt«, sagte
Guoquiang, »kannst du dann nicht einfach ein gewöhnliches
Reittier benutzen, Wei Lee?«
    Lee grinste und sagte den beiden Kadern, sie sollten austrinken.
Er hatte sich entschlossen, die Berechtigungsscheine loszuwerden, die
er angesammelt hatte. Seine Lohnzahlungen konnten nachgeschickt
werden (falls Guoquiangs Vater sie nicht einbehielt), aber
Berechtigungsscheine von Bitterwasser waren überall sonst
außer hier wertlos. An einem der Karren, die über der
Arena aus schäbigen Gras verstreut waren, kaufte er weiteres
Reisbier und Tüten mit fritierten Shrimps. Er hatte bereits drei
oder vier Becher mit den beiden Kadern getrunken, während er
seine Zwangslage erklärt hatte, und verspürte eine leicht
beschwingte Hochstimmung. Morgen und gestern zählten nicht mehr
länger.
    Beim Weitergehen erklärte Lee Guoquiang und Xiao Bing,
daß es einfacher wäre, als sie dächten, sagte ihnen,
wie sie es anstellen sollten, erzählte ihnen von der Idee, die
ihm plötzlich vollständig ausgebildet gekommen war, als er
mit dem Agenten seines Urgroßvaters zwischen den Boxen mit
Stahlgittern entlanggegangen war, dem Colonel der
Sprachrohr-des-Volkes-Armee. Leute warfen ihm Blicke zu, während
sie rasch vorübergingen, rasche Stiche des Ekels. Beim Reden
lächelte Lee die Vorübergehenden an, verbeugte sich sogar
ein paarmal, bis ihn Guoquiang hieß, er solle damit
aufhören, sich vor dem halben Danwei zum Narren zu
machen.
    Selbst so spät am Abend war der Platz bevölkert. Da die
Energie in den Unterbringungs-Modulen abgestellt war, sah es so aus,
daß der größte Teil der lebenden Bevölkerung
des Danwei auf den Beinen war. Sie gingen paarweise oder in
Familiengruppen unter den Kirschbäumen einher, über
fadenscheinigen Rasen. Hecken und Laubengänge verschworen sich
mit holographischen Projektionen, die suggerierten, daß die
langen Gänge sich unter einem blauen, sonnenhellen Himmel
fortsetzten.
    Liebhaber von Kampf-Grillen scharten sich um Züchter und
deren Emaillebehälter; in jedem war eine Grille, und der Preis
stand oben auf dem Deckel. Ebenso wie Grillen verkauften die
Züchter Grillenkitzler aus Bambus, Datenträger für
Grillenkunde, Strohhalme zum Füttern. In einem durchsichtigen
Kampfbehälter mit stufenförmigen Wänden zirpten zwei
Fünf-Sterne-General-Grillen mit gespreizten schwarzen
Flügeln einander zu. Ihre Genome waren völlig aufgespalten
und neu zusammengewürfelt

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